Historical Saison Band 09
noch! Ich bin gleich fertig. Dann nehmen wir eine Mietdroschke zum Haus des Conte.“
So geschah es. Doch als Mrs Davies ihnen öffnete, konnte sie ihnen nur mitteilen, dass Cariotti umgezogen sei.
„Wohin?“, verlangte der Duke zu wissen.
„Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, Euer Gnaden. Der Conte erwähnte nur, dass er jetzt bald heiratet und deshalb eine größere Wohnung braucht.“
James zwang sich zur Ruhe. Es war ganz unmöglich, dass Sophie einen Mann wie den Conte zum Gatten nehmen wollte! Oder täuschte er sich? War sie tatsächlich nach England gekommen, um sich dort mit Cariotti zu treffen – so wie der es behauptet hatte?
„Darf ich mich in seinen Räumlichkeiten ein wenig umsehen?“, fragte er die Hauswirtin. „Vielleicht finde ich einen Hinweis auf die neue Wohnung.“
Mrs Davies zuckte die Schultern. „Ich versichere Ihnen, dass er nichts zurückgelassen hat. Aber bitte versuchen Sie Ihr Glück!“
Gemeinsam mit seinem Freund begann James, die Zimmer zu durchsuchen. Vergeblich! Dann jedoch rief Richard: „Hier in der Schreibtischschublade ist etwas!“
Es war ein Fächer. Aber nicht irgendein Fächer! Nein, es war der Fächer, den James Sophie am Abend ihres Balls geschenkt hatte.
Schmerz und Wut flammten in James auf. O Gott, er konnte sich vorstellen, wie Sophie und ihr Bräutigam gelacht hatten, als sie den Fächer für ihn zurückließen!
„Gehen wir“, sagte er zu Richard und eilte aus dem Haus, ohne Mrs Davies auch nur einen Blick zu gönnen. Es war Richard, der ihr eine Münze zuwarf, ehe er sich bemühte, seinen Freund zu beruhigen.
Doch der fuhr ihn an: „Lassen Sie mich! Nehmen Sie die Kutsche und verschwinden Sie. Ich möchte allein sein.“
Tatsächlich lief er stundenlang durch die Straßen, ohne seiner Umgebung auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Er bemerkte weder die Vögel, die am blauen Himmel dahinsegelten, noch die blühenden Blumen in den kleinen Vorgärten. Er beachtete weder die Katze, die vor ihm über den Weg huschte, noch den Jungen, der aufgeregt hinter seinem Reifen herlief und dabei beinahe unter die Hufe eines Pferdes geraten wäre. Er hörte nicht, wie die Kinderfrau des Knaben aufschrie und dann, als sie ihren kleinen Schützling in Sicherheit wusste, begann, lauthals mit ihm wegen seiner Unaufmerksamkeit zu schimpfen.
Ja, einmal rempelte der Duke sogar eine junge Frau an, die einen Korb mit Obst trug, der durch den Zusammenstoß so heftig ins Schwanken geriet, dass ein paar der süßen Früchte auf der Erde landeten.
Irgendwann trank er in einem Gasthaus ein erstes großes Glas Ale. Weitere kamen hinzu. Viel später dann – es war Morgen geworden –- stand er, ohne dieses Ziel bewusst gewählt zu haben, vor der Tür seines eigenen Hauses.
Als er in die Eingangshalle trat, erschreckte er eines der Hausmädchen, das gerade bunte Blüten in einer Vase arrangierte, so sehr, dass es die Vase fallen ließ. Ohne seine Schritte auch nur zu verlangsamen, begab er sich in sein Arbeitszimmer, wo er sich in den schweren Lehnstuhl vor dem Schreibtisch fallen ließ und den Kopf in den Armen barg.
So fand Harriet ihn einige Zeit später. Sie umfasste seine Schultern und schüttelte ihn sanft. „James, du kannst doch hier nicht schlafen!“
Er schlug die Augen auf und wusste im ersten Moment nicht, wo er war. Dann erkannte er seine Schwester, die einen Morgenmantel aus schillernder Seide trug. „Sie hat uns betrogen“, klagte er.
„Sophie?“, fragte sie ungläubig. Und dann: „Du hast sie also gefunden?“
„Sie hat sich mit Cariotti aus dem Staub gemacht und ein Abschiedsgeschenk für uns in seiner Wohnung gelassen.“ Er hielt Harriet den Fächer hin.
„Unsinn! Wie kannst du so etwas glauben? Dahinter steckt allein dieser schreckliche Italiener!“
„Sie ist bei ihm gewesen. So viel steht fest. Aber mir gegenüber hat sie es abgestritten. Ich fürchte, es ist noch immer der alte Krieg: Dersinghams gegen Langfords.“
Entschieden schüttelte seine Schwester den Kopf. „Du kannst vor lauter Müdigkeit nicht klar denken. Geh zu Bett, und schlaf dich richtig aus.“
Er wollte widersprechen, sah dann aber ein, dass es einfacher war zu gehorchen. Also erhob er sich und verließ den Raum mit gebeugten Schultern und schleppenden Schritten.
Mehrere Stunden mussten vergangen sein, als James erwachte. Er wusch sich, ließ sich von seinem Kammerdiener beim Rasieren helfen und zog dann eine hellbraune Hose, ein weißes Hemd,
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