Historical Saison Band 08
auf sie zu. Sie wich zurück. Auf keinen Fall wollte sie diesem arroganten Mann zu noch mehr Dank verpflichtet sein oder ihm und seiner Familie weitere Unannehmlichkeiten bereiten. Überdies wollte sie sich seiner Nähe entziehen. Seine Gegenwart brachte sie zu sehr durcheinander.
„Nicht um Ihretwillen, Madam. Um meinetwillen.“
„Ihretwillen? Was meinen Sie damit?“
„Genau das, was ich sagte. Wenn sich herumspricht, dass Sie ohne Anstandsdame unter meinem Dach gewohnt haben, wird der gesellschaftliche Druck mich dazu zwingen, aus Ihnen eine ehrbare Frau zu machen.“
„Was? Aus mir eine ehrbare Frau zu machen?“ Sie straffte die Schultern. „Ich weiß vielleicht nicht, wer ich bin, aber ich weiß, was ich bin. Ich bin eine ehrbare Frau, unabhängig davon, ob Ihr Ruf gefährdet ist oder nicht. Außerdem würde ich Sie ohnehin nicht heiraten.“
Mitten in ihrer Schimpftirade hielt sie inne, und ihr wurde bewusst, was sie gerade gesagt hatte. Er trat noch näher an sie heran. Viel zu nah. Sie spürte schon die Wärme, die von seinem Körper ausging.
„Ich könnte Sie selbst dann nicht heiraten, wenn wir es beide wünschten.“ Sie hob eine Hand, um die Erwiderung, die ihm auf der Zunge lag, zu unterbinden. „Ich bin eine Witwe und befinde mich in Trauer.“
Der Mut verließ sie. Sie musste sich sehr zusammenreißen, um nicht auf einen Stuhl zu sinken und das Gesicht in den Händen zu verbergen. Sie zwang sich, ihm direkt in die Augen zu sehen.
„Ja, und ich bin verlobt. Alles andere ist ausgeschlossen, egal, was die Leute reden.“ Seine Stimme klang mit einem Mal heiser. „Konsequenterweise kommt meine Schwester so schnell wie möglich hierher.“
Sie nickte stumm. Er war verlobt. Natürlich war er das. Und sie war erst kürzlich Witwe geworden. Es war dumm, sich etwas anderes auszumalen.
„Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, Madam. Ich habe noch zu arbeiten.“
Wieder nickte sie wie betäubt. Es passierte einfach zu viel, zu schnell. Ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen, schritt er aus dem Zimmer.
Sie drehte sich erneut zu dem Porträt um.
4. KAPITEL
Meine Einsamkeit war kein guter Grund, um Viscount Chillings Einladung zum Dinner anzunehmen, stellte Felicia fest. Sieben Tage befand sie sich bereits in seinem Haus und fühlte sich schon viel zu lange und viel zu sehr zu ihm hingezogen. Überdies war er mit einer anderen Frau verlobt. Es war die reinste Tortur. Es half ihr auch nichts, sich einzureden, eine Witwe zu sein. Sie fühlte sich nicht wie eine Witwe, sondern wie eine Frau, die sich in zu großer Nähe eines Mannes aufhielt, den sie aufregend fand.
Sie saß zu seiner Rechten an einem Tisch aus Walnussholz mit Seidenholzintarsien, der beinahe die ganze Länge des Speisezimmers ausfüllte. Hinter ihr befanden sich Fenster, die vom Boden zur Decke reichten und den Blick auf die Außenanlagen freigaben. Bei warmem Wetter konnte man von hier aus direkt auf die Terrasse gehen. Drapierte Samtvorhänge in Creme- und Grüngrautönen zierten die Fensterseiten. Der gegenüberliegende Kamin nahm fast ein Drittel der Wand ein. Über dem Kaminsims aus italienischem Marmor hing ein Porträt, das von mächtigen goldenen Kandelabern flankiert wurde. Es zeigte die verstorbene Viscountess Chillings.
Diesmal war sie in einer offiziellen Pose abgebildet. Sie trug ein hochtailliertes Kleid aus blassrosafarbener Seide über einem weißen Musselinuntergewand. Es entsprach dem Stil einiger Jahre zuvor, als griechische Schlichtheit in Mode gewesen war. Locken umrahmten ihr Gesicht und betonten ihre weit auseinander stehenden Augen und den geschwungenen roten Mund. Sie wirkte sogar noch schöner als auf dem Porträt im Morgenzimmer.
Doch noch mehr als das wunderschöne Gesicht und die perfekte Figur sprang Felicia das Kollier ins Auge. Eine dreifache Reihe makelloser weißer Perlen umschloss den schlanken Hals der Viscountess. In der Mitte der Perlenstränge prangte ein prachtvoller Smaragd von der Größe eines Taubeneis. Das Juwel war von Diamanten umgeben. Es handelte sich um ein Schmuckstück, dessen Anblick man niemals vergaß und dessen Wert ausreichte, um Tausende Münder ein ganzes Leben lang zu stopfen.
Bereits das Haus und seine Ausstattung zeugten von Viscount Chillings großem Wohlstand. Dieses Kollier bewies, dass er reich wie Krösus war. Kein Wunder, dass er befürchtete, Frauen würden ihn durch Tricks zu einer Ehe zwingen. Zweifellos war er einer der begehrtesten Junggesellen
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