Historical Lords & Ladies Band 38
nun erfolgte, überraschte ihn, hätte indes niemanden verblüfft, der John Lockhart in den letzten zwölf Jahren gekannt hatte.
Er ergriff den Neffen am Hals und drückte ihn, vor Zorn rot werdend, gegen die Wand. „Du verdammter junger Schnösel! Hat niemand dir Vernunft oder Manieren beigebracht? Bei dir würden einige Monate als Seemann auf einem Schiff der königlichen Marine oder als gemeiner Infanterist Wunder vollbringen. Ich tue ehrliche Arbeit für anständigen Lohn, was mehr ist, als du je getan hast, und ich setze weder mich noch meine Schüler dadurch herab, dass ich sie ‚Sir‘ nenne. Sie haben dafür gezahlt, genau wie du. Und hier bin ich nicht dein Onkel, vergiss das nicht. Ich bin Louis Fransacs Angestellter. Außerhalb dieser Räume wirst du mich John nennen und sonst nichts. Verstanden?“
John begriff nicht, warum er so wütend war. Die meiste Zeit in den letzten zwölf Jahren hatte er sein hitziges Temperament gut im Griff gehabt. Seit er jedoch Devereux House betreten und das Pack von Parasiten gesehen hatte, das sich seine Verwandten nannte und auf Kosten der Arbeit anderer dick und fett wurde, hatte er gemerkt, dass die Wut in ihm aufgestiegen war, und nun hatte der arme, alberne Fred darunter zu leiden! Er ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. „Das hätte ich nicht tun dürfen, Sir“, sagte er wieder im Konversationston. „Das war sehr unprofessionell, doch Sie haben das herausgefordert. Und nun beantworten Sie mir eine Frage. Können Sie boxen?“
Fred betastete den schmerzenden Hals und erwiderte dann so würdevoll, wie es jemand, dessen Kehle wund war, tun konnte: „Ein wenig, Mr Duroy. Ein wenig.“ Er war froh, dass er sich an das Pseudonym des Onkels erinnert hatte, und auch John war froh. Noch gab es für den Jungen Hoffnung. Alles, was er brauchte, war ein wenig Disziplin.
„Hatten Sie schon Stunden bei Mr Jackson?“ Kalt ließ John den Blick über Fred schweifen. „Sie sind ein wenig übergewichtig, Sir. Ich empfehle Ihnen, weniger Bier zu trinken. Versuchen Sie es mit Zitronenlimonade oder Wasser.“
„Im letzten Jahr. Mr Jackson sagte, er fände, dass ich vielversprechend sei, aber ich hatte mehr Neigung zum Fechten. Deshalb bin ich hier.“
„Ich denke, das war ein Fehler, Sir.“ John war höflich, ohne servil zu sein. „Ich glaube nicht, dass Sie viel Talent zum Fechten haben, um ehrlich zu sein. Ich gebe Ihnen den Rat, zu Mr Jackson zurückzugehen und sich von ihm trainieren zu lassen.“
Plötzlich ärgerte sich Fred. Er hatte mit dem Florett Eindruck schinden und nicht wie ein Boxer wirken wollen. Er beschloss, Angriff sei die beste Verteidigung. Zum Teufel mit seinem Onkel, nein, John, falls der ihn wieder angreifen sollte. „Du hast wirklich vor, Miss Merton zu heiraten, nicht wahr?“
„Nicht hier“, erwiderte John grimmig. Er hatte nicht den Wunsch, Miss Merton oder irgendeine seiner persönlichen Angelegenheiten mit diesem halbflüggen Burschen zu besprechen. „Ich will hier nicht über Miss Merton reden.“
„Hier!“, wiederholte Fred unbeirrt. „Hier! Schließlich bin ich der adelige Herr, nicht wahr? Deshalb müssen Sie mir gehorchen. Wollen Sie sie heiraten?“ Einen kurzen und berauschenden Moment lang kam er sich dem vor ihm Stehenden überlegen vor.
„Ja, Sir.“ Unvermittelt grinste John und strich sich eine Locke aus der Stirn. Und wen verspottete er, sich selbst oder den armen Fred?
„In Ordnung“, sagte Fred. „Und nun werde ich Ihnen etwas sagen. Falls Sie irgendetwas tun, das Miss Merton kränkt, bekommen Sie es mit mir zu tun. Verstanden?“
John musste sich zwingen, ihn nicht auszulachen, und bewahrte ihm zuliebe eine reglose Miene.
„Vertrauen Sie mir“, sagte John. „Sir“, setzte er nachträglich hinzu.
Fred glaubte, dass er ihm vertraute. Der Onkel hatte etwas an sich, das Respekt verlangte, ganz gleich, was seine Eltern oder sein anderer Onkel und dessen Frau über John geäußert hatten. Onkel John hatte Kraft, eine Unnachgiebigkeit, die niemand sonst hatte, den Fred kannte. Er fand es notwendig, hinzuzufügen: „Miss Merton hat niemanden, der sie in Schutz nimmt, keinen Vater, keinen Bruder. Verstehen Sie, deshalb muss ich das tun.“
John verstand das. Er begriff, dass Fred, um es milde auszudrücken, ein Faible für Miss Merton hatte. Er begriff auch, dass es Fred nie gestattet sein würde, sie zu heiraten. Deshalb nahm er ihm auch nichts weg. Ob er Miss Merton etwas wegnahm, war eine
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