Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
stellte er fest, sie könnte tatsächlich – unter den richtigen Umständen, und wenn man sie angemessen kleidete und frisierte – seiner Aufmerksamkeit wert sein.
Nur dass er noch immer nicht wusste, wer sie war. In jedem Fall war sie einige Jahre älter als die kleinen Hohlköpfe von Olivia Sulbys Format, die Almack’s unsicher machten. So wie Lady Sulby vorhin mit ihr gesprochen hatte, schien sie zum Haushalt zu gehören, wenn er sich auch nicht denken konnte, in welcher Stellung. Olivia Sulby, so viel wusste er bereits, war ein Einzelkind, also konnte dieses ungewöhnlich freimütige Geschöpf nicht Sir Barnabys Tochter sein.
Vielleicht Lady Sulbys Tochter aus einer früheren Ehe? Andererseits gab es nicht die geringste Ähnlichkeit zwischen der drallen Gastgeberin und seinem aufregenden schlanken Rotschopf.
Wenn sie tatsächlich eine junge, unverheiratete Dame aus gutem Hause war, konnte er sie nicht zu seiner Geliebten machen, sosehr sie auch sein Interesse geweckt haben mochte. Dass er überhaupt mit dem Gedanken spielte, war Grund genug für ihn, gebührenden Abstand zu ihr zu wahren. Und je eher das geschah, desto besser.
Bevor er sich dezent zurückziehen konnte, gesellte sich eine offensichtlich aufgebrachte Lady Sulby zu ihnen. „Wie ich sehe, haben Sie Jane Smith, das Mündel meines Gatten, kennengelernt, Euer Gnaden. Die liebe Jane kam von einem entfernten Verwandten Sir Barnabys zu uns. Einem verarmten Pastor in einer kleinen Landgemeinde“, fügte sie abfällig hinzu und bedachte den Gegenstand ihrer Rede mit einem kühlen Blick. „Du siehst sehr gut aus in diesem Kleid, Jane.“
Hawk hob unwillkürlich die Brauen über die Unaufrichtigkeit ihres Kompliments. Jane Smith? Der farblose Name passte ganz und gar nicht zu dieser ungewöhnlichen jungen Frau.
„Miss Smith.“ Er verbeugte sich förmlich. „Wäre es mir wohl erlaubt, Sir Barnabys Mündel zu Tisch zu geleiten, Lady Sulby?“, fragte er, als der Gong zum Mahl rief.
Selbstverständlich hätte diese Ehre Lady Sulby als Gastgeberin gebührt, doch aus einem unerfindlichen Grund empfand Hawk trotz seiner Entscheidung, sich von Jane Smith fernzuhalten, den Wunsch, seine Gastgeberin zurechtzuweisen.
Vielleicht, weil sie, gewiss mit voller Absicht, auf das Kleid aufmerksam gemacht hatte, in dem Jane sich so unbehaglich fühlte. Oder weil sie auf so herablassende Art über Janes verarmten Vater gesprochen hatte. Aus welchem Grund auch immer, Hawk war nicht geneigt, Lady Sulbys ärgerliche Aufmerksamkeiten über sich ergehen zu lassen – nicht einmal für die kurze Zeit, die es gedauert hätte, sie zu Tisch zu begleiten.
Andererseits verriet ihm der Ausdruck in Jane Smiths Augen, dass es vielleicht doch unklug von ihm gewesen war, ihr den Vorzug zu geben. Ihre nächsten Worte bestätigten seinen Verdacht.
„Wirklich, Euer Gnaden, das sollten Sie nicht.“
Nachdenklich betrachtete er sie, die plötzliche Blässe ihrer Wangen, die Verzweiflung in ihren dunkelgrünen Augen. Ganz im Gegensatz zu jeder anderen Frau aus seinem Bekanntenkreis versuchte Jane Smith eindeutig nicht, die besondere Aufmerksamkeit des Duke of Stourbridge zu gewinnen. Vielmehr flehte sie ihn wortlos an, sie in Ruhe zu lassen.
„In dem Fall … Lady Sulby?“ Er bot ihr den Arm, ein höfliches Lächeln auf den Lippen, das nicht ganz die Augen erreichte.
Es kostete seine Gastgeberin sichtlich Mühe, den eisigen Blick von Jane Smith zu nehmen, doch dann lächelte sie ihn schmeichelnd an. „Selbstverständlich, Euer Gnaden.“ Sie legte die Hand besitzergreifend auf seinen Arm und schritt majestätisch neben ihm zum Speiseraum.
Jane sah ihnen nach. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Lady Sulbys Blick hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie schon bald für diesen Affront würde zahlen müssen.
Warum hatte der Duke vorgeschlagen, sie zu Tisch zu geleiten? Er musste doch wissen, dass die Etikette vom Ehrengast verlangte, die Gastgeberin zu begleiten. Alles andere hätte einen kleinen Aufruhr verursacht.
Doch so sehr wünschte sich Jane, sie hätte sein Angebot annehmen können. Trotz seines Spotts auf ihre Kosten hätte sie sich nichts lieber gewünscht, als am Arm des vornehmen Duke of Stourbridge aus dem Raum geführt zu werden. Er war trotz seines Hochmuts so attraktiv, so eindrucksvoll und direkt, dass Jane wusste, sie würde später von seinen strengen und doch so faszinierenden Gesichtszügen träumen.
„Was fällt dir ein, dich so unmöglich
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