Historical Saison Band 09
gäbe, da die Einladungen bereits verschickt seien.
„Außerdem“, hatte Harriet betont, „gibt der Ball James die Möglichkeit, aller Welt zu beweisen, dass er seine Aufgabe als Vormund ernst nimmt. Ich kann nach langer Zeit wieder einmal zeigen, dass ich in der Lage bin, ein großes Fest zu organisieren. Und Sie wird man nach Ihrer offiziellen Einführung in die Gesellschaft zu allen wichtigen Ereignissen einladen.“
Sophie hatte sich zu einem Lächeln gezwungen. Was hätte sie auch sonst tun sollen? Schließlich konnte sie Harriet unmöglich gestehen, dass sie das Gespräch zwischen ihr und ihrem Bruder belauscht hatte und um dessen Heiratspläne wusste.
Tief atmete sie die durchs offene Fenster hereinströmende laue Luft tief ein. Sie lauschte dem Rascheln des Windes in den Bäumen und dem Gesang der Vögel, die sich durch die im Garten vorgenommenen Veränderungen nicht hatten vertreiben lassen.
Warum, überlegte sie, sollte James ausgerechnet mich um meine Hand bitten? Trotz des Vorfalls mit Lady Colway würden viele wohlhabende junge Damen ihn mit Freuden zum Gatten nehmen. Schließlich war er jung, sah gut aus und verfügte über Einfluss und ein ansehnliches Vermögen. Er ist ein Duke, sagte Sophie sich, während ich nur eine im Ausland aufgewachsene arme Cousine bin. Wahrscheinlich wird er gar nicht um mich anhalten.
Zuversicht erfüllte sie plötzlich, und sie sprang auf. Ihr Blick fiel auf ihre Ballrobe, die am Schrank hing. Es handelte sich um eine wunderschöne Kreation aus elfenbeinfarbenem Satin und hellblauer Gaze. Um den Ausschnitt herum und oberhalb des Saums waren mit Goldfäden zahlreiche kleine Perlen aufgestickt. Nie zuvor hatte sie ein so schönes Kleid besessen. Sie hatte es vom ersten Moment an geliebt, vielleicht umso mehr, da sie wusste, dass sie es vermutlich nach diesem Abend nie wieder tragen würde. Es passte einfach nicht zu einer Frau, die ihren Lebensunterhalt als Schriftstellerin verdiente.
Es klopfte, und Rose trat ins Zimmer. Die Zofe hielt ein schmales Kästchen in der Hand. „Ich bin hier, um Ihnen beim Ankleiden zu helfen, Miss. Und um Ihnen dies hier im Auftrag Seiner Gnaden zu geben.“
Zögernd nahm Sophie das Kästchen entgegen. Es machte sie nervös, etwas anzufassen, was der Duke kurz zuvor noch berührt hatte. Beinahe ehrfürchtig hob sie den Deckel. Auf einem Bett aus dunkelblauem Samt lag ein Fächer mit zierlichen Stäben aus Elfenbein. Sophie öffnete ihn und bestaunte die kunstvolle Malerei. Sie erinnerte sich an dieses wunderschöne in einem großen Park gelegene Haus, obwohl sie es als kleines Mädchen zuletzt gesehen hatte. Dersingham Park!
Dann entdeckte sie ein zusammengefaltetes Stück Papier mit einer Botschaft des Dukes. „Der Fächer hat meiner Mutter gehört“, las sie, „und soll nun in Ihren Besitz übergehen. Meine besten Wünsche für ein erfolgreiches Debüt! Belfont.“
Sophie brach in Tränen aus.
„O Miss“, rief die Zofe erschrocken, „bitte, nicht weinen! Sie werden sich Ihren Teint ruinieren!“
Diese Bemerkung ließ Sophie in hysterisches Lachen ausbrechen. Und darüber war Rose so entsetzt, dass sie aus dem Raum stürzte, um Lady Harley zu Hilfe zu holen.
Gleich darauf betrat Harriet, die noch nicht fertig angekleidet war und deshalb rasch einen Morgenmantel übergeworfen hatte, Sophies Zimmer. „Was ist los?“, fragte sie besorgt.
Sophie hielt ihr den Fächer hin.
„Ein Geschenk von James? Wie nett von ihm! Aber doch kein Grund zu weinen!“
Erneut brach Sophie in Schluchzen aus.
„Gefällt Ihnen der Fächer nicht?“
„O doch!“ Sie schluckte. „Aber nun gibt es noch mehr, wofür ich ihm dankbar sein muss. Und …“
„Und?“
„Er wird erwarten, dass ich aus Dankbarkeit genau das tue, was er von mir verlangt. Zum Beispiel, dass ich irgendeinen Mann heirate, den er für mich aussucht.“
„Unsinn! Niemand wird Sie zur Ehe oder zu sonst irgendetwas zwingen! Beruhigen Sie sich! Und lassen Sie Rose endlich Ihre Arbeit tun. Es dauert nicht mehr lange, bis die ersten Gäste eintreffen.“ Sie gab Sophie einen Kuss auf die Wange und verschwand.
Auf Roses Drängen hin, setzte Sophie sich. Wie im Schlaf ließ sie alles über sich ergehen. Die Zofe legte ihr nasse Tücher auf die verweinten Augen, zog ihr nach und nach alle Kleidungsstücke an und frisierte schließlich ihr Haar. Dann trat sie einen Schritt zurück und erklärte zufrieden: „Sie werden bestimmt die Schönste auf dem Ball sein, Miss
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