Historical Exklusiv Band 36
konnte und wollte es nicht glauben.
Das half Maidstone auch nicht weiter, und ihm blieb nichts anderes übrig, als sich wieder Richard zuzuwenden. „Nun gut, junger Mann. Sie können gehen … bis auf Weiteres. Aber bleiben Sie in der Nähe. Ich brauche Sie noch.“
Richard nickte. „Gewiss, Sir, ich verstehe.“
Der Constable deutete mit dem Kopf zur Tür. Hastig stand Richard auf, verneigte sich vor seinem Herrn sowie dem Friedensrichter und verließ den Raum.
Maidstone seufzte verzweifelt und schüttelte den Kopf. „Dummer Kerl.“
Charles nahm die Karaffe und schenkte allen Brandy nach. Da saßen sie nun und nippten nachdenklich schweigend an ihren Gläsern. Schließlich wandte sich Maidstone an Charles. „Sie kennen ihn am besten, Mylord. Was halten Sie davon?“
Charles ließ den Brandy über seine Zunge rollen und hoffte, dass der brennende Geschmack ihm helfen würde, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. „Ich weiß es nicht“, räumte er ein. „Da ich ihn so gut kenne, fürchte ich, ihn nicht mehr unvoreingenommen beurteilen zu können. Was ist Ihre Meinung?“
Der Constable trank einen Schluck Brandy, die Augen nachdenklich zusammengekniffen. „Ich glaube, er war es nicht. Als er hier hereinkam, waren keine Blutspuren an seiner Kleidung, nicht wahr?“
Charles schüttelte den Kopf. „Nicht einmal seine Stiefel waren verdreckt.“
„Genau das Gleiche habe ich auch gedacht. Nein, er kann es nicht gewesen sein, doch er hat uns nicht die ganze Wahrheit gesagt.“
„Den Eindruck habe ich auch.“ Arncliff hatte sich im Sessel niedergelassen. „Verflucht, das ist schon eine üble Sache! Was, um alles in der Welt, hat er denn zu verheimlichen?“
„Vielleicht gar nichts. Die Leute haben Geheimnisse aus den unterschiedlichsten Gründen, und meistens steckt nichts Gutes dahinter. Aber er ist zu Tode erschrocken, da wird er es bald ausplaudern.“ Maidstone kippte seinen Brandy hinunter und wischte sich den Mund am Ärmel ab. „Es ist wohl besser, wenn ich mich ein bisschen umhöre. Vielleicht hat ja jemand etwas gesehen. Das ist unsere einzige Hoffnung. Mylords.“ Er verneigte sich vor den beiden Gentlemen und ging hinaus.
Arncliff erhob sich ebenfalls. „Also dann, für mich gibt es auch noch genug zu tun. Wir müssen wieder eine gerichtliche Untersuchung durchführen – als würde uns das helfen.“
Charles trat zu ihm und gab ihm die Hand. „Danke, dass Sie gekommen sind.“
Arncliff schüttelte ihm die Hand, verzog aber das Gesicht. „Ich hätte beinahe gesagt, es war mir ein Vergnügen, doch das ist wohl nicht ganz der richtige Ausdruck. Nun ja, ich wünsche Ihnen einen guten Tag.“
Nachdem er den Friedensrichter zur Tür gebracht hatte, kehrte Charles in die Bibliothek zurück und schenkte sich noch einen Brandy ein. Das war sicher ein Fehler. Alkohol war gewiss nicht das Richtige, um einen klaren Kopf zu bekommen. Dennoch spendete ihm der Brandy wenigstens etwas Trost, als er trübsinnig hinter seinem Schreibtisch saß. Vielleicht würde der Alkohol auch die unsägliche Wut, die in ihm tobte, dämpfen.
Frauen. Immer waren es Frauen. Gutherzige Frauen! Sanfte Wesen, hilflos einem an Kraft weit überlegenen Mann ausgeliefert. Wehrlose Geschöpfe, die es verdient hatten, umsorgt und in Ehren gehalten zu werden. Welche feige Bestie wütete da unter Charles’ Leuten und tat den Frauen, die ein Recht auf seinen Schutz hatten, Gewalt an? Welche Ausgeburt der Hölle wagte es, diese Körper zu schänden, in denen nach Gottes Willen neues Leben heranwachsen sollte? Charles lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Und wer … welches Scheusal verging sich auf solch bestialische Weise an einem armen, unschuldigen Mädchen wie der Tochter der Mukers? Sie hatte still vor sich hingelebt – einfältig, kindlich, gutgläubig – in ihrer eigenen Welt und niemandem etwas zuleide getan. „Ein Geschöpf so sanft wie ein Engel“, hatte ihr Vater gesagt, ein Mädchen, das immer ein Kind bleiben würde, und dennoch eine Quelle der Freude für ihre Eltern war, welche die Mühe, die die Tochter ihnen machte, mehr als aufwog. Und dann … dann … war diese Bestie gekommen und hatte sie ausgelöscht, ihren Körper geschunden, sie besudelt, ihr ihre Unschuld und ihr Leben genommen.
Und dieses Ungeheuer wagte es nun, auch Catherine zu bedrohen, seine Frau, die Liebe seines Lebens und ihr ungeborenes Kind. Das Kind, das er zu schützen gelobt hatte.
Charles umklammerte mit aller Kraft das
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