Historical Saison Band 08
nicht für günstige Gelegenheiten sorgen …“ Als Beth erkannte, wie schockiert Ihre Ladyschaft über die brüske Ablehnung war, fügte sie in etwas sanfterem Ton hinzu: „Tut mir leid, aber das kommt nicht infrage. Philip würde es mir kaum danken, wenn ich mich in sein Privatleben einmische – insbesondere, weil wir nicht mehr so eng befreundet sind wie früher. Außerdem dürfte Tante Henrietta mir immer noch grollen, weil ich es vorzog, nach Spanien zu reisen, statt bei ihr zu wohnen. Zumindest entnahm ich das ihren Briefen, die ich in den letzten Jahren erhielt. Falls sie jetzt bereit ist, die Vergangenheit zu begraben, und wieder bei mir wohnen möchte, werde ich sie gern einladen. Nächstes Jahr, wenn ich das Haus in Ordnung gebracht habe.“
Damit musste Constance sich zufriedengeben.
Kurz nachdem die Besucherin sich verabschiedet hatte, kehrte Ann zurück und traf ihre junge Herrin am Schreibtisch im Salon an. Das Haushaltsbuch war an derselben Stelle aufgeschlagen wie vor zwei Stunden, als die Gesellschafterin aus dem Haus gegangen war, und wies nur wenige neue Eintragungen auf. Auch die gestapelten Rechnungen neben Beth’ schmaler rechter Hand wirkten unberührt. Zwischen den azurblauen Augen hatte sich eine steile Falte gebildet.
„Was bedrückt dich, meine liebe Beth? Ärgerst du dich, weil du deine Buchhaltung heute Morgen noch nicht beendet hast? Soll ich dich allein lassen, damit du dich auf deine Arbeit konzentrieren kannst?“
Erst in diesem Moment bemerkte Beth, dass ihre Freundin neben ihr stand. Wie so oft übte Anns sanfte Stimme eine beruhigende Wirkung auf sie aus. „Allzu viel habe ich nicht erledigt, das ist wahr. Daran ist eine unerwartete Besucherin schuld. Trotzdem möchte ich nicht allein bleiben. Komm, Ann, setzen wir uns vor den Kamin, und du erzählst mir, welche Neuigkeiten du im Dorf aufgeschnappt hast.“
Bereitwillig erfüllte Ann den Wunsch ihrer Freundin und erzählte ihr, dass in den letzten Monaten Diebstähle in der Gegend dramatisch zugenommen hatten. „Wie Mrs Chadwick, die Vikarsfrau, erwähnte, wurde sogar in zwei oder drei größeren Häusern an der Hauptstraße eingebrochen. Und in der benachbarten Stadt geht es noch schlimmer zu. Dort versammeln sich immer mehr unzufriedene Männer an den Straßenecken und bekunden ganz offen ihren Groll gegen die Leute, die in besseren Verhältnissen leben.“
„Damit war zu rechnen“, meinte Beth, kein bisschen überrascht. „Nach dem Kriegsende sind zu viele ehemalige Soldaten arbeitslos. Und die Unruhen werden sich ausbreiten, solange die Männer sich nicht ernähren können, geschweige denn ihre Familien.“
Zustimmend nickte Ann. Dann erinnerte sie sich an etwas anderes, das sie an diesem Morgen erfahren hatte. „Kennst du zufällig einen gewissen Napier? Das behauptet jedenfalls Mrs Chadwick. Er ist ein guter Freund ihres Sohnes und hat das Pfarrhaus in den letzten Jahren oft besucht. Sie sagt, er stamme aus Surrey und wohne in der Nähe von Lord und Lady Barfield.“
„Oh, sicher meinst du Crispin Napier.“ Nachdenklich schüttelte Beth den Kopf. „Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er noch ein Kind. Jetzt muss er Anfang zwanzig sein.“
„Er ging mit dem einzigen Sohn des Vikars zur Schule. Auch danach blieben die beiden befreundet, und offenbar kommt Mr Napier nächsten Monat zu Sir Philips Geburtstag hierher. Was ich seltsam finde, denn so, wie ich Mrs Chadwick verstanden habe, erfreut der Baronet sich keineswegs Mr Napiers besonderer Wertschätzung. Offenbar organisierte Sir Philip zu Beginn des Sommers, kurz nach seiner Rückkehr aus London, einen Jagdausflug. Dazu lud er mehrere Nachbarn ein, darunter den Reverend, dessen Sohn und Mr Napier, der zufällig gerade zu Gast war im Pfarrhaus. Der junge Mann zeigte sich nicht allzu begeistert über die Jagdpartie und schloss sich nur an, um seinem Freund Gesellschaft zu leisten. Was glaubst du, warum er das Geburtstagsfest besuchen will – obwohl er Sir Philip nicht mag?“
„Sicher, das ist merkwürdig. Aber der junge Crispin wird seine Gründe haben. Zudem nehme ich an, Philips Schwester hat die Einladungen verschickt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er auch ihr zürnt. Da wir gerade von Lady Chalford reden – heute Morgen machte sie mir die Aufwartung und erklärte mir im Lauf unseres Gesprächs, ihr Bruder wüsste, dass ich aus eigenem Antrieb nach Spanien gereist bin.“ Beth musterte das Gesicht ihrer Freundin. „Das kannst
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