Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)

soll nur Miss Hetherington holen, weil es einen Unfall gegeben hat …“
    „Wer hat dich geschickt?“
    „Der Duke, Sir. Ich meine, Seine Gnaden, Eure Lordschaft. Sie sollen sofort kommen, Miss Hetherington.“
    „Rose, ich möchte, dass du hierbleibst und diese Dinge in den Korb zurücklegst, während ich Miss Hetherington in der Kutsche heimfahre.“ Lucian ergriff Grace am Arm. Dass sie keinen ihrer üblichen Proteste folgen ließ, zeigte ihm, wie verstört sie sein musste.
    Sie folgte ihm wortlos und ließ sich von ihm auf die Kutsche helfen. Gleich darauf war er neben ihr und ergriff die Zügel. „Mir schien, als wäre das Mädchen eher aufgeregt gewesen als bestürzt“, sagte er, um Grace zu beruhigen.
    „Das ändert nichts an der Tatsache, dass Darius sofort nach mir geschickt hat.“
    „Nein, das stimmt.“
    Grace sah ihn verwundert an. „Du stimmst mir tatsächlich einmal zu?“
    Er lächelte nur und verwandte seine ganze Aufmerksamkeit darauf, die Kutsche zu lenken. Sosehr er Grace auch geraten hatte, sich keine übertriebenen Sorgen zu machen, so wenig gefiel es ihm, dass im Haushalt der Wynters offenbar schon wieder etwas vorgefallen war. Die Familie schien in den vergangenen Monaten regelrecht heimgesucht zu werden von Unfällen. Zuerst war Darius’ Frau vom Pferd gefallen und hatte sich den Hals gebrochen. Dann hatte die Kutsche, in der der Duke und die Duchess mit Grace zur Londoner Saison reisen wollten, ein angeknackstes Rad gehabt. Dieser Vorfall hätte sehr viel ernstere Folgen haben können, wenn das Rad tatsächlich gebrochen wäre. Grace hatte sich darüber offensichtlich noch keine Gedanken gemacht, aber sie würde es tun, wenn sie sich in aller Ruhe hinsetzte und überlegte. Schließlich waren da noch die plötzlichen Herzanfälle des Dukes, kaum dass er in London angekommen war.
    Gewiss, die Anfälle konnten nicht als Unfall bezeichnet werden, dennoch würden die Klatschmäuler sich nicht die Mühe machen zu unterscheiden. Und ein weiterer „Unfall“ würde neuen Klatsch in die Welt setzen, wenn nicht gar einen Skandal verursachen.
    Der erste Mensch, den sie wenige Minuten später in Winton Hall trafen, war Darius Wynter. Der neue Duke stand in der Eingangshalle und unterhielt sich leise mit einem Mann, dessen Aufzug vermuten ließ, dass es sich um einen der Gärtner handelte.
    Als er Lucian und Grace entdeckte, schickte er den Mann fort und kam herüber. „Es gibt keinen Grund, besorgt zu sein, Grace.“ Er nahm beruhigend ihre Hand, seine Miene blieb jedoch ernst. „Wir haben schon nach dem Arzt geschickt.“
    „Tante Margaret?“ Statt sie zu beschwichtigen, erschreckte seine knappe Bemerkungen sie nur noch mehr, und sie entriss ihm ihre Hand. „Was haben Sie Tante Margaret angetan? Sagen Sie mir, was ihr zugestoßen ist!“
    „Nichts ist ihr zugestoßen.“
    „Rose sprach von einem Unfall …“
    „Rose ist das Dienstmädchen, nehme ich an?“ Darius schüttelte den Kopf. „Margaret war nicht in den Unfall von heute Morgen verwickelt.“
    „Aber wer …“
    „Francis“, antwortete er finster. „Francis hatte einen Unfall. Margaret ist bei ihm und wartet darauf, dass der Arzt kommt. Wohin wollen Sie, Grace?“, fügte er herrisch hinzu, als sie zur Treppe eilte.
    Sie machte sich nicht einmal die Mühe, ihm zu antworten, sondern hob ihren Rocksaum und lief die Treppe hinauf zu Francis’ Schlafzimmer.
    „Darius?“ Lucian betrachtete seinen Freund aus leicht zusammengekniffenen Augen.
    Mühsam rang dieser um seine Fassung, und als er sich zu ihm umwandte, war seine Miene grimmiger denn je. „Möchtest du mich in die Bibliothek begleiten? Ich will etwas mit mir besprechen.“
    „Dann hoffe ich allerdings, dass du mitteilsamer sein wirst als gestern Abend“, meinte Lucian trocken.
    „Das werde ich wohl sein müssen“, erwiderte Darius seufzend.
    Nach einem letzten Blick zur Treppe folgte Lucian ihm in die Bibliothek. Insgeheim hoffte er, dass Grace sich wieder gefangen haben würde, wenn sie herunterkam.
    „Francis wurde genau an der Stelle beim See angegriffen, wo wir ihm gestern begegnet sind“, sagte Grace, als sie mit Lucian allein beim Abendessen saß. Die Duchess war auf ihrem Zimmer geblieben, und auch Darius hatte sich entschuldigt.
    Nachdem Tee und Brandy gebracht worden waren, hatte Grace die Diener fortgeschickt. Sie sah nicht ein, warum sie sich in den Salon zurückziehen sollte, wenn nur sie und Lucian anwesend waren. Außerdem hatten sie seit