Historical Gold Band 251
sammelten sich bereits um die kunstvollen Seidenblumen an der Krempe.
Beim Umdrehen hatte Margaret sich weniger ihrem Hut als Ash zugewandt und stand nun dichter bei ihm, als ihr lieb war.
Wenn sie ihn bat, den Hut zu holen, müsste er Rock und Stiefel ausziehen. Sein Leinenhemd würde ganz nass werden. Bei der Vorstellung stieß sie einen beseelten Seufzer aus, schüttelte dann aber den Kopf, gerade als er den Rock ablegen wollte. „Nein, Mr Turner. Schade um den Hut, aber es gefällt mir, den Wind in den Haaren zu spüren.“
Ashs Mundwinkel hoben sich.
„Laden Sie sie ein“, wiederholte er.
Rawlings sah von einem zu anderen. „Na schön“, sagte er verwirrt. Ash tippte sich noch einmal an die Krempe seines Zylinders, und dann gingen die Herren weiter.
Elaine neben ihr stand stockstill. In ihrer Welt gab es nicht allzu viele Möglichkeiten. Entweder wurde man von den Herren ignoriert, oder …
„Margaret.“ Sie sprach das Folgende sehr bedacht aus, als wüsste sie nicht recht, welchen Schaden ihre Worte möglicherweise anrichteten. „Ist … ist Mr Turner in dich verliebt?“
Egal, was Margaret nun antwortete, die Geschichte würde sich in der Stadt herumsprechen. Und so entschied sie sich für die schlichte Wahrheit. „Ja, ich glaube schon.“
„Na. Das ist aber ein ganz schönes … Durcheinander. Nicht wahr?“
Margaret seufzte. „Zweifellos.“
20. KAPITEL
A ls Margaret zwei Tage später auf Rawlings’ Ball ausgerufen wurde, hatte sich die Geschichte aus dem Hyde Park bereits in London herumgesprochen, genau wie Margaret vermutet hatte. Die vornehme Gesellschaft hatte nicht nur erfahren, dass die Dalrymples gleich zu mehreren anrücken würden, sondern auch, dass Ash Turner, der Mann, der sie für unehelich hatte erklären lassen, im Park einen Blick auf Margaret geworfen und Rawlings befohlen hatte, sie einzuladen. Laut den Geschichten, die Elaine vermeldete, hatte Ash ihr entweder die Hand geküsst – das war die offenherzigste – oder sie im Liebesrausch schüchtern angesehen. Die Vertreter der zweiten Version sind Ash offensichtlich noch nicht begegnet, dachte Margaret.
Als sie den Ballsaal an Richards Arm betrat, folgten ihr alle Blicke. In ihrer Nähe schwoll das Getuschel zu lautstarkem Geschnatter an.
Einst hätte Margaret zu denen gehört, die über das Warum und das Weshalb spekulierten. Sie hätte sich gefragt, ob Turner ihr die Einladung aus einem hinterhältigen Beweggrund verschafft hatte, um den Disput auf gemeine Weise ein für alle Mal zu klären. Vielleicht hätte sie behauptet, dass er einen Blick auf Parfords Tochter geworfen und sich Hals über Kopf in sie verliebt hatte. Einst hätte sie mit ihren Freundinnen in einer Ecke gesessen und spekuliert.
An diesem Abend jedoch kam sie mit ihren Brüdern. Und während jeder sich dafür interessierte, wie es mit ihr weitergehen würde, was vielleicht noch passieren könnte, um den Klatsch an diesem Abend mit neuer Nahrung zu versorgen, interessierte sich kein Mensch für sie. Für sie als Person.
Schließlich waren auf dem Ball hauptsächlich jene Mitglieder der Gesellschaft zu Gast, die sich auf Ashs Seite geschlagen hatten. Sie und ihre Brüder standen allein, ein entschlossenes Grüppchen am Rand des Ballsaals.
Es war eine Erleichterung, als Diana, Lady Cosgrove, durch die Menge geschwebt kam. Sie war die erste von Margarets ehemaligen Freundinnen, die sie hier begrüßten. Ihre Tür war Margaret monatelang verschlossen gewesen, aber vielleicht konnte dieser Abend alles vergessen machen.
Lady Cosgrove trug ein Gewand aus blauer Seide und weiße Rosen im Haar. Während sie näher kam, befand Margaret, dass sie wohl eine der schönsten Frauen im Raum war. Sie hätte sie gern umarmt.
„Margaret, meine Liebe!“, rief sie aus. „Wie ist es dir in den letzten sechs Monaten ergangen?“
Lady Cosgrove wäre es ein Leichtes gewesen, dies im Verlauf des vergangenen halben Jahrs herauszufinden, durch den simplen Kniff, sie bei einem ihrer vielen Besuche zu empfangen – oder falls ihr das zu anstrengend gewesen wäre, indem sie einen von Margarets Briefen gelesen hätte. Andererseits, wenn Margaret ihren Platz in der Gesellschaft wiedereroberte, würde sie sich wohl etliche Lügen anhören müssen und dazu gelassen nicken, um der Höflichkeit willen.
Und so lächelte sie Lady Cosgrove freundlich an.
„Man stelle sich nur vor“, sagte die Dame gerade, „dass du den Sommer auf deinem Landsitz versauert bist,
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