Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
erlauben.
„Lucian, kommst du bitte herein?“, rief Darius müde.
„Seine Gnaden befiehlt!“, zischte Francis scharf, bevor er sich abwandte und davonstolzierte.
Nachdenklich blieb Lucian einen Moment in der Halle stehen und sah schließlich ein, dass er, so wie die Dinge standen, unmöglich am nächsten Tag abreisen konnte. Erst musste er dafür sorgen, dass Grace sicher mit ihrer Tante im Dower House unterkam.
„Lucian?“
Er presste verstimmt die Lippen zusammen. Was immer Grace und Francis auch denken mochten, er war es nicht gewohnt, herumkommandiert zu werden. Im Gegenteil, in der Armee hatte er als Major sein eigenes Regiment befehligt. Und so lag es ihm eher, selbst Befehle zu erteilen, statt sie auszuführen.
„Würdest du mir bitte die Ehre erweisen und dich für ein Glas Brandy zu mir gesellen?“ Darius rief dieses Mal nicht aus dem Speisezimmer, sondern stand plötzlich an der offenen Tür. Der Blick seiner kobaltblauen Augen war düster, und ein müder Zug lag um seinen Mund. „Ich brauche in diesem Moment die Gesellschaft eines Freundes.“
Darius war seit langer Zeit sein Freund, zwar nicht so eng, wie Simon es gewesen war, aber doch ein Freund.
„Gut.“ Lucian nickte und betrat das Speisezimmer. „Was zum Teufel geht hier vor?“ Er sah Darius dabei zu, wie der zwei Gläser Brandy einschenkte.
„Ich kann es nicht sagen.“ Sein Freund reichte ihm ein Glas.
„Kannst du es nicht, oder willst du nicht?“
„Ich will nicht. Es ist … eine Familienangelegenheit.“
Lucian hob die Augenbrauen. „Und hat diese Familienangelegenheit etwas mit dem Tod deines Bruders und deinem Benehmen seiner Witwe gegenüber zu tun?“
Darius’ Miene verschloss sich. „Ich bat dich als Freund herein, Lucian, nicht als meinen Inquisitor!“
In einem Zug leerte Lucian sein Glas. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich noch kenne, Darius.“
„Kennst du mich nicht, oder willst du mich nicht kennen?“
„Dreh mir nicht die Worte im Mund herum!“
„Was willst du von mir wissen?“, fragte Darius und lächelte freudlos. „Ich rate dir, gut nachzudenken, bevor du antwortest“, fügte er leise hinzu. „Überlege zuerst, was du mit der Wahrheit tun wirst, wenn du sie kennst.“
Lucian runzelte die Stirn. „Niemand steht über der Wahrheit.“
„Nein? Du glaubst nicht, dass es manchmal besser ist, die Wahrheit zum Schutz der anderen zu verbergen?“ Er füllte sein Glas nach.
„Was meinst du damit?“
Darius lachte. „Oh nein, Lucian. Dieses Gespräch lasse ich mir nicht aufzwingen.“
„Dann beenden wir es am besten sofort.“ Lucian stellte sein leeres Glas hart auf den Esstisch. „Grace möchte mit ihrer Tante ins Dower House ziehen. Ich hoffe, sie hat deine Erlaubnis.“
Plötzlich sah Darius wieder sehr müde aus. „Lucian, was immer Francis auch angedeutet haben mag – ich versichere dir, dass ich keine Absichten auf Grace habe.“
„Das wäre auch besser.“ Lucian nickte knapp und ging auf die Tür zu.
„Ja, vielleicht. Ich wünschte …“
Abrupt drehte Lucian sich um. „Ja?“
Darius schüttelte nur den Kopf. „Mit Wünschen kann man nicht ändern, was geschehen ist. Man kann nur damit leben.“
„Und kannst du damit leben?“
„Es bleibt mir keine andere Wahl“, erwiderte Darius düster.
„Es gibt immer eine andere Wahl.“
„Das dachte ich bis vor Kurzem auch, aber die jüngsten Ereignisse haben mir das Gegenteil bewiesen.“
Nach einem letzten forschenden Blick ließ Lucian seinen alten Freund allein.
„Es ist sehr freundlich von dir, dass du dir meiner Tante zuliebe so viel Mühe machst.“
Lucian half Grace am folgenden Morgen dabei, einer kleinen Armee von Dienern Anweisungen zu geben. Sie waren von Winton Hall ausgeliehen worden und sollten das Dower House für die Duchess vorbereiten.
Amüsiert hob er die Augenbrauen. „Überrascht es dich, dass ich freundlich sein kann, Grace?“
„Oh, ich weiß sehr wohl, dass du das kannst.“ Sie lachte. „Aber es gehört wirklich nicht zu deinen auffälligeren Eigenschaften!“
„Jetzt hast du mich aber zutiefst verletzt!“
Grace reagierte nicht auf seinen Scherz. „Nach unserer Unterhaltung gestern hatte ich nicht damit gerechnet, dass du heute so zuvorkommend sein und mir auch noch dabei helfen würdest, mit meiner Tante ins Dower House umzuziehen.“
„Darius musste nun einmal erst seine Einwilligung geben“, meinte er, plötzlich wieder ernst.
„Und das hat er getan, sagst
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