Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
nicht.“
„Das ist wirklich kein Gespräch, das man bei Tisch führen sollte, meine Liebe“, tadelte die Duchess of Carlyne mild. „Sie müssen meine Nichte entschuldigen, Lord St Claire. Sie hat ihr ganzes Leben mit ihren Eltern auf dem Land gelebt – meiner geliebten verstorbenen Schwester und ihrem Gatten. Grace weiß noch nicht, wie man sich in Gesellschaft verhält.“
„Aber nein, ich finde Miss Hetheringtons Unterhaltung sehr … erfrischend“, wehrte Lucian ab, den Blick unverwandt auf Graces leicht gerötetes Gesicht geheftet. „Sagen Sie mir bitte, Miss Hetherington, welche Meinung haben Sie über die finanziell weniger gut gestellten Gentlemen des ton ?“
Grace wusste, dass Lord Lucian sie absichtlich reizte, damit sie ihre wenig schmeichelhafte Meinung über die Gesellschaft äußerte, der er angehörte – und mit der er spielte. Obwohl sie ihn nicht kannte, war sie davon überzeugt, dass dieser Mann gern mit Worten spielte, um sich zu amüsieren.
Doch ihre aufgeschlossenen Eltern hatten Grace beigebracht, sich in einem solchen Umfeld zu behaupten. „Jene Gentlemen kümmern sich selbstverständlich nicht so sehr um das Aussehen einer Dame und noch weniger um ihre Abstammung. Ihnen ist nur wichtig, dass ihre zukünftige Gattin über das Vermögen verfügt, das sie brauchen, um das Leben zu führen, das ihnen ihrer Meinung nach zusteht.“
Lucian St Claire gab nicht länger vor zu essen, sondern schob den Suppenteller von sich, um Grace seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken. „Und in welche dieser Kategorien würden Sie mich einordnen, Miss Hetherington?“ Seine Stimme war leise – gefährlich leise.
Ein Moment verging, als müsste Grace überlegen. Doch nach Francis’ Beschreibung glaubte sie bereits zu wissen, was für ein Mann Lord Lucian war. Auch sie schob ihren Teller von sich und sah ungerührt in sein spöttisches Gesicht. „Meiner Meinung nach gibt es noch eine dritte Kategorie von Männern.“
„Nämlich?“ Die Belustigung schien einer anderen, dunkleren Empfindung gewichen zu sein. Lord Lucians Augen blickten jetzt eher kühl.
Grace zuckte nur unbekümmert mit den Achseln. „Da sind noch die Gentlemen, die sowohl Geld als auch einen Titel besitzen, allerdings keinen Bedarf an einer Ehefrau, welcher Art auch immer. Sie sehen in einer Frau – ob verheiratet oder ledig – nichts weiter als ein Spielzeug.“
„Und Sie glauben, ich gehöre zu dieser dritten Kategorie?“ Seine Frage klang eindeutig herausfordernd.
„Das kann ich wirklich nicht sagen, Mylord“, antwortete sie nur sanft. Ein Blick in das missbilligende Gesicht ihrer Tante zeigte Grace, dass sie die Unterhaltung nicht weiter verfolgen sollte und wahrscheinlich schon viel zu weit gegangen war. Zwar war sie von Lucian St Claire dazu aufgestachelt worden, aber Grace wusste trotzdem, wie unvorsichtig es war, ihre Meinung so frei zu äußern.
Also senkte sie wieder den Blick, um ihren Zorn zu verbergen. „Meine Tante hat recht, Sir, wenn sie sagt, dass ich die feinen Nuancen des ton nicht gewohnt bin. Ich entschuldige mich, falls ich Sie mit meinen Bemerkungen beleidigt haben sollte. Vielleicht war ich etwas zu … direkt mit meinen Ansichten.“ Sie hatte sich wieder gefasst und sah gelassen auf. „Auch war es falsch von mir, so Ihre Aufmerksamkeit an mich zu reißen. Ich bin sicher, dass mein Onkel darauf brennt, Ihnen von dem erstklassigen Pferd zu erzählen, das er kürzlich erstanden hat.“ Sie schenkte ihrem Onkel ein liebevolles Lächeln.
Zu seiner eigenen Überraschung war Lucian enttäuscht darüber, dass sein Gespräch mit Grace Hetherington ein so abruptes Ende fand. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl gehabt, einen ehrlichen Meinungsaustausch mit einer Frau zu führen, die nicht seine Schwester war. Arabella war sogar noch unverblümter als Grace. Der Himmel mochte den Männern des ton beistehen, sollten Grace Hetherington und Arabella St Claire sich in der kommenden Saison in London begegnen und anfreunden!
Doch das neue Thema war angeschnitten worden, und die drei Männer begannen, sich über Pferde zu unterhalten, während die Duchess den Moment nutzte, um ihre Nichte noch einmal wegen ihres mangelnden Taktgefühls zu schelten. Lucian nahm es bedauernd zur Kenntnis, da Grace daraufhin still blieb, bis das wirklich hervorragende Dinner beendet war. Vielleicht machte das Essen, wie der Duke gesagt hatte, wirklich alle übrigen Unannehmlichkeiten wett.
Das gute
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