Historical Gold Band 251
Lächeln.
Die gesellschaftlichen Schichten vermischten sich nicht.
Einstmals hatte sie das voll hochmütiger Selbstsicherheit geglaubt, im Bewusstsein ihrer eigenen Überlegenheit. Nun empfand sie es eher als trostlose Wahrheit. Sämtliche Damen ihrer Bekanntschaft hatten aufgehört, auf ihre Briefe zu antworten – selbst Elaine, die einst so schüchtern an ihrem Rockzipfel gehangen hatte.
An den Wänden des Speisesaals hingen Porträts der Herzöge vergangener Zeiten. Sogar ihre eigenen Ahnen würden auf sie herabschauen, wenn sie sie mit ihren gemalten Augen sehen könnten.
Aber zu den Dienstboten passte sie auch nicht. Sie war sowohl Herrin als auch Bittstellerin, sowohl Tochter des Hauses als auch Pflegerin. Sie stand ganz und gar allein. Es mochte kleinlich von ihr sein, aber sie freute sich, dass Mr Turner in Kürze etwas von derselben bitteren Einsamkeit zu schmecken bekommen würde.
Dessen Miene zeigte jedoch keinerlei Anzeichen, dass er wusste, welche Unannehmlichkeiten ihn erwarteten. Sein Kammerdiener war in der Kutsche der Diener angereist und hatte seinen Herrn prächtig herausgeputzt. Der dunkelblaue Rock hob die breiten Schultern hervor, sein dunkles Haar war auf das Kunstvollste zerzaust, und sein steifleinenes Krawattentuch bildete einen perfekten Kontrast zu seinen lockeren Manieren. Er war viel attraktiver, als gut für ihn gewesen wäre.
Doch trotz aller Attraktivität würde er bald herausfinden müssen, dass die Grenzen von Geburt und Privileg nicht einfach auf Anordnung überschritten werden konnten, so warm das begleitende Lächeln auch sein mochte. Es spielte keine Rolle, wo man aß. Diener blieben trotzdem Diener. Bastarde blieben Bastarde.
Doch niemand hatte Mr Turner auf diese unumstößliche Tatsache aufmerksam gemacht. Während die Lakaien Schalen mit Selleriesuppe vor sie stellten, wandte er sich Mrs Benedict zu. Die Haushälterin saß auf dem Ehrenplatz zu seiner Rechten. Als Margaret mit ihrer Familie diniert hatte, hatten sie den Tisch in seiner gesamten Länge verwendet. Mr Turner hatte offenbar andere Vorstellungen und einen kleineren Tisch aufstellen lassen. Er fühlte sich viel zu kurz und ungemütlich an, als befänden Sie sich auf einer überfüllten Dinnerparty. Ohne die dazu passende Gesellschaft allerdings.
„Mrs Benedict“, sagte Mr Turner, als die Lakaien die Abdeckhauben von den Suppenschalen hoben, „ich spiele mit dem Gedanken, in Baumwolle zu investieren, und wollte Ihnen dazu ein paar Fragen stellen.“
„Oh.“ Mrs Benedict lief rot an. „Mr Turner, ich weiß, wie man eine Gans mit Rizinusöl behandelt, und ich habe eine geheime Rezeptur, um Tafelsilber zum Glänzen zu bringen. Investitionen …“, sie sprach das Wort ganz vorsichtig aus, als hielte sie ein schmutziges Taschentuch in die Höhe, „… sind nichts für Leute wie mich.“
Insgeheim stimmte Margaret ihr zu.
„Da reden Sie besser mit einem Ihrer Standesgenossen oder einem Anwalt. Ich bin nur eine einfache Haushälterin.“
Turner nahm einen Löffel. „Unsinn. Mir ist an Ihrer Meinung gelegen. Meine Standesgenossen würden nur die Nase rümpfen und erklären, Leute aus gutem Hause trügen keine Baumwolle, ich solle mich nicht damit abgeben. Aber wenn ich die Vorurteile des Adels ignoriere, könnte ich damit gutes Geld verdienen. Ich könnte fünfhundertmal so viel an Leute wie Sie verkaufen. Sie sind ein wichtiger Faktor.“
Während Mr Turner sprach, konnte Margaret beobachten, dass mit Mrs Benedict ein Wandel vorging. Sie nahm eine entspannte Haltung ein, ihre Augen weiteten sich, und als Mr Turner ihr zum Abschluss ein strahlendes Lächeln schenkte, spielte ein seliges Grinsen um ihre Lippen.
„Nun.“ Sie hantierte mit dem Besteck und sah dann auf. „Zuerst mal braucht man Lumpen. Baumwolle ist sehr saugfähig, daher benutze ich sie als Spüllappen.“
Turner nickte. „Sprechen Sie weiter.“ Er kostete von seiner Suppe und richtete den Blick dann wieder auf Mrs Benedict, so konzentriert, als wäre sie der einzige Mensch im Universum. Sie fuhr fort, zögernd zuerst, dann mit größerer Selbstsicherheit. Während sie sprach, beugte sich Turner ein Stück vor, die Haushälterin fest im Blick. Jedes Detail seiner Miene sagte ihr: Sie bedeuten etwas. Sie sind wichtig. Ihre Beobachtungen haben einen Wert.
Es traf sie. Nicht allein deswegen, weil Turner Margaret ignorierte; ihr Stolz hatte in den letzten Monaten so viele Wunden davongetragen, dass sie diese Kränkung kaum noch
Weitere Kostenlose Bücher