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Historical Saison Band 06

Historical Saison Band 06

Titel: Historical Saison Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JOANNA MAITLAND ELIZABETH ROLLS NICOLA CORNICK
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einfach und eindeutig. Und dass keine entlastenden Aussagen öffentlich wurden, gefährdete seine Beziehung zu Anthony. Wenn Anthony doch nur die ganze Wahrheit über das Vorgefallene wüsste … Aber niemand würde es wagen, ihm alles zu erzählen. Es war unmöglich, die furchtbaren Beleidigungen einem Mann von Ehre gegenüber zu wiederholen. Wenn Anthony erfuhr, was Frobisher über ihn geäußert hatte, würde er mit Sicherheit Genugtuung verlangen. Dann würde es noch mehr Blutvergießen geben.
    Marcus stieß einen stummen Fluch aus. Es war alles seine Schuld. Er hätte besser darauf vorbereitet sein müssen. Er hätte Anthony eine plausible Erklärung für den Streit liefern müssen, eine, die Anthony ohne weitere Nachfragen akzeptiert hätte. Doch so, wie die Dinge lagen, hatten die in aller Hast zurechtgelegten Ausführungen Anthony nicht vollständig überzeugt, auch wenn er es nicht sofort zur Sprache gebracht hatte. Die Tage verstrichen, und Anthonys Vertrauen in seine Beteuerungen schien zu schwinden. Marcus konnte ihm das kaum verübeln. An Anthonys Stelle wären ihm dieselben Zweifel gekommen, egal wie groß ihre Freundschaft war.
    Marcus fuhr fort, im Ankleidezimmer auf und ab zu laufen. Das stillte zwar in keiner Weise seinen Bewegungsdrang, war aber immerhin überhaupt eine Betätigung. Was hätte er nicht alles für einen wilden Galopp durch den nahen Wald gegeben!
    Der bloße Gedanke an das Vergnügen, frische Luft zu atmen, ließ ihn laut aufniesen. Du liebe Zeit! Er würde doch nicht zu allem Überfluss auch noch krank werden? Das würde dem Fass den Boden ausschlagen! Er suchte nach einem Taschentuch. Er hatte keines dabei. Zu eilig und unvorbereitet war er aus London geflohen. Schon jetzt musste er hauptsächlich auf Wäsche zurückgreifen, die Anthony ihm lieh. Wobei er stets darauf achtete, dass die Bediensteten keinen Verdacht schöpften und nichts von seiner Anwesenheit im Haus mitbekamen. Da er nun schon einmal eines von Anthonys Hemden trug, konnte er sich ebenso gut eines seiner Taschentücher ausleihen.
    Er zog die oberste Schublade der Kommode heraus und schob auf der Suche nach einem möglichst abgetragenen Exemplar einen Stapel sorgfältig gebügelter Stofftaschentücher beiseite.
    Allerdings besaß Anthony weder alte noch verschlissene Taschentücher. Auch ganz zuunterst war alles makellos. Stattdessen fand er am Grund der Schublade eine winzige Miniatur, die eine attraktive dunkelhaarige Dame mit sehr hellem Teint zeigte.
    Fasziniert nahm Marcus das Porträt aus der Schublade, um es genauer zu betrachten. Die Dame sah ganz entzückend aus, und überdies schien sie sehr jung zu sein – nicht älter als siebzehn oder achtzehn Jahre. Erst jetzt wurde Marcus klar, dass dies Anthonys rätselhafte Ehefrau sein musste, die Frau, die ihn ausgerechnet zu der Zeit verlassen hatte, als er auf Waterloos Schlachtfeldern für sein Land kämpfte.
    Warum um alles in der Welt hatte Anthony das Bild aufbewahrt? Er konnte doch eine Frau, die ihn so schlecht behandelt hatte, nicht mehr lieben? Kein einziges Wort hatte sie in den vier langen Jahren von sich hören lassen, die seitdem vergangen waren. Sie hatte nichts unternommen, um die niederträchtigen Gerüchte im Keim zu ersticken, die in der Londoner Gesellschaft zum gängigen Ton gehörten. Der betrunkene Frobisher hatte in diesem Spielcasino nur skrupellos das nachgeplappert, was alle hinter vorgehaltener Hand von sich gaben: Dass Anthony Lyndhurst seine Frau ermordet hätte, nachdem er sie mit einem Liebhaber erwischt hatte. Und dass Anthony Lyndhurst anschließend dafür gesorgt hätte, dass der Geliebte seiner Gattin auf den Schlachtfeldern von Waterloo umkam. Kurz, dass Anthony Lyndhurst trotz seines Reichtums niemand war, mit dem ein Gentleman, der etwas auf sich hielt, Umgang pflegte.
    Lügen! Kein einziges Wort davon entspricht der Wahrheit! Marcus wusste nur zu gut, dass es in ganz England keinen aufrichtigeren und ehrenwerteren Mann als Anthony Lyndhurst gab. Aber die geschwätzige Gesellschaft gab einem pikanten Gerücht in jedem Fall den Vorzug vor der offenkundigen Wahrheit. Allein durch die gebetsmühlenartige Wiederholung waren die infamen Verleumdungen zu einer Art Tatsache geworden.
    Und alles nur, weil diese Frau sich weigerte, in Erscheinung zu treten und die ungeheuerlichen Behauptungen Lüge zu strafen!
    Marcus wandte sich dem Fenster zu, um das Porträt der Frau intensiver in Augenschein zu nehmen, der Begriffe wie Pflicht

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