Historical Exklusiv Band 36
seiner Stimme von diesem Gemütsumschwung nichts zu merken war. „Alles zu seiner Zeit, Frau. Gerne verschiebe ich noch die Übernahme der Verwaltung für einige Zeit. Nach meiner Rückkehr habe ich meine Geschäfte geordnet. Ich habe meine Güter in besten Händen gelassen. Es besteht keine Notwendigkeit, Merlinscrag jetzt schon zu verlassen. Ich denke, ich werde noch ein wenig länger die Hügel, die wilden Moore und die zerklüftete Küste genießen.“
Seine Stimme nahm einen schelmischen Klang an. „Ich beginne sogar, unsere Nähe zum Westmeer zu schätzen, trotz des scharfen Windes und des häufigen Regens.“
„Die Pferde und Hunde werden den Auslauf an der Küste vermissen, Mylord! Ein scharfer Galopp durch die Wellen gibt den Pferden Kraft!“
Der Bote war bis jetzt noch nicht mit einer Antwort auf den Brief, den St. Aubin an seine Mutter gesandt hatte, zurückgekehrt. Noch war es zu früh. Genevra war zwar neugierig, Lady St. Aubin kennenzulernen, hatte aber auch Bedenken. Die Witwe lehnte vielleicht die Heirat ihres Sohnes mit einem Mädchen von niederer Geburt ab. Sie hatte deshalb nichts dagegen, wenn ihr Gatte seine Rückkehr nach Thirkall verschob. Und obwohl er noch immer eine gewisse Zurückhaltung zeigte, so bröckelte doch seine Schutzmauer an einigen Stellen. Manchmal sah er jung und glücklich aus. Manchmal, wie heute, lächelte er sogar.
Ein Monat verging. Dem warmen, trockenen Mai folgte ein heißer Juni. Zu Genevras großer Enttäuschung wurde sie wieder unpässlich.
Sie wählte einen Augenblick, als sie ganz allein waren, um St. Aubin dieses Geständnis zu machen.
Düster zog er die Brauen zusammen. „Ich bin sehr enttäuscht“, gab er zu. „Wir haben oft genug miteinander geschlafen. Ich dachte …“ Er sprach nicht aus, was Genevra befürchtete: Die Angst, sie könnte unfruchtbar sein. „Ihr habt noch Zeit genug, ein Kind zu empfangen“, fuhr er fort, bemerkte ihren ängstlichen Blick und suchte sie zu beruhigen. „Habt keine Sorge, Genevra.“ Er lächelte. „Ich werde wie immer mit Euch zu Bett gehen. Ich werde Euch lehren, mir auf andere Art gefällig zu sein, meine Liebe.“
Genevra sah ihn erstaunt an. Die Aussicht auf das Zusammensein erregte sie. Doch sein hintergründiges Lächeln verwirrte sie. Das war eine Seite an St. Aubin, die sie noch nicht kannte. Und zum ersten Mal hatte er sie bei ihrem Namen genannt.
„Robert? Gemahl?“ Sie antwortete mit seinem Namen, fragend, denn sie hatte nicht verstanden, was er meinte.
Seine rauen Finger berührten ihre Lippen, und ihr Atem wurde schwerer. „Es gibt vieles, was ein Mann und eine Frau tun können, ohne sich zu vereinigen“, erklärte er. In seinen Augen leuchtete ein ihr nur zu wohlbekanntes Feuer. „Ihr seid keine unerfahrene Jungfrau mehr, Frau. Ihr seid jetzt bereit, mehr von der Kunst der Liebe zu lernen.“
Sie fühlte sich noch nicht dazu bereit. Er indes brachte ihre Gefühle zum Schwingen, und eine wohltuende Mattigkeit erfüllte ihre Glieder, während sie ihn zum Höhepunkt führte. Danach legte sie ihre Wange auf seine Brust und Tränen traten in ihre Augen.
Seine Muskeln spannten sich, als er die Feuchtigkeit auf seiner Haut spürte. „Ihr weint? Ich habe doch nichts getan, um Euch zu verstimmen?“, entgegnete er scharf.
Genevra schluckte krampfhaft, und ihre Umarmung wurde heftiger. „Vergebt mir, mein Gemahl, aber es sind Tränen der Dankbarkeit für eine Freude, die ich nicht erwartet hatte“, sagte sie mit stockender Stimme.
Sie spürte unter ihrer Wange, wie sein Herz plötzlicher schneller schlug. Seine Finger spielten mit ihrem Haar. Als er antwortete, klang seine Stimme dumpf und ein unterdrücktes Lachen bebte in seiner Brust. Er zog sie fester in die Arme. „Dann ist ja alles gut, meine kleine Nonne!“
Er lachte sie aus, doch Genevra bemerkte es nicht sofort. „Ich war niemals eine Nonne!“, rief sie mit Entrüstung aus, dann kicherte sie und ahmte seinen neckenden Ton nach. Ihr Atem strich heiß über das feuchte Haar auf seiner Brust. „Niemals verspürte ich Verlangen nach einem keuschen Leben“, gestand sie.
Zwei Tage später kehrte der Bote aus Thirkall zurück. Er war einen Monat und einen Tag unterwegs gewesen. Sie waren alle noch nach dem Mittagsmahl in der Halle versammelt, als er eintrat, sein Knie beugte und Robert das Sendschreiben überreichte. Robert brach das Siegel nicht sogleich, sondern begab sich in das Privatgemach.
Genevra sah ihm nach, und der Blick
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