historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc
Gattin noch länger in den Klauen dieser Bestie zu lassen! Alan", wandte Adrian sich dann an den Schwager, „gibt es etwas, das mein Bruder für dich erledigen könnte?"
„Avonleigh fällt an Mylord Moreton zurück", antwortete Alan de Vere und zuckte mit den Schultern. „Alle persönlichen Angelegenheiten wird William regeln. Er ist jetzt Herr auf Beaulaine, Vaters Gut in Wiltshire. Ich erwarte nur, dass Richard alles unternimmt, um Meriel beizustehen."
Adrian wusste, die Bitte war überflüssig. Richard würde nicht rasten noch ruhen, ehe die Schwägerin befreit war. Vielleicht verlor Burgoigne das Interesse an ihr, wenn sein Todfeind nicht mehr lebte, und ließ sie gegen hohes Lösegeld ziehen. „Gut, gehen wir, Alan", forderte er den Schwager auf und begab sich zum Ausgang des Zeltes.
„Sei vorsichtig", sagte Richard, hielt ihn auf und umarmte ihn. „Ich möchte dich wiedersehen, du närrischer Ba stard!"
Adrian versetzte dem Halbbruder einen freundschaftlichen Stoß gegen die Brust und erwiderte herzlich: „Ich bin der Narr, aber du das andere!"
Richard grinste breit und deutete eine spöttische Verneigung an.
Nebliger Dunst hing zwischen den Büschen; leichter Regen fiel aus tiefhängenden Wolken, und Dunkelheit hüllte die Landschaft ein. Die Umstände waren bestens geeignet, sich heimlich und ungesehen der Veste zu nähern, doch nicht, um die Klippe zu erklimmen.
Adrian de Lancey bedauerte, dass die Nächte sehr kurz waren und die Gefahr bestand, die schwierige Aufgabe nicht vor Tagesanbruch zu bewältigen.
Nach kurzem Ritt trafen die beiden Reiter am rückwärtigen Teil von Wenlock Castle ein.
Da alles Notwendige bis in die kleinste Einzelheit besprochen worden war, saßen Adrian of Warfield und Alan de Vere im Wäldchen ab und banden die Pferde im Schutz der Bäume an.
Der Earl of Shropshire löste den Waffengurt, übergab dem Schwager das Schwert und behielt nur den spitzen Dolch. Geduckt schlich er dann zum Hang und begann den Aufstieg.
Der untere Teil bestand aus Geröll und großen Felsbrocken, die einfach zu ersteigen waren.
Danach wurde der Fels jedoch glatter und bot nur wenig Halt. Adrian vergaß alle Sorgen um Meriel und konzentrierte sich ganz auf die Tücken der Steilwand.
Tastend suchte er Unebenheiten in der Klippe, krallte die Finger um jeden Zacken und stemmte sich auf kurzen Vorsprüngen kraftvoll in die Höhe. Geschmeidig nutzte er jede Kerbe, die er finden konnte, wand sich weiter, die Füße behutsam in enge Spalten setzend, hielt keuchend inne, die Wange an den kalten, nassen Untergrund gepresst, und rang schweratmend nach Luft.
Knapp vor dem Erreichen des Firstes brach unversehens ein Stück Spat unter ihm ab.
Einen Herzschlag lang hing er nur an einem Arm, baumelte hin und her und verlor dann den Halt. Schon im Fallen nahm er aus dem Augenwinkel eine verkrüppelte Birke wahr, warf sich, die Hände ausstreckend, geschmeidig nach rechts und bekam, ehe er vollends in den Abgrund gerissen wurde, den Stamm des Bäumchens zu fassen.
Am Geäst schwingend, suchte er nach einem Spalt, um den Fuß hineinzuschieben, und fand ihn in dem Augenblick, als die Wurzeln der Birke sich aus dem Gestein lösten. Mit der Linken nach einem Felsvorsprung greifend, drückte er sich an den Fels, während Steinchen und Erdklumpen in die Tiefe polterten. Er schwitzte sehr stark und kniff die Lider zu, um den Schweiß nicht in die Augen zu bekommen.
Nachdem er sich vom Schreck erholt hatte, wagte er sich voran und erreichte, nach vielen Mühen und einer endlos erscheinen Zeit, leise stöhnend die Böschung vor der untersten Kurtine. Matt ließ er sich auf die Erde fallen, und es dauerte eine Weile, bis er die Kräfte gesammelt hatte und aufstehen konnte.
Er erkundete das Terrain und stellte fest, dass der schmale, begehbare Grat an jeder Seite nur bis zu den Eckpfeilern der Ringmauer reichte. Rasch kehrte er zur Mitte zurück, nahm das zusammengerollte Seil von der Brust und verknüpfte ein Ende am Stamm einer windschiefen, direkt an der Mauer wachsenden kleinen Eiche. Das Tau festzurrend, prüfte er, ob der Baum dem Gewicht eines Menschen stand halten würde, und nickte dann zufrieden.
Leise ahmte er den Schrei eines Käuzchens nach und grinste, als ein ähnlicher Ruf aus dem Wäldchen heraufhallte. Mit großem Schwung warf er den gedrehten Hanfstrick in die Dunkelheit und spürte eine Weile später zweimal sachtes Rucken. Es war das verabredete Zeichen, dass Alan jetzt heraufkletterte.
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