Historical Saison Band 08
selbstherrlich.
Schließlich kam kein Laut mehr aus dem Zimmer. Der Drang, nach ihr zu sehen war groß. Aber es würde wahrscheinlich nichts als Unheil anrichten. Er fühlte sich in einer Weise von ihr angezogen, die ihn dazu bringen konnte, mehr zu tun, als er durfte.
Er durchquerte den Gang, ergriff einen der bereitstehenden Kerzenständer und ging in seine Suite.
3. KAPITEL
Sie erwachte mit einem Seufzen. Noch immer erinnerte sie sich an nichts, nicht einmal an ihren Namen. Als sie gerade aufgestanden war, trat Mrs Drummond ein, um ihr beim Ankleiden zu helfen.
Sie warf einen Blick auf die Flasche mit Laudanum, die auf dem Tisch neben ihrem Bett stand. Es half nichts, die körperlichen und seelischen Schmerzen zu betäuben. Ein neuer Tag wartete, und sie musste nach vorn schauen. Die Opiumtinktur würde zwar gegen das dumpfe Pochen im Hinterkopf helfen, doch zugleich beeinträchtigte es ihr Konzentrationsvermögen.
Lieber nicht. Sie wollte sich nicht von der Droge abhängig machen. Sie seufzte. Hatte sie darüber vor ihrem Unfall genauso gedacht? Nahm sie schon immer ungern Medikamente? Sie konnte es nicht sagen.
Um sich abzulenken, betrachtete sie sich im Standspiegel, der in einen Mahagonirahmen mit Rosenholzintarsien eingefasst war. Mit der schwarzen Kleidung sehe ich wie eine Krähe aus. Ihr Haar war nach hinten gebunden und im Nacken zu einem dicken Chignon zusammengebunden. Dennoch entwichen einige Locken. Sie war sehr blass, und die dunklen Augenränder ließen sie krank aussehen. Schwarz stand ihr nicht.
Mrs Drummond ließ wiederholt ein „Tststs“ vernehmen. „Sie müssen sich in sehr tiefer Trauer befinden, Madam. Alles in Ihrem Reisekoffer ist aus schwerem schwarzem Stoff. Es gibt nichts schwarz-weiß Gestreiftes, was auf ein baldiges Ende der Trauerzeit hinweist.“
„Es handelt sich nicht gerade um eine kleidsame Farbe, aber sie kommt mir vertraut vor. Ich denke, ich bin schon eine lange Zeit so gekleidet.“
Mrs Drummond schüttelte den Kopf. „Wenn wir das nur wüssten. Seine Lordschaft will jemanden nach Newcastle-upon-Tyne senden.“ Da die junge Frau sie erstaunt anblickte, fügte sie hinzu: „Der Kutscher, der Sie gefahren hat, sagte, Sie seien von dort aufgebrochen.“
„Wirklich? Beim Namen dieser Stadt kommt mir lediglich in den Sinn, dass dort Kohle abgebaut wird. Aber das gehört wahrscheinlich zum Allgemeinwissen.“
Mrs Drummond schürzte die Lippen. „Mir ist es zumindest bekannt, allerdings bin ich auch in der Nähe aufgewachsen. Seine Lordschaft weiß es vermutlich auch.“
„Nun, mir fällt jedenfalls nichts anderes dazu ein.“
Sie griff nach einer schwarzen Stola, die mit Troddeln geschmückt war. Mrs Drummond half ihr, sie über den Schultern zu drapieren. Damit würde sie sich behaglich fühlen. So komfortabel das Haus wirkte, das Zimmer war groß, und sogar der hochmoderne Kamin vermochte seine Wärme nicht bis in jeden Winkel zu verteilen.
„Seine Lordschaft ist im Morgenzimmer, Madam. Ich werde Ihnen den Weg zeigen.“
„Sicherlich sind Sie viel zu beschäftigt, um mir so viel von Ihrer Zeit zu widmen.“
Mrs Drummond lächelte. „Ich habe zwar eine Menge zu tun, aber Seine Lordschaft hat mich beauftragt, Sie gut zu versorgen.“
„Wie Sie meinen, Mrs Drummond.“ Sie erwiderte das Lächeln der älteren Frau und begab sich zum Ankleidetisch, auf dem ihr Köfferchen stand. Mit geübtem Griff löste sie den Hebel, mit dessen Hilfe sich die Geheimschublade öffnen ließ. Die Schublade sprang heraus, und sofort glänzte ihr der Goldring entgegen.
Sie hatte ihn in der Nacht hineingelegt, nachdem sie aus ihrem kummervollen Schlaf erwacht war. Auch wenn es nun im Morgenlicht dumm erschien, sie hatte den Ring unbedingt ablegen wollen.
„Es besteht kein Zweifel, dass Ihnen das Köfferchen gehört, Madam“, bemerkte Mrs Drummond. „Sie scheinen es wie die eigene Westentasche zu kennen.“
Einen Moment lang hielt sie verwirrt inne, aber es bestand in der Tat kein Zweifel. Das Köfferchen gehörte ihr, und die Kleidung, die sie trug, passte wie angegossen, ebenso wie der Ring.
Erneut zögerte sie, den Goldring anzulegen. Was war mit ihr los? Die schwarze Kleidung anzuziehen, hatte sie traurig gestimmt, aber es hatte sich richtig angefühlt. Der Ring hingegen fühlte sich falsch an. Doch warum?
Stell dich nicht so an, tadelte sie sich. Entschlossen streifte sie den schlichten Ring über ihren linken Ringfinger, wo ein Ehering hingehörte. Ein kalter
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