Historical Platin Band 04
unterschiedlichsten Düfte mischten sich, und die Luft war schwer vom Geruch des Rosmarin, der Kalaminthe und des Wohlgemut, der Rosen, Lilien und der Veilchen.
„Wo wart Ihr so lange, Madame?“, wandte Isabeau sich ungehalten an Madame d’Edgemoor, zwängte sich durch das Gewirr aus Menschen und Gegenständen zu ihr und zog sie mit sich zu ihrer Truhe.
„Ich hatte etwas zu erledigen“, antwortete Mellisynt ausweichend.
„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, Madame, uns für das Festmahl herrichten zu lassen“, jammerte Isabeau. „Wir müssen uns sputen. Eure Robine, Madame, ist so aufgeregt, dass sie Euch kaum von Nutzen sein wird. Erlaubt mir, Euch die Hilfe meines Kammerweibes anzudienen, damit Ihr später hübsch und gefällig ausseht.“
Verblüfft schaute Mellisynt die Demoiselle ob ihrer ungewohnten Freundlichkeit an.
„Versteht mein Entgegenkommen als kleinen Dank für Eure Fürsorge, die Ihr mir auf der Überfahrt habt angedeihen lassen, Madame“, fuhr Isabeau verlegen fort. „Ich bin Euch von Herzen dafür verbunden.“
Mellisynt wusste, dass es Mademoiselle de Brissac nicht leichtfiel, Dankbarkeit zu bekunden, und erwiderte freundlich: „Das ist nicht der Rede wert, Demoiselle. Ich befürchte jedoch, dass auch Eure Jungfer Herlève mich nicht ansehnlicher machen kann.“
„Ihr unterschätzt Euch, Madame“, entgegnete Isabeau kopfschüttelnd.
Schmunzelnd ging Mellisynt zu ihren großen, eisenbeschlagenen Kasten, hieß Robine, diese aufzumachen, und überlegte dann, was sie für den festlichen Anlass anziehen solle. Unschlüssig schaute sie auf die mitgebrachten Kleider und war erleichtert, als Mademoiselle de Brissac sich erbot, sie zu beraten. Schließlich befand man eine lichtgraue Tunika aus weicher Seide mit kunstvollem Faltenwurf für geeignet, doch mit dem hellgelben Obergewand war die Demoiselle nicht einverstanden.
„Nein, Madame, das macht Euch zu fahl im Gesicht“, gab Isabeau ihr zu bedenken. „So Ihr es mir nicht verargt, würde ich Euch meine purpurne Sukni für den Abend überlassen.“
Nach einigem Bedenken willigte Mellisynt ein, wartete geduldig, bis die Kammerfrau ihre Herrin hergerichtet hatte, und ließ sich dann von ihr und Robine zur Hand gehen. Nach einer geraumen Weile begutachtete sie sich im polierten Silberspiegel, den Robine ihr vorhielt, und ihn schließlich, nachdem sie zufrieden genickt hatte, am Gürtel befestigte. Zum Schluss befestigte sie die Fibel, die der Gatte ihr mitgebracht hatte.
Unbehaglich schaute sie die kostbar aufgeputzte Mademoiselle de Brissac an und erkundigte sich in gedämpftem Ton: „Stört es Euch, Demoiselle, dass jetzt ich die Zierde trage, die einst Eurer Mutter gehörte und an Euch hätte übergehen sollen?“
„Gewiss, Madame“, gab Isabeau freimütig zu. „Indes betrachte ich den Verlust als nicht gravierend, so ich zum Ausgleich einen stattlichen, begüterten Gatten bekomme, der derart von meinen Reizen betört ist, dass ich ihn leicht um den Finger wickeln und dazu bringen kann, mir viele andere Kleinodien zu schenken.“
„Ihr solltet nicht nur danach trachten, Demoiselle, einen Gemahl zu haben, der wohlhabend ist. Das allein würde Euch nicht viel Freude im Leben bringen. Ich spreche aus Erfahrung.“
„Von meinem zukünftigen Eheherrn erwarte ich nicht, dass er mir in Liebe zugetan ist“, entgegnete Isabeau achselzuckend. „Ich lege mehr Wert darauf, an seiner Seite ein glanzvolles Dasein zu führen.“
„Ihr wollt auf eine minnigliche Beziehung verzichten, Demoiselle?“, wunderte sich Mellisynt.
„Ja, wenn es nicht anders möglich ist“, gestand Isabeau offenherzig. „Der Chevalier, dem ich meine Gunst gewähre, wird mir die Wonnen der Minne schenken. Eines Tages begegnet mir sicher ein schmucker Mann, dem ich mein Tüchlein überreiche, weil er es wert ist, mit meiner Huld belohnt zu werden.“
Irritiert schloss Mellisynt sich den die Kammer verlassenden Damen an. Sie begriff nicht, warum die Demoiselle von vornherein so dagegen eingestellt war, die Liebe ihres Gemahls zu erringen. Sie hatte sich ganz bewusst für ihren Gebieter schön gemacht, auch wenn es immer wieder hieß, ein Mann könne keine glutvolle Verehrung für ein Weib empfinden, das sein Eigen sei.
Verwirrt folgte sie dem Knappen, der sie und die Demoiselle zum Rittersaal geleitete, wo ein jeder der Gäste seinem Rang gemäß den Platz zugewiesen bekommen hatte. Es waren derer so viele, dass nur die vornehmsten Würdenträger sich
Weitere Kostenlose Bücher