Historical Saison Band 08
Englands.
Der Butler servierte ihr einen Teller Perlhuhnessenz, weshalb sie den Blick vom Porträt abwandte. „Vielen Dank, Oswald.“ Sie lächelte ihm zu.
Er erwiderte das Lächeln. „Nichts zu danken, Madam.“
Sie schaute auf das Besteck, das vor ihr aufgereiht lag, und wunderte sich, dass sie genau wusste, welcher Löffel für die Suppe vorgesehen war. Sie konnte zwar keine Angaben über sich selbst machen, schien aber genau Bescheid zu wissen, was sich in der Welt um sie herum gehörte.
Sie kostete die Suppe. „Sie haben einen ausgezeichneten Koch, Chillings.“
Er nickte. „François ist Franzose. Ich habe ihn aus Paris mitgebracht.“
„Paris? Waren Sie nach Waterloo dort?“
„Ja, ich war einer von Wellingtons Adjutanten. Als er Brüssel verließ, habe ich ihn nach Paris begleitet.“
Sie hätte gern mehr über diese Zeit erfahren, doch sie fürchtete, dass er über dieses Thema ebenso wenig reden wollte wie über seine Frau. Daher überraschte es sie, als er ungefragt zu erzählen begann.
„In Paris hat es mir ausgezeichnet gefallen. Es hatte den Anschein, als ob die gesamte britische Aristokratie gemeinsam mit Wellington angereist wäre. Von morgens bis abends gab es Festivitäten, die entweder von uns veranstaltet wurden oder von den französischen Adeligen, die ihren Besitz und ihre Titel wiedererlangt hatten.“ Er lachte. „Es war unglaublich, was alles zur Unterhaltung aufgeboten wurde.“
„Ja, ich habe damals gehört, dass sich alle im Freudentaumel über den Sieg befanden.“
Er schaute sie eindringlich über den Rand seines Weinglases hinweg an. „Das haben Sie gehört? Von wem?“
Verlegen ließ sie den Löffel sinken. „Ich …“ Sie schüttelte den Kopf. Es war als ob ein Hauch von Erinnerung vorbeigezogen wäre, der sofort wieder verschwunden war wie Nebel an einem heißen Morgen. Die Enttäuschung schnürte ihr die Kehle zu. „Ich erinnere mich nicht, nur daran, dass ich davon gehört habe.“
Als ob er ihr Unbehagen nachempfinden könnte, trank er seinen Wein aus und stellte das Glas ab. „Jedenfalls ging es darum, wer den aufwendigsten Ball geben oder welche Frau die extravaganteste Kleidung tragen würde. Ich erinnere mich an einen Kerl, der mit einem reich geschmückten Pferd die Stufen eines der größten und ältesten Hotels hochritt und dann mit dem Tier durch die Halle und bis in den Ballsaal galoppierte. Der Hotelbesitzer war gar nicht begeistert, konnte aber nichts dagegen tun, da all seine Gäste dem dreisten Reiter zujubelten.“
„Wie stillos“, empörte sich Felicia. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie es gern sähen, wenn jemand sich hier so verhielte.“
„Ich würde den Flegel auspeitschen lassen.“
Sie blinzelte ungläubig. Der rasche Wechsel von Freundlichkeit zu gewaltbereiter Härte überraschte sie. „Wie bitte?“
Er lächelte. „Ich würde ihn auspeitschen lassen.“
Ihr verging der Appetit auf die Suppe. Sie nippte an dem ausgezeichneten französischen Wein. „Sie besitzen ein sehr schönes Anwesen. Ich kann verstehen, dass ein solches Verhalten Sie aus der Fassung brächte.“
„In der Tat.“ Er gab Oswald ein Zeichen, den nächsten Gang zu bringen. „Der Bau von The Folly wurde von meinem Vater begonnen, aber er verstarb, bevor alles fertig war. Ich habe das Werk zu Ende geführt und die Umgebung landschaftsgärtnerisch gestalten lassen. Der berühmte Landschaftsarchitekt Capability Brown hatte die ersten Pläne dafür entworfen, aber inzwischen hat sich die Mode geändert.“
„In welcher Hinsicht hat sie sich geändert?“
Oswald servierte den nächsten Gang, der aus verschiedenen Fleischsorten und Beilagen bestand. Dazu schenkte er einen schweren Rotwein ein.
Chillings schien gern über das Thema zu reden. „Ich denke, wir sind bei der Gestaltung ungezwungener als unsere Väter. In den letzten Jahren habe ich den Lauf des Rye River mit Dämmen umlenken lassen, sodass er näher am Haus vorbeifließt. Und es gibt sogar einen See, der nur wenige Gehminuten entfernt liegt und den man von der Bibliothek aus sehen kann. Die Bepflanzung ist viel naturbelassener und wirkt nicht so durchstrukturiert. All diese Dinge prägen heutzutage das Bild.“
„Das klingt wirklich nach Veränderung. Es würde zum Stil des Prinzregenten passen.“
Chillings lächelte. „Ja, so wie er es in Brighton gemacht hat.“
„Ah, Sie meinen den Royal Pavilion.“
Chillings trank einen Schluck Wein und musterte sie neugierig. „Sie
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