Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
viel zu tun gehabt in dieser Woche, dass es ihr nicht schwergefallen war, Lucian aus dem Weg zu gehen, doch jetzt wurde ihr bewusst, wie einsam der Weg war, der um den See führte. Schon begann ihr Herz auf die inzwischen so vertraute Weise schneller zu pochen.
Er hob die Augenbrauen. „Dass es nichts gibt, das ich tun könnte.“
Ihre Unruhe stieg. Seine Stimme klang auf einmal so heiser. Sie waren allein und sehr weit vom Haus entfernt. Zu weit entfernt von allen anderen.
Sie schluckte mühsam. „Natürlich bin ich dir sehr dankbar für deine Hilfe die letzte Woche über.“
Es war ihm gelungen, Francis und Darius voneinander fernzuhalten. Auf eine unerwartet sanfte Art, für die Grace ihn bewundert hatte, hatte er ihrer Tante Trost zugesprochen. Und ihr war nicht entgangen, wie er dafür gesorgt hatte, dass sie selbst zwischendurch immer wieder ein wenig ausruhen konnte.
All das hatte sie sehr zu schätzen gewusst, doch gleichzeitig war ihr aufgefallen, dass Lucian ihr aus dem Weg ging.
Jetzt lächelte er spöttisch. „Das klingt mir ganz so, als würde ein Aber folgen.“
Grace nickte. „Aber jetzt ist es Zeit, dass du zu deinem eigenen Leben zurückkehrst.“
„Man sollte meinen, meine Verlobte wäre Teil meines Lebens.“
„Lucian …“
„Grace.“ Er musterte sie kühl.
Sie seufzte. „Wir wissen beide, dass unsere Verlobung eine Lüge ist. Dass wir gezwungen waren, meiner Tante zuliebe daran festzuhalten. Aber es gibt keinen Grund, weswegen du noch länger hierbleiben solltest.“
„Mit anderen Worten: Du schickst mich fort.“
Seine Stimme klang seltsamerweise wütend. „Natürlich schicke ich dich nicht fort. Ich erlaube dir einfach nur … Ich möchte … Du weißt genau, was ich zu sagen versuche, Lucian!“, endete sie ungeduldig, doch als sie Zorn in seinen Augen aufblitzen sah, schluckte sie verunsichert.
Seine Wut rief ihr wieder in Erinnerung, dass sie hier völlig allein waren …
Langsam neigte Lucian den Kopf. „Ich glaube, du möchtest mir sagen, dass ich meine Schuldigkeit getan habe und jetzt gehen kann.“
„Ich … Nein, ich habe nicht … Ach, es ist unmöglich, mit dir zu reden, wenn du in dieser Stimmung bist!“ Heiße Röte stieg ihr in die Wangen.
Lucian hatte die Farben der Trauer schon immer gehasst – das trostlose Schwarz und Grau erinnerte ihn zu sehr an den Tod seiner eigenen Eltern.
Graces schwarzes Seidenkleid allerdings, mit der hohen Taille und dem Mieder, das sich eng an ihre vollen Brüste schmiegte, wirkte an ihr eher sinnlich und verführerisch als bedrückend. Ihre Haut schimmerte rosig, und ihre so ausdrucksvollen grauen Augen erschienen ihm noch größer, noch unergründlicher als sonst. Das Rot ihrer schönen Lippen und der lange, schlanke Hals waren eine unwiderstehliche Versuchung für ihn …
Lucians Blick heftete sich auf ihren Mund. „Was für eine Stimmung meinst du, Grace?“
„Du missverstehst mich mit voller Absicht. Du provozierst mich ganz bewusst!“
Im Morgengrauen war Lucian mit Graces Geschmack auf den Lippen aufgewacht, mit dem Gefühl ihrer seidenweichen Haut an seinen Fingerspitzen und der Wärme ihres Körpers an seinem. Er war hart vor Verlangen gewesen und voller Begierde, Grace zu zeigen, was es hieß, von einem Mann geliebt zu werden. Da es aber unmöglich war, hatte er in seiner Verzweiflung Winton Hall verlassen und war in das eisige Wasser des Sees getaucht, an dem sie jetzt entlanggingen.
Ohne dass es sehr viel gebracht hätte, wie es aussieht, dachte Lucian selbstironisch. Er brauchte Grace nur anzusehen und war schon wieder verrückt nach ihr. Heiß rauschte das Blut in seinen Adern, und er war sogar noch erregter als heute Morgen.
„Und was ist mit der Provokation, die du für mich bedeutest, Grace?“
Sie sah ihn unsicher an. „Ich wollte dir nur die Gelegenheit geben … eine Ausrede für deine Abreise …“ Verwirrt hielt sie inne, als sie bemerkte, dass sein Blick auf ihrem Mund ruhte.
Unwillkürlich benetzte sie sich die Lippen mit der Zungenspitze, der Atem stockte ihr für einen Moment, und sie stellte betroffen fest, dass sie ihrerseits nicht den Blick von Lucians Gesicht nehmen konnte. Die Erinnerung an alles, was zwischen ihnen vorgefallen war, als sie das letzte Mal allein gewesen waren, stürmte auf sie ein und ließ sie heiß erröten.
Selbst die Bäume um sie herum schienen stiller zu werden, die Vögel verstummten. Kein Geräusch war zu vernehmen bis auf ihren Atem – ihr
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