Historical Saison Band 06
kann ich umgehen. Ich werde ihr erzählen, dass du über herausragende Fähigkeiten und großen Diensteifer verfügst, dass dir aber deine Frömmigkeit gebietet, dich schlicht und demütig zu kleiden. Du solltest allerdings halbwegs bibelfest wirken, falls sie dich mit irgendwelchen Zitaten auf die Probe stellt. Und damit musst du ganz fest rechnen.“
„Du machst einen sehr zuversichtlichen Eindruck, Sarah. Was ist, wenn sie …?“
„Ich komme mit allen Streitanlässen klar, meine Liebe, außer wenn sie mir vorwirft, nicht die passende Frau für einen Earl zu sein. Sollte sie es wagen, etwas in dieser Art anzudeuten …“
Besänftigend legte Amy eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin. „Das wird sie nicht tun. Warum sollte sie auch? Du hast John überglücklich gemacht und hast ihm überdies zwei gesunde Erben geschenkt. Miss Lyndhurst wird keine Zweifel mehr hegen, sobald sie sieht, wie gut ihr beiden zusammenpasst.“
„Vielleicht. Ich nehme allerdings an, dass sie grundsätzlich nicht viel von der Ehe hält. Ich kenne nicht die ganze Geschichte, aber auf jeden Fall wurde sie zugunsten einer reicheren Frau sitzen gelassen, als sie noch ganz jung war. Damals soll sie sich geschworen haben, in ihrem Leben niemals einem Mann das Regiment zu überlassen. Als ihr ehemaliger Verlobter im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg fiel, hat sie ihm angeblich keine Träne nachgeweint. Ich vermute, dass sie ihn nicht wirklich geliebt hat.“
„Wenn er einfach eine andere geheiratet hat, würde ich eher sagen, er hat sie nicht wirklich geliebt, Sarah.“
„Auch heutzutage ist es nicht immer möglich, aus Liebe zu heiraten, Amy. Jeder muss sehen, wo er bleibt. Nimm dich zum Beispiel. Wenn Ned …“
„Ich habe nicht vor, zu diesem Zeitpunkt über meine düsteren Aussichten zu sprechen, Sarah. Ich möchte erst einmal herausfinden, was mit meinem Bruder passiert ist.“ Sie lachte ein wenig bitter. „Mit viel Glück ist meine Mitgift noch unangetastet, auch wenn es nicht viel ist. Ich hoffe es zumindest. Möglicherweise muss ich sie einsetzen, um Neds Freiheit zu erkaufen.“
„Das kannst du nicht machen! Ohne Mitgift hast du …“
Amy zuckte mit den Schultern. „Mir ist schon klar, dass meine Chancen, eine gute Partie zu machen, täglich schwinden. Mittlerweile liegt meine erste Saison immerhin sieben Jahre zurück. Vielleicht kommt mir ja die praktische Erfahrung als Zofe noch zugute. Wer weiß? Es kann ja sein, dass dies eines Tages tatsächlich zu meinem Beruf wird.“
„Unsinn! Das werde ich niemals zulassen, und John wird das ebenso wenig gestatten. Du kannst immer bei uns wohnen. Die Jungen würden sich wie Schneekönige freuen.“
„Deine Söhne haben bereits eine hervorragende Gouvernante, die nach ihnen sieht. Sie brauchen nicht noch eine weitere.“
Sarah ignorierte ihren Einwand. „Ich würde mich ebenfalls sehr freuen, wenn du zu uns zögest.“
„Dann wäre ich also Gesellschafterin“, schlussfolgerte Amy. „Ich sollte Miss Saunders aufmerksam beobachten, um zu sehen, wie man sich in dieser Rolle benimmt. Was meinst du, verwandelst du dich dann auch in so eine Furie wie Miss Lyndhurst?“
„Natürlich. Wie könnte es anders sein?“ Sarah bemühte sich ernst zu bleiben, scheiterte allerdings.
Und Dent, die fromme Zofe, fiel sofort in ihr Gelächter ein.
Amy hatte das Schlafzimmer der Countess kaum verlassen, als sie beinahe mit einer kleinen, in Schwarz gekleideten Gestalt zusammenstieß, die aus der Tür zur Hintertreppe eilte.
„Oh, Sie sind es, Miss Dent. Gott sei Dank.“ Die Haushälterin keuchte noch von der Anstrengung, die ihr das hastige Treppensteigen bereitet hatte. Sie ließ ihre Blicke in Richtung der Haupttreppe schweifen, als ob sie nach jemandem Ausschau hielte. Doch es war niemand in Sicht.
„Ist alles in Ordnung, Mrs Waller?“, erkundigte sich Amy freundlich. „Sie wirken ein wenig angespannt, wenn ich das so sagen darf.“
„Das stimmt, das ginge Ihnen ganz ähnlich, wenn …“ Sie brach den Satz ab und schaute sich unruhig um. Noch immer war niemand zu sehen. „Ich versuche, diesen übergeschnappten jungen Lakai zu finden, der zu Mr Williams neuem Diener erklärt wurde. Der Himmel weiß, wo er wieder steckt! Er hält sich für was Besseres, seit Grant entlassen wurde und er seine Stellung eingenommen hat. Es ist seine Aufgabe, die Sachen von Mr William nach oben zu tragen und nicht meine. Bisher ist nichts geschehen, und zu allem Überfluss wirkt Miss
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