Historical Platin Band 04
ständigen Nähe zueinander die zwischen ihnen entstandene Kluft überbrücken ließ. Es musste möglich sein, einen Weg zu finden, das Wohlwollen des Gatten zurückzugewinnen.
Die Nächte an seiner Seite waren ihr zur Qual geworden, und tagsüber hatte sie seine Gesellschaft vermisst. Er war fortwährend mit den Rittern und Baronen zusammen gewesen, auf Ausritten in die Umgebung, bei Jagden, Wettspielen und Trinkgelagen. Wiederholt war Mellisynt von Übelkeit erfasst worden und hatte sich zunehmend elender gefühlt. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass das Bewusstsein, sich gegen ihn behauptet zu haben, einen derart bitteren Geschmack auf der Zunge hinterlassen würde.
Unvermittelt krampfte sich ihr der Magen zusammen, doch tapfer sagte sie sich, sie müsse durchhalten. Bestimmt würde das Unwohlsein sich geben, wenn man die Stadt hinter sich hatte und auf ebenerem Gelände war. Diese Annahme erwies sich indes als Trugschluss, und Mellisynt war kaum noch imstande, sich zu beherrschen. Der Schweiß brach ihr aus, und schließlich, als der Tross ein Gehölz durchquerte, äußerte sie halb erstickt: „Lasst halten, Sire!“
„Warum?“, fragte er erstaunt. „Ihr habt doch ein weiches Kissen unter Euch. Noch könnt Ihr nicht wund gesessen sein.“
„Ich … ich … muss … mich erbrechen“, stammelte sie.
Hastig hielt er den Wallach an, schwang sich aus dem Sattel und half ihr zu Boden.
Sie rannte hinter einen Busch und übergab sich, bis sie glaubte, sterben zu müssen. Zitternd und mit dem Gefühl, vollkommen entkräftet zu sein, griff sie in die eingenähte Tasche und zog das Tüchlein heraus. Fahrig reinigte sie sich das verschmutzte Kinn, wischte Spritzer von der Kleidung ab und lehnte sich, tief durchatmend, an einen Baum.
Richard war mit dem Weinschlauch zu ihr gegangen, zog den Pfropfen heraus und hielt ihn ihr hin.
Matt nahm sie ihn entgegen, setzte ihn an die Lippen und spülte sich mehrmals den Mund aus. Dann trank sie langsam einige Schlucke und spürte wohlige Wärme sie erfassen.
„Fühlt Ihr Euch besser, Madame?“, erkundigte Richard sich besorgt.
Sie nickte, unfähig, einen Laut herauszubringen. Es wäre richtiger gewesen, dem Gemahl zu sagen, dass sie guter Hoffnung war, doch sie konnte sich nicht dazu überwinden. Sie nahm sich vor, ihren Zustand so lange wie möglich zu verheimlichen und dem Gatten erst dann mitzuteilen, dass sie gesegneten Leibes war, wenn sie beide wieder eine annehmbare Beziehung zueinander hatten.
„Ich … bekümmert Euch nicht meinetwegen, Sire“, flüsterte sie. „Ich bin ein wenig unpässlich, weil ich mich immer noch nicht an das Reiten gewöhnt habe.“
„Seid Ihr sicher, Madame, dass Euer schlechtes Befinden keine andere Ursache hat?“, fragte Richard stirnrunzelnd.
„Wie kommt Ihr darauf?“
„Nun, des Nachts wälzt Ihr Euch sehr unruhig hin und her“, antwortete er ernst. „Euch ist die Enthaltsamkeit, die Ihr Euch auferlegt habt, ebenso wenig genehm wie mir.“
„Welch aberwitziger Einfall“, murmelte Mellisynt kopfschüttelnd.
„Wie lange gedenkt Ihr noch, Madame, Euch mir zu verweigern?“, fragte Richard schroff und ergriff sie hart am Arm.
„Das weiß ich nicht“, sagte sie unsicher.
„Soll ich mich mit Euren Launen abfinden, bis Ihr von allein zu mir kommt, weil Ihr Euer Verlangen nicht mehr bändigen könnt?“
Sie empfand einen Stich im Herzen. Der Gatte hatte nicht begriffen, warum sie sich ihm verwehrte. Verstört überlegte sie, ob und wie sie ihm ihre ablehnende Haltung erklären solle, und rang sich nach einem Moment dazu durch, einen Versuch zu wagen. „Ich habe mich Euch entzogen, Sire, weil ich mich nicht nur mit Eurer Sinnlichkeit begnügen mag.“
„Was wollt Ihr noch von mir? Ich respektiere Euch! Ihr seid meine geachtete Gefährtin, habt in allem das Euch zustehende Mitspracherecht, sowohl in familiären Angelegenheiten wie in den Belangen unseres Besitzes, und Euren Brautschatz habe ich nicht angetastet.“
Schweigend schüttelte sie den Kopf.
„Ich bin Euch treu und beschäme Euch nicht durch Fehltritte!“
„Das weiß ich“, flüsterte sie und schämte sich, weil der Gatte sie an ihr mangelndes Vertrauen erinnert hatte.
„ Parbleu !“, fluchte er. „Was erwartet Ihr dann noch von mir?“
„Ich möchte die Zuneigung von Euch bewiesen bekommen, die Euch mit Euren Kumpanen verbindet“, antwortete sie leise.
„Ihr seid nicht bei Trost, Madame!“, ereiferte er sich. „Wie könnt Ihr unsere
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