Historical Exklusiv Band 36
Mätresse hatte? Er musste schon reichlich Erfahrung mit Frauen haben, um die Empfindungen wecken zu können, die sie derartig überwältigt hatten.
War er so sehr über Catherines kindisches Benehmen empört, dass er zu einer früheren Geliebten zurückgekehrt war? Musste sie ihn mit einer anderen Frau teilen, die im Hintergrund blieb, von der jeder wusste, nur sie nicht?
Wie erniedrigend!
Catherine biss sich auf die Lippe und schluckte. Nein, sie wollte nicht weinen. Auf einmal fühlte sie sich schrecklich einsam und verlassen. Was hatte sie getan? War ihre Chance, glücklich zu werden, schon vertan? Hatte es in dieser törichten Ehe überhaupt jemals eine solche Chance gegeben? Sie schob ihren Teller weg und eilte nach oben in ihr Schlafzimmer.
Es wurde kein angenehmer Tag für Catherine. Nachdem sie sich ausgeweint hatte, ging es ihr etwas besser, aber die innere Leere blieb. So einsam hatte sie sich seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr gefühlt. Sie schrieb einen langen Brief an Liza, aber das verstärkte nur ihren Wunsch, auch solch eine innige Liebe zu erfahren, wie Liza und George sie gefunden hatten – die Art von Liebe, die sie bei ihren Eltern erlebt hatte. Als Kind hatte sie das nicht verstanden, aber jetzt …
Catherine blickte starr durchs Fenster auf die Hügel und versuchte, die geheimnisvolle Schönheit wiederzuerkennen, die sie gestern ausgestrahlt hatten. Nicht einmal das gelang ihr, denn der Himmel war grau verhangen, und ein leichter Nieselregen ließ die Farben verblassen.
An diesem Abend nahm Catherine ihre Mahlzeit im Esszimmer allein ein. Das gefiel ihr ganz und gar nicht. Warum war sie gestern Abend so dumm gewesen, wie ein schmollendes Kind auf ihrem Zimmer zu bleiben? Schließlich zog sie sich zur Nacht zurück und hing trüben Gedanken nach, während Sally ihr Haar bürstete.
Als es an der Tür klopfte, sprang sie vor Überraschung vom Frisiertisch auf, sodass Sally die Bürste fallen ließ.
„Oh! Oh, es tut mir leid, Sally. Das ist sicher Seine Lordschaft. Du kannst gehen.“ Dann rief sie zur Tür gewandt: „Herein.“
Caldbeck trat ein und blieb stehen, während Sally sich hastig entfernte. Äußerst förmlich deutete Catherine auf das Sofa, wo auf dem Beistelltisch Punsch und Brandy bereitstanden.
„Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, Mylord?“
„Vielen Dank.“ Der Earl schlenderte zum Tisch, schenkte beiden ein und reichte Catherine ihr Glas, nachdem sie sich auf dem Sofa niedergelassen hatte. Völlig unbefangen setzte er sich neben sie. „Hast du dich von deinem Sturz erholt?“
„Ja. Ich habe nur ein paar blaue Flecken.“ Catherine saß einen Moment still da und zupfte an den Bändern ihres Umhanges herum. Schließlich holte sie tief Luft und brachte es hinter sich.
„Ich … ich meine … ich sollte … ich möchte Sie um Entschuldigung bitten, Mylord.“ Endlich war es heraus. „Es war sehr unvernünftig von mir, meine Stute über das Hindernis springen zu lassen. Sie hätte sich schwer verletzen können – eine Zerrung am Sprunggelenk oder ein gebrochenes Bein.“
Er sagte kein Wort, und sie blickte ihn fragend an. Seine Miene war ausdruckslos. Sie nahm all ihren Mut zusammen und fuhr fort:
„Und dann war ich so wütend … Kein Wunder, dass Sie mich gestern Abend nicht sehen wollten und heute fortgeritten sind!“
Caldbeck hob ihr Kinn an, damit sie ihn ansehen musste. „Du meinst also, das sei der Grund, warum ich gestern nicht zu dir gekommen bin? Aus Angst vor deinen Launen?“
Catherine hatte den Eindruck, als wäre wieder diese Spur von Schalkhaftigkeit in seiner Stimme, aber es war nicht deutlich genug, um sich dessen sicher zu sein.
Seine Miene blieb undurchdringlich. „Du kennst mich noch nicht sehr gut, Catherine.“
„Ja, Sie haben recht, Mylord, wie sollte ich auch.“
„Ja, in der Tat. Ich bedaure, dass ich so heftig zu dir gewesen bin. Ich war so ärgerlich, weil ich Angst um dich hatte. Du hättest dir das Genick brechen können.“
„Sie … Sie haben Angst gehabt. Das hätte ich nicht vermutet.“
„Gewiss, ich zeige meine Gefühle nicht offen, Catherine, aber das heißt noch lange nicht, dass ich keine habe. Allmählich lernst du mich immer besser kennen.“ Er griff nach ihrer Hand. „Es gab etwas Geschäftliches zu erledigen, das ich schon lange aufgeschoben hatte. Da es heute früh regnete, hielt ich den Tag für geeignet, mich darum zu kümmern. Wenn ich dich morgens beim Frühstück getroffen hätte,
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