Historical Saison Band 06
deiner Kleidung findest du im Ankleidezimmer. Ich habe Timms gebeten, die Truhe vom Dachboden zu holen.“
Kurz davor in Ohnmacht zu fallen, ergriff sie das Batistgewand und zog sich hinter den Paravent zurück. Sie kämpfte mit den Bändern ihres Kleides, während die Frage sie nicht losließ, weshalb Anthony ihre Sachen aufbewahrt hatte. Warum? Und warum lag für diese Nacht ausgerechnet dieses Kleidungsstück auf ihrer Betthälfte? In der Truhe gab es eine Menge anderer Nachtgewänder. Warum ausgerechnet dieses?
Die Wahrheit lag auf der Hand. Anthony musste es herausgesucht und für sie dorthin gelegt haben. Furcht befiel sie und zugleich eine heftige Sehnsucht, da sie sich an die frühere Zärtlichkeit erinnerte, mit der er sie zu seiner Frau gemacht hatte. Damals hatte er ein Feuer der Leidenschaft in ihr entfacht, das sie völlig verzehrt hatte. Ihr wurde immer deutlicher, dass sie ihn liebte, obwohl er nach wie vor nichts anderes als eine Vernunftehe anstrebte.
Fröstelnd zog sie das Batistgewand über den Kopf und band mit zitternden Fingern die Schleifen. Sie hatte zugestimmt, sein Bett zu teilen. Auch ohne Tante Harriets beruhigende Worte wusste sie, dass er ein Mann von Ehre war. Er würde sie zu nichts zwingen. Aber wenn er sie bat … wenn er sie berührte … Ihre Brüste spannten sich allein beim Gedanken daran. Er würde nicht zweimal fragen müssen. Wie lange würde sie verbergen können, was sie in Wahrheit für ihn empfand? Wie lange würde sie die Worte unterdrücken können, denen er mit Ablehnung begegnen würde? Und wann würde sie in der Lage sein, das andere Geständnis abzulegen, das sie verschlossen wie in einer Hülle aus Eis in sich trug?
Langsam entfernte sie die Nadeln aus ihrer Frisur und ließ das gelöste Haar den Rücken hinunterfallen. Sie goss Wasser aus dem Krug in die Waschschüssel und wusch sich Gesicht und Hände. Nun hatte sie keine Ausrede mehr. Sie musste den Schutz des Paravents verlassen und zu Anthony in das Ehebett steigen. Es ließ sich nicht weiter herauszögern.
4. KAPITEL
Anthony bemühte sich, nicht zu auffällig hinzusehen, als sie hinter dem Paravent hervorkam, die Arme schützend vor ihrer Brust verschränkt. Das Haar trug sie offen, die dunklen Locken fielen offen über ihre Schultern. Verdammt! Er musste verrückt gewesen sein, ausgerechnet dieses Nachtgewand für sie auszuwählen. Allein beim Anblick fühlte er, wie schmerzhaft sich sein ganzer Körper nach ihr sehnte. Die verschränkten Armen hinderten sein Erinnerungsvermögen nicht daran, erbarmungslos die verdeckten Details hinzuzufügen.
Zierliche runde Brüste, deren tief rosafarbene Spitzen verführerisch durch den hauchdünnen Stoff schienen. Er musste ein Stöhnen unterdrücken, als er an das Kleid im selben Ton dachte, das er ihr in Brüssel gekauft hatte. Er zwang sich, ihr wieder ins Gesicht zu sehen, und wagte es nicht, tiefer zu blicken und den dunklen Schatten zu betrachten, der sich zwischen ihren Schenkeln abzeichnete. Doch seine Erinnerung hielt alles gnadenlos parat – sogar die Seidigkeit ihrer Haut und ihren Duft. Das Gefühl sie zu spüren, weich und nachgiebig. Er versuchte, sich mit aller Kraft zusammenzureißen. Immerhin hatte er ihr sein Wort gegeben.
Er bemerkte ihr Zögern, als sie sich dem Bett näherte. Ängstlichkeit und Wachsamkeit lagen im Blick ihrer haselnussbraunen Augen, als ob sie sich einem gefährlichen Wolf zu nähern hätte. Hölle, wenn sie wüsste, an was er gerade dachte, wäre sie in der Tat zu dem Schluss gekommen, sich zu einem Wolf ins Bett zu legen. Einem, der vollkommen nackt war.
Verstohlen beobachtete er, wie sie mit zitternden Fingern die Laken zurückschob und ohne aufzusehen unter die Decke kroch. Sie streckte sich so weit wie möglich von ihm entfernt aus, sodass sie direkt am Bettrand lag. Er wollte etwas sagen, um sie nach der vorangegangenen Nacht zu beruhigen. Irgendetwas, das ihn von der brennenden Begierde ablenkte, die seinen Körper so exqisit quälte. Irgendetwas, das ihr vortäuschte, dass er sich unter Kontrolle hatte.
Er äußerte das Erste, was ihm in den Sinn kam. „Du wusstest, dass ich in Waterloo nicht verwundet wurde. Wie kommt das?“
Ihre langen dunklen Wimpern zuckten. „Der Duke of Wellington kam, um einige der verwundeten Offiziere zu besuchen. Ich habe ihn auf der Straße gesehen, und als ich ihn fragte, versicherte er mir, du wärst vollkommen unversehrt. Er habe dich persönlich getroffen, da du mit einer
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