Historical Gold Band 251
hatte. Doch die Ballkönigin hatte abdanken müssen, der Diamant hatte sich als geschnittenes Eis herausgestellt, das das erhitzte Gerede schließlich zum Abkühlen brachte.
Er hatte ihr den Namen genommen, ihre Mitgift, einfach alles. Wenn Mr Turner glaubte, dass er nach alledem noch einen Funken Zuneigung in ihr entfachen könnte, hatte er sich schwer getäuscht.
Ash musste mit seinem Bruder dringend über Diskretion sprechen.
Nach dem ersten Blick, in dem sich Entsetzen und Enttäuschung über den Verrat mischten, hatte Miss Lowell ihn überhaupt nicht mehr angesehen. Und das, befand Ash, war ganz und gar schlecht. Der Nachtisch wurde aufgetragen – und bereitete dem Thema gnädig ein Ende –, und sie saß am Tisch und stocherte in ihrem Obstsalat herum. Sie wirkte verkniffen, statt wie vorher angeregt, und ihr Gesicht strahlte nicht mehr rosig, sondern war grau und verschlossen.
Sie trug ein goldenes Kettchen um den Hals. Der Anhänger, offenbar ein schweres Medaillon, da das Kettchen v-förmig nach unten gezogen wurde, verschwand im hochgeschlossenen Ausschnitt ihrer Dienerkluft. Er verspürte einen Stich Eifersucht, fragte sich, von wem sie das Medaillon wohl habe und was sich darin befinden könnte.
Zweifellos überlegte sie, wie sie ihn abwehren konnte. Er kam sich vor wie ein abgehalfterter Lebemann, der nur an das eigene Vergnügen dachte. Doch auch wenn Ash sich mit den Gepflogenheiten der vornehmen Gesellschaft nicht auskannte, war ihm klar, dass jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt war, die Sache zu klären. „Nein, Miss Lowell“, konnte er sich schon sagen hören, „ich würde mich Ihnen niemals aufdrängen. Ich habe vor, Sie so zu verführen, dass sie sich mir willig hingeben. Das ist alles.“ Für seine Mühen würde sie ihm höchstens die Gabel in die Hand rammen, dem finsteren Blick nach zu urteilen, mit dem sie ihren Nachtisch bedachte.
Gott sei Dank waren die Messer mit dem restlichen Rindfleisch abgetragen worden.
Sie hörte auf, im Obstsalat herumzustochern. Das Essen neigte sich seinem Ende zu – Mark begann schon, die Tafel aufzuheben –, und sie hatte ihn immer noch nicht angesehen. Das war einfach verkehrt. Er konnte nicht zulassen, dass es so weiterging.
Als sie den Raum verließ, folgte er ihr. Sie hatten kaum den ersten Treppenabsatz erreicht, als sie auf ihn losfuhr. In ihren Augen glühte ein wildes Feuer, und er hob beide Hände, um zu zeigen, dass er ihr nichts Böses wollte.
„Miss Lowell, ich fürchte, mein Bruder hat Ihnen einen ganz falschen Eindruck vermittelt.“
Sie stieß die Luft aus. „Ich weiß, wie Gentlemen reden, wenn sie meinen, sie seien unter sich“, erklärte sie wegwerfend. „Glauben Sie nicht, Sie könnten das vor mir verheimlichen.“
Mit „Gentlemen“ meinte sie vermutlich Männer wie Richard und Edmund Dalrymple. Ash konnte sich nur zu gut vorstellen, was diese nichtsnutzigen Parasiten über eine so hübsche Pflegerin mit ihren zum Kuss einladenden Lippen und ihrer Alabasterhaut gesagt hätten. Zweifellos hatte sie noch andere Erniedrigungen über sich ergehen lassen müssen, als die beiden hier gewohnt hatten. Dies war vermutlich auch der Grund, warum Mrs Benedict es für nötig erachtet hatte, von Anfang an Verhaltensmaßregeln aufzustellen. Keiner dieser jungen Tunichtgute hatte je einen Begriff von Ehre oder Einverständnis gehabt. Eine Welle des Zorns überlief Ash, wenn er sich die Belästigungen vorstellte, die sie erdulden hatte müssen. Er war jedoch nicht wie die beiden.
„Nein“, sagte er knapp, „ich glaube nicht, dass Sie wissen, wie ich bin.“
„Sie wollen mir einen Kuss rauben. Mich in ihr Bett zerren. Sie haben vor Ihrem Bruder damit geprahlt, dass Sie das tun würden. Weichen Sie mir nicht aus, Mr Turner. Sie wollen das, was jeder sogenannte Gentleman will.“
„Sie wissen nicht, was ich will.“ Seine Stimme klang heiser, und er ertappte sich dabei, wie er sie ansah. Sie hatte genau die richtige Größe für ihn – er hätte einfach ihr Gesicht anheben und einen Kuss stehlen können, ohne sie überhaupt zu fragen.
„Ach nein?“ Ihre Stimme klang verächtlich.
Er tat einen Schritt auf sie zu. Trotz aller tapferen Worte weiteten sich ihre Augen. Doch sie rührte sich nicht, als er die Hand nach ihr ausstreckte. Sie hielt die Stellung, mit stoischer Miene, als wäre seine Berührung nur eine weitere Last, die man ihr zu tragen aufgab.
Was war mit ihr geschehen, dass sie nicht einmal zusammenzuckte, als
Weitere Kostenlose Bücher