Historical Exklusiv Band 06
Rock erhaschte.
James hatte auch sich selbst eingekleidet und die Dienste der geschickten Schneider in Anspruch genommen, bei denen die englischen sahibs arbeiten ließen. Er sah großartig aus. Ganz wie ein Gentleman, in engen Hosen in weichem Perlgrau, einer Weste aus besticktem Satin und einem nachtblauen Gehrock, der sich eng um seine breiten Schultern schmiegte. Ein Filzhut mit schmaler Krempe saß ihm schief auf dem Kopf. James hatte ihren Einspruch wegen der in ihren Augen sehr extravaganten Anschaffungen gar nicht beachtet. Er hatte seine Position als Kapitän der Phoenix benutzt als Sicherheit, um ein Darlehen von einer Reederei in Bombay in Anspruch zu nehmen. Jetzt besaß er genügend Geld, um seine Braut, wie er ihr versicherte, mit einer ordentlichen Aussteuer zu versehen und auch ihre Überfahrt nach Hause zu bezahlen.
Aber ihr kurzer Aufenthalt in Bombay hatte nicht nur ihre Garderobe verändert. Lieutenant Fortengay wurde als Held gefeiert, weil er das schwer beschädigte Schiff sicher in den Hafen gebracht hatte. Fortengay hatte Lord Straithes Rat und tatkräftige Hilfe bei seinen mündlichen und schriftlichen Berichten herausgestellt. Zu James' zynischer Erheiterung und Sarahs tiefer Befriedigung hatte Admiral Lord Bentwater James zu Ehren ein Dinner an Bord seines Flaggschiffes veranstaltet. Der ehemalige Marineoffizier, der so viele Jahre lang als Ausgestoßener betrachtet worden war, wurde nun von allen Offizieren gefeiert.
Eine Woche später fuhren sie auf einem Handelsschiff erst nach Kapstadt, dann nach England. Das Schiff erschien Sarah unendlich langsam im Vergleich zu der wendigen Phoenix, aber jetzt, endlich, waren sie wieder zu Hause angekommen.
Zu Hause.
Erneut erfasste ein Schauer sie.
"So, warte hier drinnen."
James half ihr in eine der zweirädrigen Droschken, die entlang des geschäftigen Kais standen. Während er dem Fahrer ihre wenigen Gepäckstücke reichte, faltete Sarah die Hände mit den Spitzenhandschuhen im Schoß.
Welche Neuigkeiten mochten sie hier, zu Hause, erwarten?
Ganz bestimmt würde James' Geschäftspartner ihnen sagen, dass die Phoenix schon Wochen, vielleicht sogar Monate vor ihnen im Hafen angelegt hatte. Dass Abigail und Charlie gut versorgt waren und bei ihren Cousins in Sussex lebten. Dass die Krone James' Schiff und seinen Besitz verwaltete, bis eine Entscheidung über seinen Status gefallen war, nachdem er auf See als vermisst gegolten hatte.
Als die Kutsche in die Stadt fuhr, achtete Sarah kaum auf das, was es in Portsmouths berühmter Broad Street zu sehen und zu hören gab. Man nannte sie "Gewürzinsel", wegen der bunten Mischung verschiedener architektonischer Stile, in denen einst zahllose Seemannskneipen und Bordelle untergebracht gewesen waren. Jetzt vibrierte die Straße von Leben. Seeleute in blauen Jacken mit glänzenden Messingknöpfen, noch Teerspuren in den Zöpfen, schlenderten durch die engen Gassen. Dazwischen waren überall Mädchen und Händler. In den Schaufenstern lagen schimmernde Seidenstoffe und blau-weiß gemustertes Porzellan aus.
Zu einer anderen Zeit hätte Sarah es vielleicht lustig gefunden, dass sich die Giebel der Häuser über der geschäftigen Straße beinahe berührten, oder hätte sich amüsiert über den so britischen Akzent der Leute, der hier überall zu hören war, wenn jemand einen Warnruf ausstieß oder lautstark einen Freund begrüßte.
An diesem Tag bemerkte sie kaum etwas von alledem. Fiebernd vor Ungeduld, endlich Neuigkeiten über ihre Familie zu erfahren, zählte sie die Nummern, die über den Türen standen. Endlich hielt der Wagen vor der Broad Street Nummer siebenundzwanzig, wo Mr. Bickersford James' Geschäftspartner, sein Büro hatte.
Zu Sarahs grenzenloser Enttäuschung stellten sie sogleich fest, dass sie von Mr. Bickersford keine Neuigkeiten erfahren würden, weder über die Phoenix noch über ihre Passagiere. Der Mann hatte vor etwa fünf Monaten unerwartet das Zeitliche gesegnet, das jedenfalls berichtete ihnen der Rechtsanwalt, der inzwischen Bickersfords frühere Geschäftsräume bezogen hatte.
James biss sich auf die Lippen. "Bickersford ist tot?"
Der Rechtsanwalt, Thomas Huddington mit Namen, nickte, so dass die altersschwache Perücke, die auf seinen goldblonden Locken saß, bedenklich verrutschte. Er zog sie mit einer raschen Bewegung zurecht und berichtete weitere Einzelheiten.
"Ein Weinfass rollte von einem Wagen in der Dock Street und zerquetschte ihn. Ich sage Ihnen, platt wie
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