Historical Lords & Ladies Band 40
hatte.
Miss Sadler war zierlich und dunkelhaarig mit großen Augen, aus denen sie einen ganz direkt anblickte. Sie hatte eine eigene Meinung und fürchtete sich nicht davor, diese auszudrücken. Was ihr an Gestalt fehlte, machte sie durch Temperament wett. Sie würde sich nicht zu einer Ehe zwingen lassen, die sie nicht wünschte.
„Kein Grund für dieses Schneckentempo“, rief ihn der Kutscher neben ihm in die Wirklichkeit zurück. „Die Pferde schlafen ja beinahe ein.“
„Entschuldigung, ich habe nachgedacht“, sagte Duncan und trieb die Pferde zu einem schnellen Trab an.
„Sie sollten lediglich darüber nachdenken, wo wir uns befinden, Captain. Vom nächsten Hügel aus sehen wir unten die Lichter der Stadt.“
Duncan lächelte und rief über seine Schulter hinweg den Passagieren zu: „Vor uns liegt Leicester.“
Zehn Minuten später fuhren sie in den Hof der Poststation. Duncan stand wie ein echter Kutscher da, tippte an den Hut und wünschte jedem Passagier eine gute Weiterfahrt. Es störte ihn auch nicht, dass er Trinkgelder erhielt, sogar von der alten Dame, die zu müde war, um ihn zu erkennen.
Tom, dem der Scherz gefiel, händigte ihm ein Fünfschillingstück aus. „Danke, guter Mann. Es war eine angenehme Reise.“
„Und Sie?“, erkundigte sich Duncan in weichem Ton bei Helen. „War es für Sie ebenfalls eine angenehme Reise?“ Einen kurzen Moment hielten sich ihre Blicke fest.
„Ja, vielen Dank“, erwiderte sie, während sie, seinen Augen ausweichend, in ihrem Retikül kramte. „Wenn ich nicht als Pfennigfuchserin gelten will, muss ich Ihnen wohl auch etwas geben.“
„In der Tat, das müssen Sie.“ Der Augenblick der Vertrautheit hatte sich verflüchtigt.
Sie reichte ihm eine Handvoll loser Münzen, die er auf seiner Handfläche ausbreitete. „Dies genügt“, sagte er, sortierte einen Farthing aus und gab ihr den Rest zurück. Das Geld drückte er, abgesehen von dem Farthing, dem Kutscher in die unversehrte Hand. „Für Ihren Begleiter, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen.“
„Wird gemacht, Captain“, versprach Martin Gathercole. „Ich wünsche Ihnen beiden eine gute Reise.“
Duncan entledigte sich des schweren Mantels, händigte ihn seinem Besitzer wieder aus und bot Helen den Arm. Gemeinsam gingen sie in den Gasthof, in dem Tom und Dorothy bereits verschwunden waren. Die alte Dame hatte das Ziel ihrer Reise erreicht, und die übrigen Passagiere zogen sich in ihre Zimmer zurück oder stiegen in andere Kutschen, die zur Abfahrt bereitstanden.
„Tom und ich werden hier übernachten“, verkündete Dorothy. „Falls wir jetzt weiterfahren, erreichen wir Derby in den frühen Morgenstunden. Wenn wir meine Tante um die Zeit wecken würden, bekäme sie einen Herzanfall. Außerdem wären wir beide müde und nicht imstande, unseren Fall zu erklären. Und ich möchte frisch sein, wenn ich ihr Angesicht zu Angesicht gegenübertrete.“
„Ein weiser Entschluss!“, stellte Helen fest.
„Sie und der Captain haben es bestimmt eilig, Ihre Reise fortzusetzen“, sagte Tom. „Bitte lassen Sie sich durch uns nicht aufhalten. Wir schaffen es auch allein.“
„Oh, nein, ich leiste Ihnen Gesellschaft, bis wir in Derby sind“, erwiderte Helen.
„Glauben Sie, dass Miss Carstairs eine Anstandsdame benötigt?“, fragte Duncan.
„Bei ihrer Tante wird es ihr helfen, erklären zu können, dass sie mit Mr Thurborn nicht allein war.“
„Sie beabsichtigen also, eine Nacht hierzubleiben. Drei Tage für eine Fahrt, die normalerweise vierundzwanzig Stunden dauert. Bei dem Tempo, in dem wir vorwärtskommen, werden wir bald sämtliche Kutschen von ganz Britannien benutzt haben.“
„Wir, Captain Blair? Aber Sie sind doch nicht zum Bleiben verpflichtet.“
Dorothy blickte von einem zum anderen. „Gütiger Himmel, Sie haben sich doch nicht etwa gestritten?“
„Selbstverständlich nicht, doch das spielt auch keine Rolle. Was der Captain tut, ist ganz allein seine Angelegenheit. Wir reisen getrennt.“
„Aber ich dachte …“ Dorothy verstummte verlegen.
Duncan lachte. „Liebe Miss Carstairs, die Sache ist ganz einfach. Miss Sadler ist entschlossen, auf Sie aufzupassen, ob Sie das nun wollen oder nicht, und ich bin entschlossen, auf Miss Sadler aufzupassen, auch wenn sie behauptet, gut allein fertig zu werden. Wir werden alle vier hier übernachten und die Fahrt morgen früh fortsetzen. Ich werde mich jetzt um Zimmer für uns bemühen.“ Er ging, um mit dem Wirt zu
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