Historical Saison Band 06
in Brüssel Gerede über ihn und Georgie gegeben hatte – in einer Situation, in der Napoleon auf Brüssel zumarschierte und ausgerechnet, als sich die Schlacht abzeichnete, die über das Schicksal Europas entscheiden sollte … „Warte einen Moment – du sagst, William habe Gerede erwähnt?“
„Ja, ebenso wie Lady Carrington. Sie ist ebenfalls vorbeigekommen.“
Anthony unterdrückte einen unmäßigen Fluch. Er hätte es wissen müssen. Lady Carrington, die sich angeblich um Georgies Wohl sorgte, hatte die Ehe ihrer Schutzbefohlenen grundsätzlich missbilligt und sie als ungleiche Partie verworfen. Insbesondere, da sie ihre eigene Tochter unter die Haube bringen wollte und angenommen hatte, dass seine Besuche in ihrem Haus dem Werben um Miss Carrington galten. Dass es ihm hingegen um das mittellose Mündel ging, das sie auf Drängen ihres Mannes bei sich aufgenommen hatte, empörte sie.
„Was hat sie gesagt?“
Georgie wurde rot und drehte sich weg.
„Erzähl es mir.“
„Sie meinte, ich sollte mich glücklich schätzen, wenn du dich nicht sofort von mir trennen würdest. Dass ich mich blamiert und deinem Namen Schande bereitet habe. Dass …“
„Genug! Georgie, hast du nie gemerkt, wie gehässig und boshaft sie dir gegenüber war? Sie war über unsere Heirat erzürnt und …“
„Es war nicht schlimmer als das, was du gesagt hast!“
„Was ich gesagt habe?“
„Du meintest, du würdest es nicht zulassen, betrogen zu werden, und dass du entscheiden würdest, was aus unserer Ehe werden würde, wenn du zurückkämest. Und d…dass du ein Dummkopf gewesen wärest, weil du ein hinterhältiges kleines Flittchen geheiratet habest! Dass ich, wenn ich auch nur einen letzten Rest Anstand im Leibe hätte, besser verschwinden und dir den Ärger ersparen sollte! Dass du meine Liebhaber erst tolerieren würdest, sobald ich dir Erben geschenkt hätte!“
Erschrocken wurde sich Anthony bewusst, wie seine jähzornigen Worte in den Ohren einer siebzehnjährigen Braut geklungen hatten, zwei Wochen nach der Hochzeit und in aller Öffentlichkeit. Und zu allem Überfluss, nachdem er ihr zuvor angekündigt hatte, er ginge mit ihr eine reine Vernunftehe ein, um einen Erben zu bekommen. Er hatte sie glauben lassen, dass es bei ihrer Heirat nicht um Liebe ging.
Gott hilf mir! Sie hatte seine wütenden Worten geglaubt. Deshalb war sie aufgebrochen, in der Annahme, dass es ihm nichts ausmachen, sondern er im Gegenteil ausgesprochen froh darüber sein würde, sie loszuwerden. Und es war eine bittere Gewissheit, dass sie tatsächlich nichts mitgenommen hatte. Sie hatte den Ring ihrer Mutter verkauft, um nach England zurückreisen zu können, und dabei hätte er ihr nicht einmal vorwerfen können, wenn sie den Schmuck verkauft hätte, den er ihr zur Hochzeit geschenkt hatte.
„Georgie …“ Er vermochte nicht weiterzusprechen, als er ihr Gesicht sah. Alles an ihr wirkte verlassen und hoffnungslos. Jede Farbe und jeder Ausdruck waren aus ihren Zügen gewichen, als ob sie es nicht länger ertragen könnte, noch irgendetwas zu empfinden. „Georgie, ich …“ Es war zu spät. Sie erreichten den Ortseingang von Lynd. Die öffentliche Straße war kein geeigneter Ort für Gespräche dieser Art. Wenigstens diese Lektion hatte er gelernt.
Er hielt stattdessen vor dem Gasthof und rief nach jemandem, der sich um die Pferde kümmern sollte.
Der Sohn des Gastwirts kam aus dem Haus gerannt. „Guten Morgen, Major!“
„Halt sie fest!“, schnauzte Anthony ihn an und milderte seinen unfreundlichen Befehlston ab, indem er dem Jungen einen Schilling zuwarf. Er stieg vom Sitz und stapfte in das Gasthaus.
Benommen beobachtete Georgie, wie er hinter der Wirtshaustür verschwand. Er hatte ihre Nachricht nicht gefunden. Außerdem musste jemand die Perlen gestohlen haben. Aber wer? Ganz bestimmt nicht Timms, der Anthony treu ergeben war.
Glaubte Anthony ihr? Immerhin schien er ihre Erklärung akzeptiert zu haben, weshalb sie Justin einen Kuss gegeben hatte. Er hatte sich sogar entschuldigt. Aber nun hatte er sich lediglich erkundigt, ob Mr Lyndhurst-Flint sie aufgesucht hatte … Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Nein, es konnte einfach nicht wahr sein!
William Lyndhurst-Flint – immer wieder kamen sie unweigerlich auf ihn zurück. Zunächst hatte er ihrer Bitte, Anthony zu benachrichtigen, offenkundig nicht entsprochen. Aber war es denkbar, dass er die Perlen gestohlen und ihre Nachricht vernichtet hatte? Nur um
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