Historical Exklusiv Band 36
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Genevra unterdrückte ein Seufzen und wandte sich ab. Wie eine Schnecke, die sich in ihr Haus verkriecht, dachte sie, so hatte er sich wieder in sich zurückgezogen. Er hatte Besitz von ihr ergriffen, ihrem Körper und ihrer Seele, aber würde sie ihn jemals genauso besitzen? Seinen Körper vielleicht, in kurzen Augenblicken wie heute Nacht. Er konnte sein Begehren nicht verbergen, und sie spürte, dass er gegen Ende jede Beherrschung verloren hatte. Sein Geist und seine Seele jedoch würden sich ihr immer entziehen.
Robert war erstaunt, erfreut und doch erschrocken über die Leidenschaft, mit der ihn seine Frau empfangen und seine Begierde gestillt hatte. Er kämpfte mit dem Verlangen, sie noch einmal zu nehmen. Erschrocken, da seine erste Frau, Jane, die niemals seine Gefühle so stark erwidert hatte, einem anderen Mann erlaubt hatte, das Bett mit ihr zu teilen. Wie groß musste dann erst die Versuchung für Genevra sein, die zu so tiefer Leidenschaft fähig war, mit einem anderen Mann zu schlafen.
Es gab nur einen Weg, diese Versuchung abzuwehren: Er musste ihre Begierde stillen. Noch lag sie wach neben ihm. Er wandte sich ihr zu und ließ seiner Leidenschaft freien Lauf.
Bei Sonnenaufgang wurde Genevra durch die Berührung von Roberts Hand auf ihrem Körper geweckt. Unwillkürlich reagierte sie darauf, entzückt, seine Begierde mit ihrer eigenen Leidenschaft zu stillen.
In den folgenden Nächten schien St. Aubin unersättlich zu sein, und die Glut seiner Sinnlichkeit hatte auch Genevra ergriffen. Das musste doch bedeuten, dass er etwas für sie empfand, dass er begann, ihre Liebe zu erwidern.
Tagsüber fühlte sie sich manchmal schwach, ihre Begeisterung für die Ausritte an seiner Seite indes wurde nicht geschmälert. Sie gingen auf die Jagd, und er lehrte sie, den Merlinfalken jagen zu lassen. Ihre Haut schimmerte seidig, sie sah strahlend aus – hatte das Aussehen einer Frau, die liebte und geliebt wurde. Nur sie wusste von der Zurückhaltung, die St. Aubin ihr gegenüber zeigte. Es machte sie traurig, doch sie verbarg ihre Enttäuschung ganz tief in ihrem Innersten, wo ihre Glückseligkeit nicht getrübt werden konnte, und hoffte weiter.
Am Abend tauschten sie manchmal Gedanken über antike Philosophen aus, und einige Male hatten sie auch ihre Instrumente zur Hand genommen und miteinander musiziert. Noch war es nicht genug, doch immerhin ein Anfang.
Meg heiratete ihren Bernard an einem feuchten, windigen Tag, zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Merlinscrag. Am Abend war die Burg mit Gelächter und Musik erfüllt, denn es war das erste Fest seit Jahren, eine Feier zu Ehren der Neuvermählten. Kein Fest für einen König, doch eines, das die Menschen in der großen Halle erfreute, denn Meg war bei allen Frauen im Haushalt beliebt, und auch Bernard hatte bei den anderen Bediensteten viele Freunde gefunden.
Bei dieser Gelegenheit durften auch Meg und Bernard an der großen Tafel Platz nehmen. Man hatte ein neues Fass Bier angestochen, und auch ein kleines Fässchen Honigwein geöffnet. Als sie den Gauklern zusahen, die Martin für diesen Abend bestellt hatte, bat Genevra Alan, ihren Becher mit Met zu füllen. Sie trank einen Schluck und bot den Kelch dann St. Aubin an.
„Martin sagte mir, dies sei aus dem Honig unserer eigenen Bienen hergestellt“, bemerkte sie. „Der Trank ist sehr gut.“
Er hob den Becher und warf einen prüfenden Blick auf die goldgelbe Flüssigkeit, bevor er ihn an die Lippen setzte.
„Stimmt Ihr dem zu?“
„Ja.“ Er nahm noch einen Schluck und genoss ihn auf der Zunge, bevor er ihn hinunterschluckte. „Das ist ein ausgezeichneter Wein. Er muss im Winter sehr angenehm zu trinken sein, erwärmt und mit Gewürzen. Auch der rote Wein, den wir letzthin tranken, war sehr gut. Fast so gut wie der, den ich in Aquitanien getrunken habe und der aus den Trauben, die in der Nähe von Bordeaux wachsen, gekeltert wird. Der große Vorteil ist, dass er nicht so lange im Fass reifen muss, bevor man ihn genießen kann.“
Genevra lächelte. „Und es ist wesentlich günstiger, als Wein mit Schiffen von Bordeaux zu befördern. Ich wusste, dass das Leben in Merlinscrag Euch viel bieten kann!“
„Ebenso wie meine Burg in Thirkall und meine anderen Landgüter, Madam.“
Seine Worte klangen scherzend, und Genevras Lächeln vertiefte sich. „Aber ich konnte die Freuden, die sie bieten, noch nicht entdecken, Mylord.“
Der Ausdruck seines Gesichts änderte sich, auch wenn in
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