Historical Platin Band 04
Raumes zurückgezogen. Sie war nicht mehr das aufsässige Weib, das sich gegen die Reisigen gestellt und höhnisch Micheil vorgeworfen hatte, er habe sie mit Hunden und Reitern aufspüren müssen. David hatte nicht mehr von ihr geträumt. Er wusste jedoch, dass sie gequält worden war. Nur ein Gimpel hätte das angesichts der Verletzung geleugnet. „Ich wünschte, ich könnte dir zu dem verhelfen, was du dir am meisten ersehnst“, murmelte er.
„Nur dein ältester Bruder oder der Tod können mir das geben“, erwiderte Seana leise.
David beäugte die gerupften Tauben, die sie mit Gewürzen bestreute und eine nach der anderen auf einen Eisenspieß schob. Er wandte sich ab, schlenderte zur Esse und schnitt sich ein Stück vom Käse ab, der sich im Kasten befand. Erneut merkte er, dass Seana jede seiner Bewegungen beobachtete.
„Niemand würde wagen, dich des Diebstahls zu zeihen“, äußerte sie verbittert. „Mir hingegen soll die rechte Hand abgeschlagen werden. Ach, was rede ich!“
„Bist du hungrig?“
Seana senkte die Lider und schüttelte den Kopf.
David schnitt ein weiteres Stück vom Käse ab, nahm es an sich und legte es vor sie hin. „Ich habe kein Lust, allein zu essen“, bemerkte er lächelnd.
Hastig verschlang sie es und blickte ängstlich zwischen Master David und der offenen Pforte hin und her. Er gab ihr weitere Käsestücke und berichtete dabei, Micheil sei zu dem Teil des Hausgutes geritten, der an die Ländereien der MacSutherlands grenzte. „Er würde alles tun, um den Frieden für unsere Sippschaft herbeizuführen“, erklärte er, „doch es gibt zu viele Leute, die gegen ihn sind.“
„Er ist ein Marodeur und kennt keine andere Art, Streitigkeiten zu bereinigen als durch Mordbrand und den Tod vieler Menschen, gleichermaßen seiner Gegner wie Unbeteiligter.“
„Das stimmt nicht“, widersprach David. „Du musst begreifen, dass er nicht in Fehde liegen will. Er wollte deinen Bruder herausfordern, doch unser Vater hat ihn einen heiligen Eid darauf ablegen lassen, dass er Vergeltung nur in dessen Sinne übt. Für ein Weib ist es nicht einfach, den Ehrbegriff eines Mannes zu verstehen.“
Seana fragte sich, warum die Meierin so lange im Keller blieb. Wäre Master David nicht gekommen, hätte sie sich allein im Backhaus befunden, wie damals, als Master Niall es betreten hatte. Wider Willen tröstete sie die sanfte Art, wie Master David zu ihr sprach, derweilen er ihr Geschichten aus der Jugend seiner Geschwister berichtete. Sie wurde gewahr, dass Micheil stets seinen eigenen Weg hatte gehen wollen. Doch das hatte er nicht mehr tun können, nachdem er das Oberhaupt der MacGlendons geworden war. Im Gegensatz zum Besitz eines Mannes, der nach dessen Tod auf seinen Stammhalter überging, wählte eine Sippe ihren Anführer. Unwillkürlich formte sich für sie ein anderes Bild von Micheil, eines Mannes, der seine Rosse schätzte und sein Hausgut. Sie erkeckte sich, Master David einige Fragen zu stellen, die ihr seit Langem auf der Seele lagen, wenngleich es ihr schwerfiel, sie zu formulieren, da sie sehr persönlicher Natur waren. „Ich habe nie einem anderen Mann beigelegen denn Micheil“, äußerte sie zögernd. „Es fällt mir nicht leicht, dich das zu fragen, doch ich wüsste gern, welches Los meinem Kind beschieden ist, so ich von deinem Bruder empfangen haben sollte.“
„Bist du guter Hoffnung?“
Seana stellte den Milchseiher ab, den sie gesäubert hatte, drehte sich zu Master David um und antwortete, den Blick auf ihre Hände gerichtet: „Es ist noch zu früh, um mit Sicherheit sagen zu können, dass ich gesegneten Leibes bin.“
„Wenn er die Frucht seiner Lenden anerkennen will, kann nichts ihn daran hindern.“
Statt beruhigt zu sein, war Seana bekümmert.
„Ich kann nicht endgültig sagen, wie Micheil sich verhalten würde. Er lässt gewiss nicht zu, dass man seinen Spross einen Lasterbalg nennt.“
„Und wie würde er sich mir gegenüber betragen?“, erkundigte sie sich bang und verkrampfte die Hände in den Falten ihres Gewandes.
„In der Nacht, als er dich herschaffte, äußerte er, dass er dich noch immer als seine Verlobte betrachte. So er dich liebte, würde er sich mit dir vermählen.“
„Er weiß nicht, was Liebe ist. Um lieben zu können, muss man Vertrauen haben. Nur ein aberwitziges Weib würde glauben, ein Mann wie er sei dazu fähig.“
„Er ist ein unerschrockener und ansehnlicher Mann. Es gibt viele Frauen, die gern sein Herz für sich
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