Historical Saison Band 12
gelauscht habe, ist mir bewusst geworden, wie wichtig es für die Menschen in Channings ist, dass du einen Erben bekommst.“
„Aber ich denke, du verabscheust mich, weil ich deinen Vater ruiniert und deinen Bruder getötet haben soll?“
„Dass du meinen Vater nicht ruiniert hast, weiß ich inzwischen. Ich glaube dir, dass du die Wahrheit über das Kartenspiel gesagt und versucht hast, ihn vor Schlimmerem zu bewahren.“
„Und dein Bruder? Glaubst du immer noch, ich hätte ihn getötet, obwohl ich dir meine Unschuld beteuert habe?“, hakte er unerbittlich nach.
„Das … das ist etwas anderes.“ Lexi sah, wie seine Miene versteinerte. „Wenn du mir sagst, es war ein bedauerlicher Unfall, glaube ich, könnte ich dir im Laufe der Zeit verzeihen“, fügte sie verzweifelt hinzu.
Richard erhob sich abrupt. „Tut mir leid“, erwiderte er schroff. „Die Versuchung ist zwar groß, aber das ist nicht die Ehe, die ich mir vorstelle. Ich will keine Gemahlin, die ‚ihre Pflicht‘ tut, bloß damit das Anwesen einen Erben bekommt. Und ich will ganz gewiss nicht zusehen, wie du jedes Mal erschüttert den Blick von mir abwendest, wenn der Name deines Bruders fällt. Johnny und ich haben uns im Krieg gegenseitig das Leben mehr als einmal gerettet. Er stand mir näher als ein Bruder. Nach seinem Tod habe ich das getan, was ich für das Beste für ihn und seine Familie hielt. Ich habe ihn nicht umgebracht, und ich will verflucht sein, wenn ich mit einer Frau Kinder bekomme, die mich in ihrem tiefsten Inneren für einen Lügner und Mörder hält.“
Seinen Blick festhaltend sprang Lexi auf. „Was soll ich denn sonst glauben? Du weigerst dich ja, mir mehr zu erzählen! Aber ich habe Papas Wort dafür, dass du Johnny getötet hast. Willst du etwa behaupten, er habe gelogen?“
„Ich kann nicht glauben, dass dein Vater so etwas behauptet hat. Das ist unmöglich!“
„Ich habe Beweise!“
„Das hast du schon einmal gesagt. Wo sind diese Beweise? Zeig sie mir!“
„Das werde ich!“
Ohne sich zu versichern, dass er ihr folgte, stürmte sie aus dem Blauen Salon hinauf in ihr Schlafgemach. Cissie war gerade dabei, das Kleid für das Dinner herauszulegen. Knapp wies Lexi sie an, sie allein zu lassen. Nach einem Blick in das Gesicht ihrer Herrin gehorchte die Zofe sofort und eilte aus dem Zimmer, gerade als Richard es betrat.
„Und – wo sind deine Beweise?“
Lexi ging hinüber zu ihrer Schmuckschatulle und nahm die Tagebuchseite heraus. Aufmerksam betrachtete sie Richards Miene, während er die Zeilen las. Schließlich presste er kurz die Lippen zusammen und atmete tief durch. „Das ist also dein sogenannter Beweis? Der Grund für die Szene nach unserer Trauung?“
„Ist das nicht überzeugend genug?“
„Nein, verdammt, das ist es nicht!“ Richard funkelte sie zornig an. „Nicht einmal annähernd. Wie kannst du nur …“ Er wandte sich ab und ging einige Schritte, ehe er sich ihr wieder zuwandte. Mit vor Wut bebender Stimme sagte er: „Du hast mich einen Lügner und Feigling gescholten, warst bereit, mich zu töten, uns beide zu ruinieren – denn einer Strafe wärst du nicht entkommen, wenn du mich erschossen hättest –, und das alles nur wegen eines Stück Papiers? Einer Seite aus dem Tagebuch eines Mannes, der vor Gram über den Tod seines einzigen Sohnes keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte?“
„Woher weißt du das?“, fragte Lexi leise in die auf seinen Ausbruch folgende Stille.
„Was meinst du?“, erwiderte Richard schroff.
„Woher weißt du, dass die Seite aus dem Tagebuch meines Vaters stammt?“ Sie ging zu dem Stapel Bücher, der auf dem Tisch lag, und zog es hervor. „Natürlich hast du recht“, meinte sie, während sie durch die Seiten blätterte. „Hier fehlt diese Seite. Aber wie konntest du das wissen, Deverell?“
Er zögerte kurz. „Man kann auf den ersten Blick sehen, dass die Seite aus einem Tagebuch herausgerissen wurde. Und die Handschrift deines Vaters habe ich erkannt.“
Lexi blätterte weiter. „Hier fehlt noch eine Seite.“ Sie hielt ihm das Buch hin und musterte ihn aufmerksam, während er es betrachtete. „Aber diese Seite habe ich nicht gefunden. Ich frage mich, wo sie wohl ist.“
Richards Züge glätteten sich. Zu ihrer großer Enttäuschung reagierte er gar nicht auf ihre provozierende Bemerkung, sondern stellte eine Gegenfrage. „Wo hast du die Seite gefunden, Alexandra? Und wann?“
„Zwei Tage vor unserer Hochzeit. Sie ist aus dem
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