Historical Exklusiv Band 36
gelangen. Solange wir uns vertrauen und zusammen sind …“
„… kann er uns keinen Schaden zufügen“, vollendete Genevra den Satz für ihn.
„Wir dürfen niemals zulassen, dass er Einfluss auf unsere Kinder gewinnt.“
„Nein, niemals.“
Robert nahm Will hoch, der nun schon dem Wickelkissen entwachsen war und einen Kittel aus fein gesponnener Wolle trug, und setzte ihn auf den Rücken von Abel wie auf ein Pferd. Will hielt sich im struppigen Fell fest und krähte vor Vergnügen.
„Dies ist das erste Mal, dass mein Gatte sich mit ihm beschäftigt“, sagte Genevra leise zu Meg und Sigrid, die in der großen Halle an ihrer Seite saßen und nähten. Es war tatsächlich ungewöhnlich, dass Robert sich tagsüber im Rittersaal aufhielt, außer um beim Mahl anwesend zu sein.
„Männer fühlen sich selten zu kleinen Kindern hingezogen“, bemerkte Meg. „Wartet, bis Master Will groß genug ist, um reiten zu lernen oder ein Holzschwert zu halten. Dann wird das Interesse Eures Herrn wachsen!“
Genevra lachte, und Robert blickte zu ihr hinüber.
„Er wird eines Tages ein guter Reiter.“ Er lächelte und hob das Kind vom Hund, der alles geduldig mit sich geschehen ließ. „Oder nicht, mein Sohn?“
Will streckte seine Arme nach Abel aus und versuchte, seinem Vater verständlich zu machen, dass er nochmals auf dem Rücken des Hundes sitzen wollte. Robert gehorchte dem Wunsch seines Sohnes, und aus seinen Augen leuchtete wahre Zuneigung.
Genevra blickte auf Vater und Sohn mit Stolz und Freude. Wenn sie nicht im Freien sein konnte, zog sie es vor, in der großen Halle zu sitzen und nicht im Empfangssaal oder Frauengemach. Denn dort fand sie die Gegenwart von Roberts Mutter allzu bedrückend. Beide Gemächer waren auch zu klein, um die Pagen, die anderen Kinder, die Kleinkinder und ihre Kinderfrauen und die Hunde aufzunehmen.
Nun, da sie wieder guter Hoffnung war und Robert sich gelegentlich auch im Hause aufhielt, hatte sie einen Grund mehr, dem Rittersaal den Vorzug zu geben. Robert würde sich im Empfangssaal oder im Frauengemach nicht wohlfühlen.
Ihre Ladyschaft verlangte oft nach ihrem Enkel. Meistens wollte sie ihn in ihrem eigenen Gemach sehen, denn sie war nicht gewillt, den Lärm und das Geschrei der anderen Kinder zu erdulden. Die Kinderfrau brachte ihn dann zu seiner Großmutter, die ihn aber nie lange bei sich behielt.
Alida ließ jetzt oftmals ihre Mutter allein, um mit Genevra und deren Damen in der wohligen Wärme zu sitzen, die der große Kamin verbreitete. Sie hörte gerne die Stimmen der Kinder und mochte es, wenn Will auf ihrem Schoß saß.
Genevra würde ihre Schwägerin sehr vermissen, wenn sie mit Sir Matthew verheiratet war. Die Verbindung war beschlossen, und die Hochzeit sollte im Frühjahr stattfinden. Es war für Alida das Beste. Sie sollte ein glückliches und erfülltes Leben an der Seite ihres Gatten und ihrer neuen Familie haben.
„Ich muss lernen, mich im Haus und auf dem Land meines Gatten zurechtzufinden“, sagte Alida, als ob sie Genevras Gedanken gelesen hätte. „Das gibt mir am meisten zu bedenken. Ich kenne diesen Ort hier so genau, ich brauche keinen Führer und keinen Stock, wenn ich nicht über den Fluss hinausgehe.“
„Ihr müsst in den nächsten Monaten öfter Sir Matthew besuchen“, schlug Genevra vor. „Macht Euch vertraut mit seinem Haus, bevor Ihr dorthin übersiedelt. Ich bin sicher, dass sich das einrichten lässt.“
„Natürlich ist das möglich“, sagte Robert, der sich zu ihnen gesellt hatte, nachdem er Will wieder seiner Kinderfrau übergeben hatte. „Ich selber kann Euch dorthin bringen. Und sonst kann Euch Bernard oder ein anderer Reitknecht begleiten …“
„Es hat mir niemals an einer Begleitung gemangelt, wo immer ich hin wollte, Robert! Wenn Sir Matthew zustimmt, dann werde ich Genevras Vorschlag folgen.“
Robert lachte. „Ich vergesse, wie selbstständig Ihr seid, Schwester. Wenn er uns nächstens hier besucht, werde ich ihm mitteilen, dass dieses Vorhaben mein Einverständnis hat. Ihr mögt älter sein als ich, meine Teure, doch ich bin das Oberhaupt dieses Hauses und vertrete Vaterstelle an Euch, solange Ihr nicht verheiratet seid!“
„Unsinn!“, rief Alida, meinte es jedoch, gleich Robert, nicht ernst. „Doch da Sir Matthew ein überaus höflicher und gewissenhafter Mann ist, bin ich sicher, dass er mich lieber in seinem Haus empfängt, wenn er weiß, dass Ihr nichts dagegen habt.“
Niemals war Genevra
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