Historical Exklusiv Band 36
spöttisch anzulächeln. Catherine gefiel die Figur nicht.
„Was fällt dir ein, über mich zu lachen! Du bist eine ausgesprochen hässliche Schäferin. Nimm dich in Acht, oder ich werfe dich ins Feuer.“
Nachdem sie diese schreckliche Drohung ausgestoßen hatte, fühlte sich Catherine etwas wohler und setzte sich mit einem Seufzer auf das Sofa. Warum musste dieser Mann sie derart zur Verzweiflung treiben und dennoch so schrecklich attraktiv sein?
Seine entzückende Frau hatte also einen Wutanfall! Wollte nicht zum Abendessen kommen! Die Nachricht, in der sie ihm das mitgeteilt hatte, war in einem sehr kühlen Ton gehalten. Charles amüsierte sich im Stillen, während er sich ein frisches Halstuch umband.
Jetzt überlegte sie sicher, was er als Nächstes tun würde. Es war äußerst unwahrscheinlich, dass sie es erraten könnte. Wenn seine Menschenkenntnis ihn jedoch nicht im Stich ließ, würde ihre Empörung wohl kaum lange anhalten. Er freute sich auf ein langes gemeinsames Leben, geprägt von ihrer Launenhaftigkeit und den unvermeidlichen Versöhnungen. Nicht, dass er diesen kleinen Wutanfall für eine echte Herausforderung gehalten hätte. Aber die erste echte Kostprobe ihrer berüchtigten Temperamentsausbrüche war nur eine Frage der Zeit.
Er konnte es kaum erwarten.
Vielleicht hätte er nicht so hart zu ihr sein sollen. Es war ganz und gar nicht seine Absicht, sie mit eiserner Hand zu beherrschen. Denn es waren ja gerade diese Eigenschaften, ihr Ungestüm und ihr Mut und ihr heißblütiges Temperament, die ihn zuerst zu ihr hingezogen hatten.
Seine Worte hatte sie als Bedrohung empfunden. Hatte er sie nicht bereits völlig unter seine Kontrolle gebracht? Und ihr Jawort? Hatte er ihr überhaupt eine Wahl gelassen? Vielleicht sollte er sich dafür schämen, sie so in die Enge getrieben zu haben? Er dachte nicht im Traum daran. Charles war überzeugt davon, genau der Richtige für sie zu sein.
Aber er konnte nicht zulassen, dass sie sich solchen Gefahren aussetzte. Sie oder das Jagdpferd, das ihr ganzer Stolz war, hätten tot sein können. Charles schauderte allein bei der Erinnerung daran, wie Catherine aus dem Sattel geschleudert worden war. Bei dem Gedanken, sie zu verlieren, überkam ihn ein Gefühl der Leere, einer nur zu bekannten, trostlosen Leere.
Er musste besser auf sie aufpassen. Schließlich trug er die Verantwortung für sie.
Er sah, wie sie stürzte. Konnte genau erkennen, wie ihre Röcke hoch wehten. Ihre bloßen Beine. Nackte Schenkel. Er stöhnte leise. Böse! Böse, böse. Es fraß ihn auf. Zerfraß ihn von innen und von außen. Es musste ausgetrieben werden, gesäubert.
Die Kraft wuchs in ihm. Er konnte sie fühlen, ihre Stärke spüren. Er breitete seine Arme weit aus und hob sein Gesicht zum Nachthimmel, während ein Schrei aus den Tiefen seiner Seele hervorbrach. Bald! Bald!
5. KAPITEL
B is zum nächsten Morgen hatte sich Catherines Laune wesentlich verbessert. Wie immer war ihr Zorn heftig, aber nur kurz aufgelodert, und sie war bereit, ihren Fehler zuzugeben. Mit den Überlegungen, ob sie sich bei Charles entschuldigen sollte, betrat sie das Frühstückszimmer und sah, dass er bereits seine Mahlzeit beendet hatte. Vermutlich war er ausgegangen. Sie spürte eine leichte Enttäuschung, aber auch ein Gefühl der Erleichterung.
Von Hawes, der ihr frische Scones servierte, erfuhr sie, dass Seine Lordschaft ausgeritten war, um eine Liegenschaft aufzusuchen, die in einiger Entfernung von Wulfdale lag. „Er hat darum gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass er leider erst sehr spät zurückkehren wird. Es ist gut möglich, dass Sie ihn erst morgen wiedersehen.“
Catherine wurde immer trostloser zumute, während sie in ihrem Essen herumstocherte. Wie es schien, war Charles viel stärker verärgert, als sie angenommen hatte. Vor lauter Zorn über sein dominantes Verhalten hatte sie sich nicht gefragt, was in ihm wohl vorgegangen war. Seufzend überlegte sie, was sie den ganzen Tag anfangen sollte.
Die Idee, die alten Gebäudeteile zu erkunden, wurde schnell verworfen. Ohne Charles’ Gesellschaft ist das viel zu langweilig, ging es ihr durch den Kopf. Dieser Gedanke erstaunte sie. Als ich ihn in London kennengelernt habe, hielt ich ihn für langweilig – gut aussehend vielleicht, aber furchtbar langweilig. Wann hatte sich ihre Meinung über ihn geändert?
Und wohin war er tatsächlich gegangen? Sie wurde von einem eigenartigen Gefühl der Unruhe gepackt. Wenn er nun tatsächlich eine
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