Historical Saison Band 06
Harriet ihrer Gesellschafterin beraubt ist, müssen wir eben Aktivitäten finden, die man in der Nähe des Hauses veranstalten kann.“
Georgie schluckte und bewahrte Haltung. Lady Townends Frostigkeit traf sie tief, aber sie hatte nichts anderes erwartet. Sie hatte selbst beobachten können, wie sehr Lady Townend ihrem Cousin Anthony zugetan war und dass sie nie eine Gelegenheit ausließ, ihn liebevoll zu necken. Warum sollte sie sich über eine Ehefrau an Anthonys Seite freuen, die ihn so schäbig behandelt hatte?
„Sie müssen nicht denken, dass ich plötzlich abgeneigt bin, Miss Lyndhursts Gesellschaft zu ertragen, Lady Townend“, erwiderte sie ruhig. „Ich mag sie sehr gern. Wenn Sie lieber ausreiten oder einen Ausflug unternehmen möchten, brauchen Sie es nur zu sagen.“
Lady Townends Augen funkelten feindlich, und sie wollte gerade etwas entgegnen, als sich die Tür öffnete und die Gentlemen das Zimmer betraten.
„Soso“, sagte Lady Townend, wobei sie sich sichtlich zusammenriss. Sie drehte sich zu ihrem Gatten um, ihre Miene hellte sich auf, und sie strahlte ihn mit ihren leuchtenden braunen Augen an.
Nicht ohne Neid sah Georgie, wie sie sich gegenseitig anlächelten und wie Lady Townend errötete, als ihr Ehemann sich herabbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Sein zärtlicher Blick machte Georgie schmerzhaft bewusst, wie unwahrscheinlich es war, dass Anthony sie jemals wieder auf diese Weise ansehen würde.
Miss Lyndhurst, die schließlich von Lady Mardon und Miss Devereaux abließ, verlangte nach Musik. Lady Mardon stimmte ihr zu, ging zum Klavier und begann, eine Haydn-Sonate zu spielen, während ihr Gatte für sie die Seiten umblätterte.
Erleichtert lehnte sich Georgie im Sessel zurück und lauschte den Klängen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich im weiteren Verlauf des Abends verhalten sollte. Erwartete man von ihr, dass sie ein Unterhaltungsprogramm anbot, oder würde man es ihr eher verübeln, wenn sie einen Vorschlag unterbreitete?
Glücklicherweise forderte Lady Mardon am Ende der Sonate ihre Freundin fröhlich auf, sie abzulösen. „Nun bist du dran, meine liebe Amy. Und Marcus kann sich solange zu mir setzen! John wird dir diesmal die Notenseiten umblättern. Das wird dich gewiss viel weniger vom Spielen ablenken.“
Mr Sinclair, der sich sofort erhoben hatte, warf Lady Mardon einen finsteren Blick zu und nahm sichtlich verstimmt wieder Platz.
Miss Lyndhurst veranlasste dies zu einem krächzenden Gelächter. „Besser du blätterst selbst um“, empfahl sie Lady Mardon. „Bei John weiß man nie. Auf den muss man gut aufpassen!“
Georgie entspannte sich wieder und schloss für einen Moment die Augen.
„Bist du müde, meine Liebe?“
Georgie drehte sich um und bemerkte, dass Anthony seinen Sessel an ihre Seite geschoben hatte. Sie schüttelte den Kopf, vermied es, ihm direkt in die Augen zu sehen, und spürte, dass sie errötete.
Er nickte. „Wir werden nicht lange hier sitzen, das versichere ich dir.“
Aus seiner entschlossenen Miene ließ sich für Georgie nicht ablesen, ob seine Worte als Versprechen oder als Drohung zu verstehen waren.
Die Gesellschaft löste sich früh auf, was zumindest Georgie eine zweischneidige Angelegenheit fand. Der Augenblick stand unausweichlich bevor, in dem sie selbst zu Bett gehen musste – und zwar mit Anthony.
Miss Lyndhurst rettete sie. „Ach, ich muss ins Bett“, kündigte sie unter Ächzen an. „Und da ich mich selbst um meine Gesellschafterin gebracht habe, wäre ich dir dankbar, Georgiana, wenn du mich nach oben begleiten und mir helfen würdest.“
Sie blickte Anthony mit glänzenden Augen an und verkündete: „Ich wünsche dir eine gute Nacht.“
Er stand sofort auf. „Danke, Tante. Das wünsche ich dir ebenfalls.“ Georgie fiel sofort der sonderbare Unterton in seiner Stimme auf. Sie schaute zu ihm hinüber, doch er zündete bereits eine Kerze in Miss Lyndhursts Leuchter an.
Als sie Miss Lyndhursts Schlafzimmer erreichten, beeilte sich Georgie, ein Nachtgewand für die alte Dame herauszusuchen und ihr beim Auskleiden zu helfen. Dabei redete sie unablässig irgendein albernes Zeug, um die peinliche Situation zu überspielen.
Miss Lyndhurst hörte zu, gab gelegentlich eine einsilbige Antwort und sagte schließlich: „Genug, mein Kind. Ich gebe zu, dass Anthony sich manchmal wie ein verflixter Dummkopf verhält, aber er ist kein König Blaubart, sonst hätte ich dich niemals aus meinem Schlafzimmer geworfen! Ihr
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