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Historical Gold Band 251

Historical Gold Band 251

Titel: Historical Gold Band 251 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Willingham , Courtney Milan
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spürte. Nein. Es traf sie, dass sie sich geirrt hatte. Weil er sich von einem Mann, der um Stimmen im Parlament buhlte, in jemanden verwandeln konnte, der sich mit einem Dienstboten zu Tisch setzen und angeregt zu plaudern vermochte. Dass er sich überall bei allen angenehm machen konnte, überall zu Hause war, während sie nirgends dazugehörte.
    Mrs Benedict und Mr Turner kamen von der Baumwolle auf die Spinnerei im Dorf zu sprechen und von dort auf die Pächter. Margaret war die herrischen Forderungen ihres Vaters gewohnt. Er sprach nur im Befehlston, jedes Wort ein lautes Kommando, als müsste er schreien, um sich im Gewühl der großen, weiten, lauten Welt Gehör zu verschaffen. Mr Turner sprach leise, aber jeder lauschte gebannt, um seine Worte zu verstehen.
    Selbst Margaret.
    Er versteht es, andere für sich zu gewinnen, erkannte sie. Für ihre Zukunft verhieß das nichts Gutes. Was würde geschehen, wenn er diese strahlende Laune bei den Mitgliedern des Oberhauses versprühte, welche über die Frage der Legitimität entscheiden würden? Richard mochte ja toben und zetern und drohen, doch es kam nicht oft vor, dass das Oberhaus einen Vertreter wählen konnte. Wenn sie persönlich nicht betroffen gewesen wäre, hätte Margaret ebenfalls für Mr Turner gestimmt.
    Grimmig starrte sie vor sich hin. Nach der Suppe wurden Buttererbsen serviert, auf die Erbsen folgte frisch gefangener Fisch, auf den Fisch Roastbeef. Sie sah zu, wie die Teller auf- und abgetragen wurden, unfähig, mehr als ein paar Bissen zu nehmen. Wenn ihr Bruder nicht legitimiert wurde, würde der größte Teil des in einem Fideikommiss gebundenen Familienvermögens an Mr Turner übergehen. Sie machte sich keine Illusionen über ihre eigenen Ansprüche: Ihre Brüder würden den traurigen Rest für sich einfordern.
    Angesichts seiner verdammten Liebenswürdigkeit lösten sich all ihre Zukunftshoffnungen in nichts auf.
    Mrs Benedict breitete die Hände aus, immer noch in ein Gespräch vertieft, dem Margaret inzwischen nicht mehr folgte. „Grenzstreitigkeiten hat es schon immer gegeben, Sir.“
    „Dann rede ich eben mit ihnen.“ Mr Turner klang, als könnte man alle Probleme mit ein paar offenen Worten aus der Welt schaffen. Wahrscheinlich ist das bei ihm auch tatsächlich der Fall, dachte Margaret erbittert. Das Leben schien den Mann mit Geschenken nur so zu überschütten. Reichtum. Stellung. Legitimität.
    Margaret wäre vermutlich nie auf die Idee gekommen, ihn nicht zu mögen, wenn er ihr nicht so viel genommen hätte. Sie wandte den Blick ab und kam sich mit einem Mal kleinlich vor.
    „Miss Lowell. Ich bitte um Verzeihung. Wir langweilen Sie.“
    Sie richtete den Blick auf ihn. „Nein. Natürlich nicht.“
    „Doch, doch. Entweder das, oder wir regen Sie auf. Ich kann beides nicht dulden. Kommen Sie, sagen Sie mir doch, was los ist.“
    „Es ist nur …“ Sie suchte nach einer Antwort, die ihn zufriedenstellen würde. Doch als sie ihm in die Augen sah, konnte sie nicht mehr lügen. „Sie sind ebenso freundlich, wie Sie skrupellos sind, eine Kombination, die mir im Leben so noch nicht untergekommen ist.“
    Auf seinem Gesicht breitete sich ein entzücktes Grinsen aus, und er lachte. „Ebenso freundlich wie skrupellos. Das gefällt mir. Sollte ich das zu meinem Motto wählen? Würde es sich gut in meinem Wappen machen? Mark, wie sagt man ‚ebenso freundlich wie skrupellos‘ auf Lateinisch?“
    „Nequam quidem sumus“, erwiderte sein Bruder. Das war das erste Mal, dass er an diesem Abend das Wort ergriff, und er klang verträumt. Bis zu diesem Moment hatte sie geglaubt, er sei der junge Gelehrte, als der er erschien – ein wenig abwesend und ziemlich hager. Doch Margaret hatte ihre Brüder erlebt, kurz, nachdem sie von Eton nach Hause kamen – und war daher durchaus in der Lage, eine lateinische Beschimpfung wie dieses „wir sind gewiss nichtsnutzig“ zu erkennen. Sie unterdrückte ein Lachen.
    Mark sah sie über den Tisch hinweg an, ganz die strahlend blonde Erscheinung, und blinzelte ihr zu. Margaret revidierte ihr Urteil: Vor ihr saß kein strenger Gelehrter, sondern eher ein frecher Schuljunge.
    „Das lässt doch sehr an Ausdruckskraft vermissen“, erklärte der ältere Mr Turner.
    „Können Sie kein Latein?“, fragte Margaret überrascht.
    „Ich war nie auf der Schule.“ Er lehnte sich zurück. „Dafür hatte ich nie Zeit. Ich bin mit hundertfünfzig Pfund in der Tasche nach Indien gereist, fest entschlossen, mit

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