Historical Saison Band 08
mit höhergestellten Personen gewöhnt ist.“
Früher war Beth viel öfter mit Philip zusammen gewesen als mit seiner Schwester und kannte sie auch nicht so gut. Trotzdem wusste sie, dass Constance ihre Worte nicht bösartig meinte. Allerdings neigte sie zum Snobismus.
Und so beschloss Beth, ihre Besucherin sanft zurechtzuweisen. „Wenn ich dir verrate, dass Anns Mädchenname Carrington lautet und ein Zweig ihrer Familie ausgedehnte Ländereien in Gloucestershire besitzt, wirst du vielleicht verstehen, warum sie in sogenannten besseren Kreisen nicht vor Ehrfurcht stirbt.“
Neugierig beugte Lady Chalford sich vor, und Beth fügte weitere Informationen hinzu – in der Hoffnung, ihrer Freundin den Zugang zur ortsansässigen Gesellschaft zu erleichtern.
„Genau wie mein Vater war ihrer ein jüngerer Sohn und gezwungen, seinen eigenen Weg zu machen. Er wurde ein Mann der Kirche und starb als angesehener, indes ziemlich mittelloser Geistlicher. Ann musste schon in jungen Jahren ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Ihre Eltern hatten ihr eine gute Ausbildung ermöglicht, und so trat sie bei einer Familie in Hampshire die Stellung der Gouvernante an. Dort lernte sie Major Stride kennen, der ein kleines Landgut in der Gegend besaß, und wurde seine Frau. Als er mit seinem Regiment nach Portugal segelte, begleitete sie ihn. Unglücklicherweise fiel er bei Talavera. Um diese Zeit traf ich in Spanien ein.“
„Ja, ich erinnere mich … Mein Bruder erwähnte es neulich. Ich sagte, ich verstünde nicht, warum der Colonel nach dir geschickt hat. Und da erklärte Philip, du hättest die Reise aus eigenem Antrieb unternommen.“
Beth verbarg weder ihre Verblüffung noch ihren Respekt vor Philips Scharfsinn. „Wie hat er denn das herausgefunden?“
„Also stimmt es?“
Ausdruckslos starrte Beth ins Kaminfeuer. „Ja“, gab sie zögernd zu. „Das wissen nur sehr wenige Leute. Nicht einmal Ann wurde offiziell darüber informiert. Aber sie hat es natürlich erraten.“ Dann hob sie die Hand. „Wir schweifen vom Thema ab. Kehren wir zur Geschichte meiner lieben Freundin zurück. In Indien hatte ihr Ehemann unter Generalgouverneur Wellesley gedient, und der Duke of Wellington hielt große Stücke auf ihn. Obwohl Ann meine bezahlte Gesellschafterin war, wurde sie von allen Offizieren respektiert.“
„Warum arbeitet sie für dich, statt auf ihrem Landgut in Hampshire zu leben? Das erscheint mir seltsam.“
„Das sagst du, weil du sie nicht kennst. Der Major hinterließ ihr kein Vermögen, und das Haus ist bis zum Ende des Jahres vermietet. Wir haben nie darüber gesprochen – aber ich glaube, Ann möchte nicht nach Hampshire zurückkehren. Dort würde sie sich langweilen und könnte ihren Tatendrang nicht befriedigen.“ Während Beth ins Leere blickte, beschwor sie Bilder aus der Vergangenheit herauf, die sie immer noch erschauern ließen. „Da ich deine Gefühle nicht verletzen will, Constance, möchte ich nur betonen, dass meine Freundin und ich in Spanien Dinge sahen, die einer Frau von Stand normalerweise erspart bleiben. Trotzdem hat mich die Zeit bei der Armee geprägt. Hätte ich England nicht verlassen, wäre ich jetzt verheiratet, in einer wahrscheinlich lieblosen Ehe gefangen und unzufrieden mit meinem Schicksal.“
„Aber meine Liebe!“, protestierte Lady Chalford schockiert. „Ist es nicht das Ziel jedes Mädchens, Ehefrau und Mutter zu werden?“
„Nicht mein Ziel“, entgegnete Beth unverblümt. „Früher dachte ich anders darüber. Zum Glück bin ich jetzt vernünftiger.“ Da sie das Unbehagen ihres Gastes bemerkte, wechselte sie das Thema und erkundigte sich, ob Constance aus einem besonderen Grund gekommen sei.
„Oh ja, ich wollte etwas mit dir besprechen. Und ich bin froh, dass wir unter vier Augen reden können.“ Constance warf einen Blick zur Tür. „Oder glaubst du, wir werden gestört?“
„Nur von Rudge, falls er beschließt, noch etwas Holz ins Feuer zu legen. Aber er sollte dich nicht erschrecken. Trotz seiner mangelnden Manieren ist er sehr diskret“, versicherte Beth. „Und meine Freundin wird kaum vor dem Lunch zurückkehren. Bei deiner Dinnerparty erfuhr die Frau des Vikars, dass Ann die Tochter eines Geistlichen ist. Deshalb fragte sie, ob Mrs Stride so freundlich wäre, ihr zu helfen und ein paar Kleider unter den Bedürftigen unserer Gemeinde zu verteilen.“ Seufzend sah Beth zur Stuckdecke hinauf. „Und gutmütig, wie Ann nun einmal ist, hat sie
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