Historical Saison Band 09
begriff Sophie dennoch, dass ihre Freundin während der letzten Wochen offenbar zärtliche Gefühle für Peter Poundell entwickelt hatte und nun befürchtete, er könne sich tödliche Verletzungen zugezogen haben.
„Außerdem“, schluchzte Ariadne, „möchte Papa nicht, dass wir ein Paar werden. Er hofft noch immer, der Duke of Belfont werde um mich anhalten. Aber ich habe doch Angst vor ihm. In seiner Gegenwart komme ich mir immer so dumm vor, dass ich kaum wage, etwas zu sagen. Ich weiß, dass er mich verachtet.“
Zu ihrem eigenen Erstaunen stellte Sophie fest, dass sie lächelte. Ariadne hatte recht: Der Duke brauchte keine schüchterne Braut, sondern eine selbstbewusste Frau mit Lebenserfahrung, Bildung und dem richtigen familiären Hintergrund.
Ich habe mich dümmer benommen als Ariadne, dachte sie. Nie werde ich mehr für ihn sein als eine Cousine, die den größten Teil ihres Lebens im Ausland verbracht und ihn dann um Hilfe gebeten hat.
„Machen Sie sich keine Sorgen“, tröstete sie ihre Freundin. „Ich bin sicher, dass alles gut wird.“
Einen Moment lang erfüllte diese Zuversicht auch Sophie selbst. Plötzlich spürte sie wieder die Sonnenstrahlen, deren Wärme beruhigend wirkte. Sie hörte das Schnauben der noch immer aufgeregten Pferde, aber auch den Ruf eines Raubvogels, der am Himmel kreiste. Sie schaute sich um und empfand plötzlich eine unerwartete Freude an dem Bild der sommerlich gekleideten Menschen. Selbst das von so vielen Füßen und Hufen zertretene Gras mit den abgeknickten Gänseblümchen erschien ihr schön.
„Alles wird gut!“, wiederholte sie.
Es dauerte eine Weile, bis die Aufregung sich legte und so etwas wie Ordnung einkehrte. Ariadne erhielt die Erlaubnis, kurz mit Peter zu sprechen, der außer einigen eher harmlosen Prellungen wohl nur eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. Theodore erklärte, er persönlich wolle seinen Freund nach London bringen. Und so wurde dieser auf die bequeme Sitzbank in The Winged Chariot gebettet.
Längst hatten sich die ersten Reiter und Kutschen auf den Rückweg gemacht. Auch Mrs Jefferson drängte zum Aufbruch. Während Ariadne aufgeregt plauderte, verhielten Harriet und Sophie sich recht schweigsam. Beide waren mit ihren Gedanken bei James. Sie waren stolz auf ihn, weil er sein eigenes Leben riskiert hatte, um die Postkutsche anzuhalten, ehe etwas Schreckliches passierte. Andererseits war beiden die darauf folgende Szene mit Lady Colway überaus unangenehm gewesen.
Nur Ariadne schien erfreut darüber. „Nun“, stellte sie fest, „wird Papa sich wohl damit abfinden, dass ich den Duke nicht heiraten möchte. Dass ein Gentleman eine Mätresse hat, mag ja angehen. Aber eine solche Beziehung öffentlich zur Schau zu stellen, gehört sich wirklich nicht.“
„Ja“, stimmte ihre Mutter zu, „die Dame, die dem Duke nach diesem Vorfall ihr Jawort gibt, muss entweder sehr tapfer oder sehr dumm sein.“ Dann warf sie, erschrocken über ihre taktlosen Worte, Lady Harley einen ängstlichen Blick zu.
Doch Harriet schien gar nicht zugehört zu haben. Tatsächlich dankte sie dem Schicksal, dass es ihren Bruder genau in dem Moment auf die Ebene von Finchley Common geführt hatte, als seine Hilfe so dringend benötigt wurde. Nicht auszumalen, was geschehen wäre, wenn er die Postkutsche nicht rechtzeitig zum Stehen gebracht hätte! Er selbst allerdings würde noch eine Weile unter den Folgen seines Abenteuers zu leiden haben. Vermutlich hatte er sich ein paar Zerrungen zugezogen, und zweifellos würde ihm eine Zeit lang ein heftiger Muskelkater zu schaffen machen.
Das war auch Sophie bewusst. Doch ihre Sorge galt beinahe noch mehr den Folgen, die Lady Colways schamloses Verhalten für den Duke haben würde. Die Dame war verheiratet, und gewiss würde ihr Gatte von dem Vorfall erfahren. Wie würde er reagieren?
Sie ahnte nicht, dass auch der Duke sich in diesem Moment den Kopf darüber zerbrach. Da er kein Duell zu fürchten brauchte – Lord Colway war schließlich seit Langem krank –, machte er sich kaum Gedanken um seine Sicherheit. Für ihn war das Schlimmste, dass es nun eine Menge böses Gerede geben würde, von dem auch Harriet und Sophie nicht unberührt bleiben würden.
Er seufzte. Er liebte seine Schwester, die stets zu ihm gestanden hatte. Wie oft hatte sie ihm ermutigend und verständnisvoll zugelächelt, wenn sein Vater ihn zur Ehe drängte! Sie würde, auch wenn er nicht mit ihr darüber sprach, wissen, dass er nie
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