Historical Saison Band 08
erwähnt hat! Nicht dass ich den alten Kauz besonders gut kannte …“ Plötzlich runzelte Beth die Stirn. „Aber irgendwann muss er ihn anerkannt haben, sonst hätte er ihm nicht sein gesamtes Vermögen hinterlassen.“
„Nun, der arme alte Eustace befand sich in einer wenig beneidenswerten Lage“, erklärte Philip. „Wie Onkel Waldo mir erzählte, spielte Eustaces Bruder Cedric in jenem Skandal, der sich vor fast vier Jahrzehnten ereignete, eine Schlüsselrolle. Eustace selbst war mit dem sechsten Viscount Litton befreundet, der bis zu seinem Tod mit Charles’ Mutter verheiratet blieb. Anscheinend störte es Eustace kein bisschen, dass der Viscount seine junge Frau, wann immer er betrunken war, gnadenlos verprügelte, um sie für jedes noch so geringe Vergehen zu bestrafen. Und wie so viele andere Männer glaubte Eustace, eine Ehefrau wäre verpflichtet, die – eh – kleinen Sünden ihres Gatten hinzunehmen.“
Empört, aber fasziniert bat Beth ihn, weiterzuerzählen.
„Nach einer besonders schmerzhaften Prügelstrafe wurde die junge Viscountess von Dr. Cedric Bathurst behandelt, der eben erst promoviert hatte. Sie verliebten sich, und sobald sie genas, brannten die beiden durch und lebten unter falschem Namen wie ein Ehepaar zusammen. Ein paar Jahre später erfuhr Litton, wo sich seine entflohene Frau aufhielt. Um diese Zeit war Charles bereits geboren. Der Viscount lehnte eine Scheidung rundheraus ab und machte dem Paar das Leben zur Hölle. Schließlich sahen sich die beiden gezwungen, erneut die Flucht zu ergreifen. In der Folgezeit stand Eustace nicht mit seinem Bruder in Verbindung. Erst nach dem Tod des Viscounts, etwa fünfzehn Jahre später, konnte Cedric die Mutter seines Kindes heiraten. Inzwischen hatte er eine erfolgreiche Arztpraxis in Northamptonshire aufgebaut, und die Brüder nahmen endlich wieder Kontakt auf. Trotzdem weigern sich immer noch viele Leute, Charles Bathurst als Eustaces legitimen Erben anzuerkennen.“
„Zu diesen Spießern gehörst du offenbar nicht“, meinte Beth.
„Allerdings nicht!“, bekräftigte Philip. „In dieser Gegend reichen ihm nur sehr wenige Menschen eine freundschaftliche Hand. Hoffentlich darf ich mich auf deine Unterstützung verlassen?“
„Willst du mich beleidigen?“ In gespielter Entrüstung runzelte Beth die Stirn. „Also wirklich, Philip, eigentlich dachte ich, du würdest eine solche Frage überflüssig finden.“
Statt zu antworten, brach er in Gelächter aus. Und dann – ehe sie ihm ausweichen konnte – umfasste er ihren Arm und führte sie ins Haus zurück, zu seinen anderen Gästen.
3. KAPITEL
Es war am Montag der nächsten Woche, und Beth saß allein im Salon, als ihr Lady Chalfords Besuch gemeldet wurde. Schon nach wenigen Minuten rauschte Sir Philip Stavelys Schwester ins Zimmer, ohne Begleitung und sichtlich verärgert. „Was für einen – eh – merkwürdigen Lakaien du beschäftigst, meine liebe Bethany“, begann sie, nachdem sie der Aufforderung der Hausherrin nachgekommen und in einen der bequemen Sessel vor dem Kamin gesunken war. „Seinen befremdlichen Manieren entnehme ich, dass der Dienst im Hause nicht seine einzige Aufgabe ist.“
„Nun, Rudge kümmert sich um so gut wie alles, was anfällt , Constance“, bestätigte Beth. „Um nichts auf der Welt würde ich auf ihn verzichten. Allerdings muss ich zugeben, dass es ihm als Butler an Übung mangelt.“ Plötzlich fiel ihr etwas ein, und sie lächelte boshaft. „Wenn ich mich eines Tages ganz besonders rachsüchtig fühle, sollte ich deinen Bruder vielleicht bitten, ihn für ein paar Wochen auf Stavely Court zu beschäftigen. Der tüchtige, würdevolle Stebbings könnte ihm einiges beibringen.“
Da die ironische Bemerkung wirkungslos verhallte und Ihre Ladyschaft bloß verwirrt blinzelte, verzichtete Beth auf die Erklärung, sie habe nur gescherzt. Stattdessen stand sie auf, um ihrem Gast eine Erfrischung anzubieten.
„Ich glaube, du bevorzugst das gleiche grässliche Gebräu wie meine Freundin Ann?“, fragte sie und hielt eine Karaffe mit Mandellikör hoch.
„Was …? Oh ja, ein Gläschen Likör wäre hochwillkommen.“
„Jedem das Seine“, murmelte Beth und füllte ein Glas. Für sich selbst schenkte sie Burgunder ein, ehe sie wieder Platz nahm.
„Leistet Mrs Stride uns nicht Gesellschaft?“ Lady Chalford schaute sich im Salon um. „So eine charmante Frau! Und kein bisschen unterwürfig! Man gewinnt sogar den Eindruck, dass sie an den Umgang
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