Historical Saison Band 09
es wagen sollten, etwas anderes zu sagen oder auch nur anzudeuten, werden wir Sie wegen übler Nachrede anzeigen. Nicht, dass Sie in der Lage sein würden, Schadensersatz zu zahlen.“
„Beruhigen Sie sich, Miss McCallan. Sie brauchen Ihr Gesetzbuch nicht zu bemühen“, erwiderte MacLachlann auf seine höchst herablassende Weise. „Ich werde niemandem von der Arbeit erzählen, die Sie für Ihren Bruder tun.“ Sein gewohnt spöttisches Lächeln verschwand für einen Moment. „Dafür schulde ich ihm zu viel.“
Aber was?, hätte sie ihn am liebsten gefragt. Jamie hatte ihr nie genau erklärt, wo er MacLachlann in London begegnet war. Er hatte damals einfach nur den offensichtlich betrunkenen Mann nach Hause gebracht, ihn im Gästezimmer untergebracht und ihm Arbeit als eine Art ermittelnden Partner gegeben. Selbstverständlich hatte Esme Fragen an ihn gehabt, von denen Jamie die meisten nicht hatte beantworten wollen. Er hatte nur zugegeben, dass MacLachlann schwere Zeiten durchgemacht und sich von seiner Familie entfremdet hatte. Erst später erfuhr sie aus zufällig belauschten Gesprächsfetzen zwischen den beiden Männern, dass MacLachlann seiner Familie durch seine nichtsnutzige Lebensweise Schande gemacht hatte.
Ebenso hatte sie herausgefunden, dieses Mal durch eigene Beobachtung, wie charmant er sein konnte, wenn er wollte, besonders zu Frauen, die sich daraufhin benahmen, als hätte er ihnen auf irgendeine Art den Verstand benebelt.
Auf sie selbst traf das natürlich nicht zu. Sie war viel zu wachsam und skeptisch, um sich von seinem seichten Charme einlullen zu lassen – wenn er je versucht hätte, das zu tun.
Sie blickte auf die vergoldete Uhr auf dem Kaminsims und sah, dass es nun bereits fast vier Uhr war.
„Wir sind recht ungeduldig, was?“, erkundigte er sich.
„Sie mögen ja nichts Besseres zu tun haben, als hier Ihre Zeit zu vertrödeln“, erwiderte sie und machte sich auf den Weg zur Tür, „ich hingegen sehr wohl. Guten Tag.“
„Was, Sie wollen mich hier ganz allein zurücklassen?“, fragte MacLachlann in gespielter Betroffenheit.
„Ja, und zwar mit Vergnügen“, fuhr sie ihn an, öffnete die Tür und stieß fast mit Jamie zusammen.
„Ah, hier seid ihr beide ja. Und noch nicht einander an die Kehle gegangen“, sagte ihr unpünktlicher Bruder lächelnd. Sein schottischer Akzent war heute etwas deutlicher, was Esme verriet, dass er trotz seiner offensichtlich guten Laune wegen etwas aufgebracht sein musste.
„Ich habe die Dokumente gebracht, die du wolltest“, sagte sie neugierig, aber nicht bereit, mit ihrem Bruder darüber zu sprechen, solange MacLachlann mit ihnen in einem Raum war. „Ich habe einen interessanten Präzedenzfall aus dem Jahr 1602 gefunden, in dem es um ein Schaf ging, dessen Besitzer …“
Jamie hängte seinen Hut an einen Haken neben der Tür. „Um Mrs Allens Klage kümmere ich mich morgen.“ Er fuhr sich mit der Hand durch das kurze braune Haar, während er um den zerkratzten uralten Schreibtisch herumging, den sie gebraucht gekauft hatten. „Ich danke dir natürlich, dass du mir die Papiere gebracht hast, aber es gibt da eine andere Angelegenheit, bei der ich sehr hoffe, dass ihr beide mir helfen werdet.“
Ein hastiger Blick in MacLachlanns Richtung zeigte ihr, dass er ebenso wenig darauf erpicht war, etwas mit ihr zu tun zu haben wie sie mit ihm.
„Setz dich, Esme, und lass mich erklären. Du auch, Quinn, wenn du so freundlich wärst.“
Hin und her gerissen zwischen Neugier und Furcht, tat Esme ihm den Gefallen. Wieder saß sie nur auf dem äußersten Rand des Stuhls, während MacLachlann auf einem nicht weniger kleinen ihr gegenüber Platz nahm und sich nach hinten lehnte, sodass das ganze Gewicht auf den beiden Hinterbeinen lag.
„Sie werden den Stuhl noch zerbrechen, wenn Sie sich weiter auf diese Weise nach hinten lehnen“, warf Esme ihm vor.
„Wollen wir wetten?“ Wieder dieses spöttische Lächeln, das sie so hasste.
Esme antwortete nicht.
„Ich habe euch hergebeten“, begann Jamie, als hätte keiner von beiden etwas gesagt, „weil ich eure Hilfe brauche in einer Sache, die juristischen Sachverstand und Diskretion verlangt … sowie die Notwendigkeit zur Täuschung.“
„Täuschung?“, wiederholte Esme beunruhigt.
„Sie werden doch wohl nicht so naiv sein und glauben, das Gesetz nähme nicht gelegentlich Zuflucht zu dem einen oder anderen Winkelzug“, warf MacLachlann ein. „Zumindest wenn es darum geht, Tatsachen
Weitere Kostenlose Bücher