Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
mitgehört hatte – von dem Gerücht, ihre Verlobung sei ihnen aufgezwungen worden. Doch nach ihrem Verhalten heute Abend gab es vielleicht gar keinen Grund mehr für ein solches Gespräch. Wer würde jetzt, nachdem sie derart lange gemeinsam im Garten verschwunden waren, noch daran zweifeln, dass ihre Verlobung echt war?
„Und wessen Schuld ist das?“, fragte Grace schnippisch und bückte sich nach ihrem Fächer.
„Deine, würde ich sagen.“
„Meine?“ Sie richtete sich empört auf.
Er zuckte die Achseln. „Du solltest eben nicht so schön sein.“
Sie schnaubte ungeduldig. „Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen nicht mit mir flirten.“
„Das stimmt.“ Wieder nahm er ihren Arm, während sie gemeinsam auf das Haus zugingen. Er lächelte zufrieden, weil Grace ihn wenigstens nicht mehr mit „Mylord“ angesprochen hatte. „Aber es kann schließlich nicht Flirten genannt werden, wenn ich ganz einfach nur die Wahrheit ausspreche.“
Sie betrachtete ihn misstrauisch. Ihre Unerfahrenheit mit der Gesellschaft, in der er sein Leben lang gelebt hatte, ihre völlige Unfähigkeit, sich anders zu geben, als sie war, gaben ihr das Gefühl, sie könnte sich unmöglich mit den so viel schöneren Frauen der guten Gesellschaft messen. Im Vergleich zu ihnen kam sie sich unbeholfen vor und konnte sich nicht vorstellen, je das Interesse eines erfahrenen Mannes wie Lucian St Claire gewinnen oder gar halten zu können.
„Das glaube ich Ihnen nicht.“
„Du verletzt mich, wenn du glaubst, ich könnte mich um eine Frau bemühen, die nicht schön ist!“
Sie lächelte spöttisch. „Ich glaube, es gehört schon sehr viel mehr dazu als meine Meinung, Sie zu verletzen, Mylord.“
„Wirklich, Grace?“
Plötzlich stand er wieder viel zu dicht neben ihr. Ein Schauer überlief sie. „Worüber wollten Sie eigentlich heute Abend mit mir reden?“
Ungeduldig runzelte er die Stirn, ob diese Ungeduld aber ihr galt oder ihm selbst, hätte er nicht sagen können. Wenn er schon gezwungen war, dieses junge Ding zu heiraten, dann zu seinen Bedingungen, nicht zu ihren. Und ganz gewiss beabsichtigte er nicht, zum Sklaven seiner eigenen Begierde zu werden.
„Komm morgen früh mit mir in den Hyde Park. Dort werden wir reden.“
„Ein Ausritt in den Park?“ Ihre Miene erhellte sich. „Sie hätten nichts vorschlagen können, das ich mehr genießen würde. Ich liebe das Gefühl der Freiheit bei einem schnellen Galopp auf einem der Pferde meines Onkels …“
„Ich meinte eine Ausfahrt in meiner Karriole“, unterbrach er sie. Offenbar wusste sie nicht, welche Ehre er ihr mit dieser Einladung erwies. Er hatte noch niemals eine Frau in seiner Karriole mitfahren lassen.
„Oh.“ Ihre Freude erlosch. „Das hätte ich mir denken können.“ Sie zuckte resigniert mit den Schultern. „Ja. Wenn meine Tante es erlaubt, werde ich natürlich morgen früh gern mit Ihnen ausfahren.“
Er hatte das Gefühl, Grace etwas fortgenommen, ihr ein Vergnügen verwehrt zu haben. Und zu seinem Ärger gefiel ihm dieses Gefühl ganz und gar nicht. „Ich bin bereit, die Bequemlichkeit meiner Karriole gegen einen Ritt auf dem Pferd einzutauschen, wenn du es vorziehst.“
„Oh ja, das tue ich!“, rief sie begeistert.
Er zuckte mit den Achseln. „Trotzdem sollte ich dich warnen, dass ein Galopp, ob nun schnell oder nicht, eher verpönt ist.“
„Aber warum denn nur?“
„Weil, meine liebe Grace, die Damen und Gentlemen des ton , die sich in den Park begeben, sehen und gesehen werden wollen – und das ist im Galopp eher schwierig.“
Grace zog eine Grimasse. „Das klingt aber ziemlich langweilig, wenn es Ihnen nichts ausmacht, dass ich das sage.“
„Es macht mir überhaupt nichts aus.“ Er lächelte amüsiert. „Tatsächlich stimme ich dir sogar zu.“
„Wahrscheinlich muss ich auch schicklich im Damensattel sitzen und eins dieser eleganten Reitkostüme tragen, die meine Tante mir letzte Woche gekauft hat, richtig?“
Bei dieser Bemerkung sah er sie verwundert an. Der Missmut in ihrer Stimme schien anzudeuten, dass sie für gewöhnlich nicht im Damensattel ritt. Was für ein Leben hatte sie nur auf dem Gut ihres Vaters in Cornwall geführt? Natürlich, ihr Vater war ein Künstler gewesen, aber ihre Mutter war vor ihrer Hochzeit Lady Amalia Hopgood gewesen, Schwester der Duchess of Carlyne. Sie musste doch gewusst haben, was sich für eine junge Dame schickte und was nicht. Allerdings hatte sie dieses Wissen offensichtlich nicht
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