Historical Saison Band 06
Ärger zu stiften? Warum sollte er das tun?
Plötzlich fiel ihr ein, weshalb Anthony seine House Party veranstaltet hatte. Er beabsichtigte, einen Erben auszuwählen und zu ernennen. William Lyndhurst-Flint, der kein Vermögen besaß und keine Aussichten auf andere Einnahmequellen hatte, war ein möglicher Kandidat. Hatte er sich immer schon – vielleicht auch damals in Brüssel – als Anthonys Erbe betrachtet?
Eine tiefe vertraute Stimme schreckte sie aus dieser albtraumartigen Vorstellung. „Danke, Harry. Vergessen Sie nicht, dass die Angelegenheit kein Aufsehen erregen darf. Und lassen Sie mich bitte sofort wissen, falls Sie irgendetwas in Erfahrung bringen. Das allein zählt.“ Anthony war mit einem untersetzten rotgesichtigen Mann aus dem Gasthaus gekommen, der allem Anschein nach der Wirt war.
„Jawohl, Major. Nur damit ich es richtig im Kopf habe: mittelgroß, dünn und ungefähr vierzig Jahre alt? Seine Haare sind braun und gewellt, und er hat braune Augen.“
Anthony schaute beunruhigt zu Georgie herüber und bestätigte eilig: „Jaja, das ist alles, Harry. Ich will Sie nicht länger aufhalten.“
„Das tun Sie nicht, Major“, beteuerte der Wirt. Er warf einen Blick auf Georgie und fasste sich an die Stirn. „Guten Morgen, Madam.“
Die unverhohlene Neugier, mit der er sie betrachtete, ließ Georgie zusammenzucken. Dennoch erwiderte sie leise seinen Gruß und fragte sich, nach wem Anthony suchte.
Anthony seufzte. „Ah, ja, meine Liebe, erlaube mir, dir Harry Bamfort vorzustellen. Harry – dies ist Mrs Lyndhurst, meine Frau.“
Bamfort stolperte beinahe über seine eigenen Füße. Als er das Gleichgewicht zurückgewonnen hatte, brachte er stotternd eine Entschuldigung hervor und starrte sie an.
Georgie lächelte höflich. An solche Reaktionen würde sie sich gewöhnen müssen.
Anthony bereitete dem Gespräch rasch ein Ende. „Ja, dann werde ich Ihren Jungen nicht länger von der Arbeit abhalten, Harry. Ich danke dir, Davy.“ Er warf dem Gastwirtssohn einen weiteren Schilling zu.
Der Junge strahlte über beide Ohren. „Vielen Dank, Sir.“
Anthony lächelte freundlich zurück und fuhr dem Burschen über das Haar. „Warst du in der letzten Zeit Fischen, Davy?“
„Nein, Sir. Meine Ma sagt, Sie hätten wahrscheinlich Ihre Meinung geändert.“
„Also beim Fischen muss man dranbleiben, sonst vergisst man, wie es funktioniert. Richte deiner Mutter aus, dass ich es mir keinesfalls anders überlegt habe. Setz dich am besten abends an den Bach, dann springen die Forellen nur so durch die Luft.“
„Jawohl, Sir!“
Anthony nahm wieder auf dem Fahrersitz Platz, und sie fuhren aus dem Dorf.
„Worum ging es?“, erkundigte sich Georgie.
„Hm? Oh, Davy würde gern am See fischen. Seine Mutter war mein Kindermädchen.“ Er lächelte versonnen. „Man kann behaupten, ich hätte eine Schwäche für den kleinen Kerl.“
Georgie schwieg und versuchte, sich ein Bild von dem Mann zu machen, der Ponys für die Söhne seines Cousins anschaffen wollte und einem kleinen Jungen die Erlaubnis gab, in seinen Gewässern zu fischen. Es war derselbe Mann, der einen Erben wollte. Dann bemerkte sie, dass er vorsichtig zu ihr herübersah. Beinahe wäre seine Strategie, vom Thema abzulenken, aufgegangen.
„Ich meinte eigentlich, wer der Mann ist, nach dem du dich erkundigt hast.“
Anthonys Miene verfinsterte sich. „Das ist für dich nicht von Interesse. Es ist eine Privatangelegenheit.“
„Verstehe.“ Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Alle Rechte, die sie vielleicht gehabt hatte, schien sie mit ihrer Flucht verwirkt zu haben. Dennoch fragte sie zögerlich nach: „Du hältst ihn also nicht für gefährlich, oder?“
„Was?“
„Naja, wenn ich mir keine Gedanken darüber machen soll …“ Sie sah ihn an und merkte sofort, dass er bleich wurde.
„Du solltest auf jeden Fall im Haus oder im Garten bleiben, außer du befindest dich an meiner Seite“, erwiderte er streng.
„Aber …“
„Haus und Garten“, wiederholte er. „Ich will dich nicht noch einmal verlieren.“
Erneut zeigte er ihr, dass seine Sorgen sie nichts angingen. Dann musste sie eben eigene Wege gehen, egal ob William Lyndhurst-Flint die Perlen gestohlen hatte oder nicht.
6. KAPITEL
„Oh, was für ein großartiger Schuss, Amy!“, rief Sarah, Countess of Mardon, begeistert.
Großtante Harriet nickte anerkennend. „Ein Mädchen, das Marcus Sinclair innerhalb von fünf Minuten die Augen verdreht, muss
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