HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Steuerrad hielt. „Und du kennst auch den Grund für meine Schlaflosigkeit.“
Er versuchte, einen beiläufigen Ton anzuschlagen. „Du denkst wahrscheinlich an morgen, wenn wir in London eintreffen?“
„Wenn du das wirklich glaubst, musst du ein Narr sein, Riordan Spencer. Aber ich weiß, dass du alles andere als ein Narr bist.“ Sie lehnte sich gegen das Ruder und sah ihm tief in die Augen. „Deinetwegen kann ich nicht schlafen, Riordan.“
„Mach dir keine unnötigen Sorgen, Ambrosia. Wenn wir unseren Auftrag erfüllt haben, wirst du mich so schnell wie möglich los sein.“
„Aber ich will dich gar nicht los sein!“ Sie ließ die Hände an seinen Armen emporgleiten und schmiegte sich an ihn. „Küss mich, Riordan.“
Obwohl er mit jeder Faser seines Körpers auf ihre Aufforderung reagierte, schaffte er es, einen Schritt zur Seite zu treten. Es gelang ihm sogar, ein unverbindliches Lächeln aufzusetzen. „Ich glaube nicht, dass das ein weiser Wunsch ist, Ambrosia.“
„Ich will nicht weise sein, sondern wild. Küss mich.“
Er legte ihr die Hand auf die Schulter und spürte im selben Moment, dass er einen Fehler gemacht hatte. Denn nun wurde das Verlangen danach, sie in die Arme zu reißen, beinahe übermächtig.
„Du glaubst, du könntest mich wie einen kleinen, braven Jungen dazu verleiten, dir Vergnügen zu bereiten. Aber nur so lange, wie es dir gefällt. Wenn du keine Lust mehr hast oder Angst bekommst, schickst du mich fort wie einen dummen Jüngling.“ Seine Stimme klang hart, als er hinzufügte: „Nun, ich versichere dir, ich bin kein dummer Jüngling und auch kein braver Junge. Und ich bin beides schon seit vielen Jahren nicht mehr.“
„Ich will keinen Jüngling, sondern einen Mann. Ich will dich.“
Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie ungerührt. „Ich höre deine Worte, Ambrosia. Du willst, ja, du willst. Immer nur du. Aber was ist mit mir? Wer fragt nach meinen Wünschen? Hast du darüber einmal nachgedacht? Oder ist das alles nur ein Spiel, das du mit mir treibst?“
Sie stieß ihn von sich, sodass sie ihm ins Gesicht schauen konnte. „Es ist kein Spiel, Riordan“, erklärte sie fest. „Ich habe über alles sehr genau und lange nachgedacht.“
Das hatte er auch. Und zwar seit ihrer ersten Begegnung. Liebe, Lust und Sehnsucht vermischten sich in seinem Empfinden und brachten ihn völlig durcheinander. Aber schließlich war er zu der Überzeugung gelangt, dass Ambrosia zu unschuldig für ihn und seinesgleichen sei. Ihre Küsse waren beinahe züchtig, und in ihrem Wesen verströmte sie Reinheit. Er hatte kein Recht, ihren Ruf zu beschmutzen, nur um sich Erleichterung zu verschaffen.
„Und du willst mich auch, Riordan. Gib es zu!“
Mit großer Mühe gelang es ihm, sie auf Armeslänge von sich zu halten. „Ich gebe nur eines zu, nämlich: Was du empfindest, sind die romantischen Anwandlungen einer Frau, die sich zum ersten Mal verliebt hat.“
Ambrosia lächelte. „Richtig.“ Ohne Vorwarnung griff sie nach seiner Hand und presste sie auf ihre Brust. „Fühl nur, wie aufgeregt mein Herz klopft, wenn du in meiner Nähe bist.“
Riordan hatte das Gefühl, das Blut in seinen Adern würde sich in flüssiges Feuer verwandeln, als er Ambrosias Brust zum ersten Mal so berührte. Er zog die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt.
„Das hier hat nichts mit Liebe zu tun, Ambrosia.“ Er musste seine wahren Empfindungen verleugnen. Wenn er es nicht tat, hätte er keine Willenskraft mehr, um abzulehnen, was Ambrosia ihm so bereitwillig anbot.
„Nein? Was ist es dann?“
„Es ist die reine Lust, die Begierde.“
Riordan sah, dass er ihr mit diesen Worten wehtat, und empfand Reue und Schuldbewusstsein. Aber er tat dieses ja nur zu ihrem Besten. „Wenn es sich um Liebe handelte, Ambrosia, würden wir nicht darüber reden. Über Liebe sollte man überhaupt nicht nachdenken müssen.“
Enttäuscht sah Ambrosia ihn an. Aber er war noch nicht fertig. Mit den nächsten Worten würde er sie noch mehr verletzen.
„Es wird Zeit, dass du dich unter Deck begibst und zur Ruhe kommst“, erklärte er. „Wir haben morgen ernste und möglicherweise gefährliche Prüfungen zu bestehen. Es bleibt wirklich keine Zeit mehr für diesen Unsinn.“
„Unsinn?“ Ihr war, als hätte er sie geschlagen. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück.
„Ja, Unsinn. Und jetzt leg dich endlich schlafen.“ Er wandte sich ab und blickte in die Dunkelheit. Aus dem Augenwinkel
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