Historical Gold Band 251
habe ich das erste Hand buch der Keuschheit geschrieben.‘“
Ihre Stimme war warm und voll Humor. Beim Sprechen hob sie den in einem Slipper steckenden Fuß und wippte unbewusst auf und ab. Hin und wieder fiel der Slipper herunter, und dann erhaschte er einen Blick auf ihren nackten Fuß. Nicht viel Haut, um einen zu erregen, aber es war ihre Haut. Und ihr Knöchel.
Mark hatte recht. An Knöchel zu denken, brachte einen dazu, sich vorzustellen, wie man die Röcke hochschob und dem Schwung des Beines nach oben folgte …
Sie las weiter.
Wenn sie von Sünde sprach, dachte er an sie. Wenn sie Keuschheit erwähnte, das Wort mit gesenkten Lidern hauchte, weckte sie ihn ihm nur ganz gegenteilige Gedanken. Ihre Stimme klang tief und verführerisch, und Ash erkannte, dass sein Bruder recht hatte. Keuschheit war hart.
Ash war jetzt bereit, sie mit in sein Bett zu nehmen.
Anscheinend hatte sie seinen Blick gespürt, denn nach einer Weile schaute sie zu ihm hoch und hörte auf zu lesen. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und unwillkürlich stellte er sich vor, wie sich diese weiche Liebkosung an seiner schwellenden Männlichkeit anfühlen würde. Steif war er vorhin schon gewesen, doch mittlerweile war er so hart, dass es schmerzte.
„Ash?“, fragte sie unsicher. „Soll ich weiterlesen?“
Er räusperte sich. „Ich höre zu.“
Es war nicht nur ihre Stimme oder die Worte, die ihn so erregten, dass er die Hände zu Fäusten ballte. Es war die Intimität dessen, was zwischen ihnen geschah. Gut, sie saßen drei Fuß auseinander. Aber er hatte ihr sein größtes Geheimnis offenbart, und statt entsetzt vor ihm zurückzuweichen, hatte sie ihm auf eine Weise Heilung gebracht, wie er sie nie zuvor erlebt hatte.
Diese Vertrautheit bildete den subtilen, erregenden Gegenpol zu ihrer Lesung über die Keuschheit – Seite für Seite, unterbrochen von gemeinsamem Gelächter.
Ihm war gar nicht klar gewesen, wie amüsant sein Bruder war. Oh, er hatte von seinem scharfen Verstand und seiner Sprachgewandtheit gewusst, aber hier ging es um die pointierte, genaue Beobachtung seiner Mitmenschen. Das Werk erinnerte ihn an seinen Bruder: keusch, moralisch … und doch war er durchzogen von Witz und Humor, die den nüchternen, aufrechten Überlegungen etwas beinahe Hintersinniges verliehen.
Margaret schlug die letzte Seite der Abschrift auf.
„‚Natürlich dürfte es nicht nötig sein, die Gründe aufzuzählen, welche für die Keuschheit sprechen. Doch als Erinnerungsstütze für meine Leser möchte ich die wichtigsten Punkte kurz skizzieren. Keuschheit ist für Männer vor allem aus drei Gründen absolut lebenswichtig.‘“
Lebenswichtig waren ihre Lippen, die diese Worte formten. Lebenswichtig war der Streifen nackte Haut, der unter ihrem dunklen Rock hin und wieder hervorblitzte. Lebenswichtig war das dumpfe Sehnen, das er empfand, das tiefer ging als bloßes körperliches Begehren.
„‚Erstens‘“, erklärte Margaret feierlich, „‚fordern Gott und die Heilige Bibel uns dazu auf.‘“
Ash winkte ab.
„‚Zweitens‘“, begann sie und hielt dann inne. Das amüsierte Glitzern in ihrem Blick erlosch. Sie schaute zu ihm hinüber, plötzlich wachsam geworden. „‚Zweitens‘“, setzte sie noch einmal an, „‚verursacht Lasterhaftigkeit in dieser Beziehung viel Leid in den Familien, die die Untreue ertragen müssen, und auch für die Kinder, die aus derartigen Vereinigungen hervorgehen.‘“
Er hatte vergessen, dass sie ja auch unehelich geboren war. War sie in der Lage, über diesen Umstand hinwegzusehen? Wenn die Sache anders gelegen hätte, wäre ihr Leben vermutlich in ganz anderen Bahnen verlaufen. Er wollte etwas zu ihr sagen, sie daran erinnern, wie wenig ihm diese Dinge bedeuteten. Doch sie reckte nur störrisch das Kinn, senkte den Kopf und las weiter.
„‚Und drittens – und für einen keuschen, praktischen Gentleman vermutlich am wichtigsten …‘“ Ihr Blick huschte ans Ende des Abschnitts, doch diesmal brach sie in Gelächter aus.
„Was? Was denn?“
Ein paar Augenblicke konnte sie nicht antworten, so wurde sie von Lachen geschüttelt. Als sie endlich etwas sagte, brachte sie die Worte vor Lachen kaum heraus. „‚Da die Damen die Kunst der Keuschheit bereits verinnerlicht haben, schwächt unsere Unfähigkeit, die Triebe zu beherrschen, den Anspruch darauf, als das stärkere Geschlecht zu gelten.‘“ Sie sah zu Ash hoch. „Das ist doch nicht sein Ernst. Oder?“
Natürlich
Weitere Kostenlose Bücher