Historical Saison Band 12
verschmelzen schienen, eins miteinander wurden, unzertrennlich.
Doch gerade als Lexi glaubte, vor Wonne zu zerfließen, löste er sich abrupt von ihr. Schwer atmend standen sie sich gegenüber, bis Richard mit rauer Stimme sagte: „Es tut mir leid, ich habe dein Kleid zerknittert.“
„Richard …“
„Nein, Alexandra, wir werden uns verspäten. Ich schicke Cissie zu dir, damit sie dir hilft, dein Kleid zu richten. Ich warte unten auf dich.“ Sprach’s und verließ das Zimmer.
Verzweifelt blickte Lexi auf die geschlossene Tür. Wie konnte er sie einfach allein lassen? Offensichtlich war er nicht einmal halb so sehr von seinen Gefühlen überwältigt wie sie. War ihm nicht bewusst, dass es äußerst grausam von ihm war, ihr einen weiteren Moment des Glücks zu gewähren, das sie einst miteinander geteilt hatten, nur um sie gleich darauf dieses Gefühls wieder zu berauben? Gewiss nicht. Sonst wüsste er, welchen Tumult er mit seinem Kuss in ihr ausgelöst hatte, und würde nicht seelenruhig erwarten, dass sie ihr Kleid richtete, um ihn anschließend zu dieser Gesellschaft zu begleiten, banale Konversation zu betreiben und mit der gebotenen Aufmerksamkeit klassischer Musik zu lauschen. Indes gebot ihr der Stolz, genau dies zu tun.
Prüfend betrachtete sie sich im Spiegel. Erneut sah sie Richards Spiegelbild vor ihrem inneren Auge. Hatte sie sich seinen sehnsuchtsvollen Blick lediglich eingebildet? Es konnte nicht anders sein. Aber warum machte er ihr solch teure Geschenke? Einen Augenblick lang hatte sie gedacht, er wolle ihr damit zeigen, wie viel sie ihm bedeute, aber das war natürlich eine törichte Vermutung gewesen. Vielmehr schien es, als wolle Lord Deverell sicherstellen, dass seine Gemahlin ebenso gut gekleidet und mit wertvollem Schmuck ausgestattet war wie die anderen Damen der Gesellschaft. Nun ja, dies war ihm gelungen. Die Diamanten waren wunderschön, und ihre elegante Robe stammte von einer der begehrtesten Schneiderinnen Londons. Wenn es ihm lediglich darum ging, dass sie ihn nicht blamierte, würde er zufrieden mit ihr sein.
Mit Cissies Hilfe brachte sie ihr Aussehen in Ordnung und machte sich bereit, ihre Rolle zu spielen.
Dies gelang ihr so hervorragend, dass die anderen Gäste einhellig verkündeten, sie hätten Lexi nie zuvor so strahlend gesehen. Und obgleich Richard seine Zuneigung weder in Worten noch in Gesten ausdrückte – was niemanden verwunderte, hatte er seine Gefühle doch noch nie offen zur Schau gestellt –, vertraten sämtliche Anwesenden die Ansicht, sie könne sich äußerst glücklich schätzen. Den beeindruckenden, funkelnden Beweis seiner Verehrung trug sie schließlich für alle sichtbar um den Hals.
In der Pause gesellte sich Sir Charles Stainforth zu ihnen. „Gewiss werden Sie sich nicht mehr an mich erinnern, Lady Deverell. Als wir in der Saison Ihres Debüts einander vorgestellt wurden, waren Sie von einer Schar Bewunderer umringt.“
„Natürlich erinnere ich mich an Sie, Sir Charles! Ihre Gattin ist eine Freundin meiner Patin. Ist Lady Stainforth heute Abend ebenfalls zugegen?“
„Leider nein. Außerhalb der Saison zieht meine Gemahlin es vor, sich auf unserem Anwesen in Surrey aufzuhalten. Die Woche über bin ich in der Stadt, zum Wochenende erwartet sie mich allerdings zurück. Ein Mann verliert in einer Ehe seine Freiheit, nicht wahr, Deverell?“
„Ah, aber er gewinnt so viel mehr, Sir Charles.“
Lexi musste über Sir Charles’ finstere Miene schmunzeln. „Da Sie allein in der Stadt weilen, vielleicht möchten Sie uns ja morgen beim Dinner Gesellschaft leisten, falls Sie keine anderweitigen Verpflichtungen haben?“, fragte sie. „Ich würde Sie nämlich gern um einen Gefallen bitten. Ich bin auf der Suche nach Menschen, die meinen Bruder gut gekannt haben, und Sie sind ihm meines Wissens im Kriegsministerium oft begegnet. Würden Sie einige Ihrer Erinnerungen an ihn mit mir teilen?“
„Es wäre mir ein Vergnügen, soweit es nicht die zarten Empfindungen einer Dame verletzt. Johnny war ein lebensfroher junger Bursche, und ich denke, selbst seiner Schwester sollte nicht alles zu Ohren kommen, was er getrieben hat, nicht wahr, Deverell?“ Er lachte, wurde gleich darauf aber wieder ernst. „Sie haben mein aufrichtiges Beileid. Sein Tod war ein großer Verlust für uns alle. Deverell hat erzählt, dass Sie ihm sehr nahegestanden haben.“
„Danke. Ja. Allerdings habe ich ihn in den letzten Wochen vor seinem Dahinscheiden nicht oft
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