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Historical Saison Band 06

Historical Saison Band 06

Titel: Historical Saison Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JOANNA MAITLAND ELIZABETH ROLLS NICOLA CORNICK
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sein, bedeutet weit mehr als einen Titel zu tragen und sich den Anschein von Sittsamkeit zu geben. Offenkundig vergessen Sie bereits, welches Verhalten wir gerade bei Ihnen erleben durften.“
    Es war so still im Vestibül, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können, als Peter in scharfem Ton fortfuhr: „Miss Ward besitzt jene Güte und Großzügigkeit des Herzens, an der es Ihnen so außergewöhnlich mangelt. Sollte sie sich je in einer Weise verhalten haben, die Ihnen ungebührlich erschien, so war dies bestimmt eine natürliche Reaktion auf all die Beschränkungen, die Sie ihr auferlegt haben.“ Er drehte sich um und bezog damit die übrigen Familienmitglieder, die wie vor den Kopf gestoßen dastanden, mit in die Auseinandersetzung ein. Er warf Lyndhurst-Flint einen feindseligen Blick zu.
    „Ich weiß, dass die meisten von Ihnen sich aufrichtig um Cassie sorgen und stets getan haben, was sie für ihr Wohlergehen für das Beste hielten“, holte Peter aus. „Jetzt möchte ich Sie allerdings bitten, sie über ihre Zukunft allein bestimmen zu lassen. Sie besitzt genug Charakterstärke, um selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn Sie ihr nur die Gelegenheit dazu geben. Zwingen Sie ihr keine Anstandsdame auf, die sie nicht mag. Drängen Sie sie nicht zu einer Ehe, wenn sie dazu keinen Wunsch verspürt. Wenn sie warten will, bis sie Herrin über ihr Vermögen ist, lassen Sie sie bitte …“, er blickte in die Runde, „… ihre eigene Wahl treffen. Und was Sie betrifft, Lady Margaret …“, er machte eine Pause, „… ich denke, es ist besser, wenn Sie jetzt gehen.“
    Spontan erklang zustimmender Applaus aus den Reihen der Dienerschaft, die sich an der Hintertreppe versammelt hatte. Doch als Anthony in ihre Richtung schaute, erstarb er sofort.
    Cassie blinzelte, als ob sie mit einem Mal in helles Sonnenlicht getreten wäre. Es war, als hätten sich die dunklen Erinnerungen und all ihre Befürchtungen in Luft aufgelöst: Das trostlose Bild eines von der kranken Mutter vernachlässigten Kindes, das kleine Mädchen, das immer nur hatte geliebt werden wollen und sich stets wie eine Belastung für ihre Verwandten gefühlt hatte, die unbändige Debütantin, die empörende Dinge unternommen hatte, um auf sich aufmerksam zu machen, und die junge Frau, um deren Gunst man immer nur ihres Geldes wegen geworben hatte … Sie sah Peter an und erkannte in ihm einen Mann, der weder auf ihr Vermögen aus war noch ein Mittel darstellte, um einer streng reglementierten Existenz zu entkommen. Er war der Mann, der sich jederzeit schützend vor sie stellen würde und es notfalls für sie mit der ganzen Welt aufnahm. Denn sie stand für ihn im Zentrum, und nichts war ihm wichtiger als sie. Die Tragweite dieser Einsicht überwältigte sie, und Tränen traten ihr in die Augen. Sie brachte keinen Ton hervor, aber durch den Schleier aus Tränen schaute sie Peter an und spürte, dass ihrer Liebe zu ihm nichts mehr im Weg stand.
    Lady Margaret ging. Hasserfüllt entfernte sie sich aus dem Vestibül, wobei sie einen Spießrutenlauf vorbei an der Dienerschaft hinter sich bringen musste.
    Peter wirkte ernst und verzog keine Miene. Er blickte Cassie an und schüttelte ein wenig den Kopf, als könne er nicht mehr sagen. Er ging zu Anthony Lyndhurst und streckte ihm die Hand entgegen.
    „Verzeihen Sie, Lyndhurst“, entschuldigte er sich. „Ich weiß, dass ich Ihrer Gastfreundschaft keine Ehre erwiesen habe. Es erscheint mir besser, sofort abzureisen.“
    Er drehte sich auf dem Absatz um und schritt auf die Treppe zu.
    Alle starrten in Cassies Richtung. Nach einem Augenblick des Schweigens fragte Anthony lächelnd: „Was würdest du gern tun, Cassie?“
    Und Cassie raffte ihre Röcke und eilte Peter die Stufen hinterher, ohne einen Moment länger zu zögern.
    Sie fand ihn in seinem Ankleidezimmer, wo er wahllos Kleidungsstücke in eine Reisetasche warf. Sie schloss die Tür hinter sich und lehnte sich von innen dagegen. Als er sie sah, richtete er sich auf. Seine Miene wirkte hart und entschlossen.
    „Es ist besser, du lässt mich allein, damit ich in Ruhe zu Ende packen kann“, sagte er.
    Cassie holte tief Luft. Ihr Herz schlug wie wild, und ihr wurde ganz schwindelig vor Angst. Sie zog den Ehevertrag hervor. „Ich möchte mit dir sprechen.“
    Als er das verfängliche Dokument erblickte, machte er ein noch ernsteres Gesicht, schwieg jedoch.
    „Es stimmt, nicht wahr?“, begann sie. „Du hast diese Heiratslizenz

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