Historical Gold Band 251
Wenn er verrückt geworden wäre, würde er doch um sich schlagen, oder?“
Tollin sah sie an, wie erstarrt vor Entsetzen. Und das rief Margaret wieder ihre Stellung ins Bewusstsein. Es spielte keine Rolle, dass sie eigentlich keine Pflegerin war. Es spielte gewiss keine Rolle, dass sie nicht länger Lady Anna Margaret war. Jetzt musste sie handeln wie sie. Denn eine junge Frau ohne Ausbildung und Verstand würde ihnen wenig nutzen. Für ihre Ängste gab es jetzt einfach keinen Raum.
Sie atmete tief durch.
Miss Lowell, Sie herrliches Geschöpf, ich will, dass Sie die Leinwand selbst bemalen. Ich will, dass Sie den Schleier ablegen.
Margaret richtete sich gerade auf und schritt energisch voran.
Sie ergriff das Handgelenk ihres Vaters und tastete nach seinem Puls. Seine Hand zitterte in ihrer, doch sie fand den Herzschlag, der trotz des wirren Wortschwalls ruhig und gleichmäßig ging. „Nein“, entschied sie mit mehr Sicherheit, als sie empfand. „Er ist nicht verrückt.“ Sie legte ihm die Hand auf die Stirn. „Das Einzige, was er macht, ist reden, und das kann ja niemandem schaden.“
„Aber …“
Margaret sah auf und entdeckte, dass Tollin nicht länger allein war. Mehrere Dienstboten hatten sich zu ihnen gesellt – zwei Zimmermädchen, Hand in Hand, und hinter ihnen Mrs Benedict. Die Neuigkeit würde sich herumsprechen. So begann eine Panik. Aber das Letzte, was sie nun brauchten, war ein Haushalt im Chaos. Sie musste die Leute im Griff behalten, dafür sorgen, dass ihr Vater am Leben blieb, bis der Arzt kam und sagen konnte, was ihm fehlte. Der Arzt würde alles in Ordnung bringen.
Bis dahin musste sie die Dienstboten im Zaum halten. Sie brauchten alle etwas zu tun.
Margaret zog die Hand von der Stirn ihres Vaters. „Er ist ziemlich erhitzt. Tollin, ich müsste Sie bitten, etwas Eiswasser zu holen. Und noch etwas Eis aus dem Eishaus, wenn Sie schon dort sind.“
Kurz darauf begann es an die Fenster zu trommeln, und dann hörte man den Regen vom Himmel rauschen. Margaret schloss die Augen und dachte an Josephs, der nun durch den Sturm ritt, um den Arzt zu holen. Sie verspürte eine nagende Angst und unterdrückte sie. Er würde sicher zurückkommen. So musste es einfach sein.
Tollin nickte. Seine Muskeln entspannten sich ein wenig. Er schien dankbar, eine Aufgabe bekommen zu haben. Sie würde ihnen allen etwas zu tun geben, bis der Arzt kam. Eine weitere Gruppe von Menschen drängte ins Zimmer. Wenn Margaret nichts dagegen unternahm, würde ihr Vater von eifrigen Dienstboten erdrückt werden.
„Mrs Benedict“, sagte Margaret, „wir brauchen heiße Würzmilch mit Wein. Etwas Nahrhaftes – der Duke muss bei Kräften bleiben. Mrs Lorens kann da bestimmt das Passende zubereiten. Bitte schicken Sie jemanden in die Küche.“ Mrs Benedict begegnete ihrem Blick und nickte dann.
Margaret beugte sich über ihren Vater. Er gab immer noch Unverständliches von sich, schrie aber nicht mehr. Nun brabbelte er vor sich hin wie ein beständig strömendes Bächlein, und seine Worte ergaben ebenso viel Sinn wie das gurgelnde Wasser.
„Ich glaube“, verkündete sie mit so viel Überzeugung, wie sie aufbrachte, „dass die Säfte in seiner Brust durcheinandergeraten sind, was dazu geführt hat, dass seine Lunge auf diese ungünstige Weise reagiert.“
Niemand widersprach diesem blanken Unsinn; stattdessen nickten die Dienstboten verständig, froh, dass sein Zustand in Worte gefasst worden war. Selbst Margaret war es ein wenig leichter ums Herz, obwohl sie doch am besten wusste, dass sie das mysteriöse Problem soeben erfunden hatte. Weder Wahnsinn noch Organversagen hatte sie vor den anderen für seinen Zustand verantwortlich gemacht, sondern nur ein leichtes Lungenleiden, vergleichbar mit einem Husten oder einer Erkältung.
„Wir müssen etwas zubereiten, was die Entzündung aus seiner Brust zieht.“ Etwas Harmloses, mit einer endlos langen Zutatenliste, damit jeder zu tun hatte, bis der Arzt kam. „Ich brauche einen Kohlenkessel für das Feuer und etwas heißes Wasser. Weidenwasser“, sagte sie, da das von weiter her geholt werden musste. „Und Nelken. Eine Handvoll zerriebene Ringelblumen …“
Sie zählte jede harmlose Zutat auf, die ihr einfiel. Solange er es kühl und behaglich hatte, würde er kaum Schaden nehmen.
Draußen grollte wieder der Donner, und der Regen rauschte wie ein Sturzbach herunter.
Als nachträglichen Einfall wies Margaret zwei Zimmermädchen an, sich vor die Tür zu
Weitere Kostenlose Bücher