Historical Exklusiv Band 36
Innenseite.
Sie war in der Falle. Schnell, sie musste von hier weg. Wie von Furien gehetzt, floh Catherine, rannte dabei gegen Möbelstücke, kippte Stühle und andere Gegenstände um, hielt aber die Pistole fest umklammert. Ihr Ziel war ein etwas hellerer Platz am anderen Ende des Raumes.
Die Tür führte auf den Flur, der bis zum Ende des Flügels reichte. Sie schlüpfte hindurch. Vor ihr schien ein schwarzer Tunnel zu liegen. Catherine verging fast vor Entsetzen. Sie kämpfte gegen den Impuls an, zu Boden zu sinken, sich zusammenzurollen und nichts mehr zu hören und zu sehen.
Ihre Schwäche überwindend, presste sie entschlossen die Hand vor den Mund, zwang sich zur Ruhe und dachte nach. Atmen, ruhig durchatmen, ermahnte sie sich. Ruhig, ruhig, atmen, nachdenken.
Soll ich um Hilfe rufen? Nein. Auf keinen Fall. Charles war vermutlich viel zu weit entfernt, um ihr helfen zu können, und sie würde dem Mörder verraten, wo sie sich aufhielt. Sie musste sich ganz still verhalten. Ihre einzige Chance lag darin, Charles und seinen Männern zu folgen.
Ich muss Charles finden, ehe der Mörder mich findet. Die Suchmannschaft war links von ihr durch den Flur gelaufen. Vor Angst und Kälte in ihrem dünnen Seidengewand zitternd, wandte sich Catherine in diese Richtung. Mit der Pistole in der rechten Hand ließ sie ihre linke Hand an der Wand entlanggleiten und bewegte sich langsam durch die Dunkelheit. Auf einmal griff sie ins Leere.
Eine geöffnete Tür. Sie streckte den Arm aus, tastete die Öffnung ab. Eine breite Türöffnung. Was nun? Bisher hatte sie wenig Gelegenheit gehabt, sich hier umzusehen. Sie wusste nur, dass hier eine Reihe von Salons und Schlafzimmern lag. Wenn sie nicht aufpasste, lief sie Gefahr, sich in diesem Labyrinth von Räumen zu verirren. Das durfte nicht geschehen. Anscheinend war der Unhold mit dem Haus vertrauter als sie.
Vorsichtig wich sie von der Wand zurück und berührte mit der Zehenspitze den Teppich, der im Flur lag. Gut. Wenn sie mit einem Fuß auf dem warmen Läufer und mit dem anderen auf dem kalten bloßen Holzfußboden blieb, würde sie es vielleicht schaffen, sich bis zur Treppe zum Dienstbotenflügel voranzutasten. O bitte, lass mich dort Charles und seine Männer finden!
Catherine sah über die Schulter und spähte angestrengt in die Finsternis. Dann lauschte sie. Wo war ihr Verfolger? Es war weder etwas zu erkennen noch ein Geräusch zu vernehmen. Oh, gütiger Himmel. Wo war er? Sie versuchte, schneller zu gehen.
Die gespenstische Atmosphäre des riesigen Hauses machte sie beklommen, spielte ihrer Fantasie Streiche. Konnte sie sich noch auf ihre Sinne verlassen? Hörte sie jetzt nicht ein Flüstern? Oder vernahm sie nur ihren Atem? Oder den Atem von jemand anders? Seinen?
Starr vor Angst blieb sie wie angewurzelt stehen und hielt die Luft an. Stille umgab sie. Langsam ging sie weiter, tastete sich vorsichtig den Flur entlang. Plötzlich spürte sie einen kalten Lufthauch an ihrer Wange. Entsetzt wich sie zurück, unterdrückte einen Schrei. Was war das? Sein Atem?
Catherine schloss die Augen, biss die Zähne zusammen und zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie durfte sich nicht mit Hirngespinsten abgeben. Nicht jetzt. Nur nicht in Panik ausbrechen. Das wäre ihr Untergang. Catherine zählte bis zehn. Besser. So war es besser.
Es war nur Zugluft. Eine kalte Brise. Irgendwo musste ein Fenster offen stehen. Erleichtert lehnte sie sich gegen die Wand.
Tief atmete sie durch, um sich zu beruhigen. Sie brauchte einen klaren Kopf, um endlich Charles zu finden. Wieder sah sie über die Schulter und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Nichts.
Plötzlich schallte das unheimliche Geheul durch die Nacht.
Von entsetzlicher Angst ergriffen, schrie Catherine auf. Ihr schriller Ruf gellte genau wie der schmerzerfüllte Klagelaut durch das weitläufige Herrenhaus. Dann herrschte Stille. Nur einen Augenblick später drang das Wehgeschrei wieder durch die Räume. Catherine hielt sich mit ihrer freien Hand das Ohr zu. Nicht noch einmal! Doch schon erklang das jämmerliche Geheul erneut.
Nachdem es verhallt war, hörte Catherine in der Ferne Stimmengewirr und schnelle Schritte. Gott sei Dank! Endlich kam Charles. Sie holte Luft, um nach ihm zu rufen.
Da presste ihr jemand, der wie aus dem Nichts gekommen zu sein schien, brutal die Hand vor den Mund.
Sie vermochte keinen Laut von sich zu geben, denn er drückte ihr fast die Luft ab. Mit roher Gewalt wurde sie nach hinten
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