Historical Saison Band 12
bringen.
„Wir schaffen es heute nicht mehr bis zu einem Gasthaus. Wir müssen hierbleiben und ein Feuer machen“, sagte er.
„Ich sammle Holz“, erwiderte sie.
Tanner ging mit den Feldflaschen, die er glücklicherweise aus Dutwood mitgenommen hatte, zum Fluss, um sie zu füllen. An einer seichten Stelle entdeckte er einen Fisch, der an den Wasserpflanzen nagte, die im Abendlicht wie Schatten hin und her wogten. Marlena bereitete derweil eine Feuerstelle vor, indem sie größere Steine zu einem Kreis anordnete.
Er ging zu ihr zurück. „Gib mir eine Haarnadel.“
Sie fasste sich unter den Hut und zog eine Nadel hervor. „Wofür?“
Er schärfte die Nadel an einem der Steine. „Um einen Fisch zu fangen. Ich brauche nur noch etwas Farbiges als Köder.“
„Ich habe eine Idee.“ Sie durchwühlte eine Tasche und zog eine winzige Schleife hervor. „Meinst du, dass es damit geht?“
„Ja, ich denke schon.“ Dass die Ungezwungenheit zwischen ihnen verschwunden war, bedrückte ihn zutiefst.
Tanner ging zu der seichten Stelle zurück und ließ den selbst gebastelten Köder, den er an einer Schnur befestigt hatte, ins Wasser.
Auf diese Weise hatte er zuletzt als kleiner Junge gefischt.
Schließlich biss der fette Fisch an. Tanner zog an der Schnur, und der Fisch wand sich geräuschvoll im Wasser, bis er ihn herausgezogen hatte.
Als er zu Marlena zurückkehrte, hatte sie bereits eine dicke Lage Holz aufgestapelt, unter die sie reichlich Zunder gelegt hatte.
„Das ist nicht dein erstes Lagerfeuer“, bemerkte er und öffnete seine Zunderbüchse, um eine Flamme zu entzünden.
„Stimmt“, bestätigte sie.
Er röstete den Fisch, den sie mit den Fingern aßen, ohne ein Wort miteinander zu reden. Tanner war klar, dass Marlena ihm etwas Wichtiges verheimlicht hatte.
Sie brach das lange Schweigen. „Es war Rapp, nicht wahr?“
Tanner nickte.
Sie starrte in das Feuer. „Ich dachte, Davies würde uns verfolgen, aber es war Rapp. Er weiß, dass ich überlebt habe.“
Er sah sie fest an. „Es ist ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt. Ich habe ihn davon reden hören. Erzähle mir jetzt bitte nicht, ein Schmuckdiebstahl sei der Grund dafür.“
Marlena schaute ihn an. Die Flammen des Lagerfeuers erhellten sein attraktives Gesicht, in dem sich Wut, Verwirrung und Schmerz abzeichneten. Sie holte tief Luft und spürte, dass nun alles anders war.
„Antwortete mir“, forderte Tanner sie auf.
Sie schluckte schwer, denn sie wusste nicht, wie viel sie ihm erzählen sollte. „Hat Rapp dein Gesicht gesehen?“
Er blickte sie erstaunt an. „Ich glaube nicht, aber …“
„Das ist gut“, flüsterte sie, mehr an sich selbst als an ihn gerichtet.
„Du hast mir noch nicht geantwortet“, beschwerte er sich, und seine Stimme klang rauer als sonst.
Sie musste ihm die Wahrheit erzählen. „Ich werde des Mordes bezichtigt.“
Er hob die Brauen.
Sie nahm allen Mut zusammen, um weiterzusprechen. „Ich erzähle es dir nur, um dir den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Das lässt sich nicht einfach aus der Welt schaffen. Man will mich hängen sehen – und dich auch, sofern man erfährt, dass du mir hilfst. Aber für dich ist es noch nicht zu spät. Rapp weiß nicht, wer du bist.“
Er winkte ab. „Das spielt keine Rolle. Wen sollst du ermordet haben?“
„Meinen Ehemann.“
Mit offenem Mund starrte er sie an. „Ehemann!“
Sie schaute zur Seite. „Ja.“
Er stand auf, gab ein bitteres Lachen von sich und ballte die Hände zu Fäusten. „Du warst verheiratet? Du warst also nicht die Gesellschafterin einer älteren Dame, die vom Sohn des Hauses und seiner Gnade abhing …“ Er brach ab, zu wütend, um weiterzusprechen.
Sie sah zu ihm hoch. „Tanner, ich kannte dich doch nicht. Ich konnte dir nicht erzählen, ich sei eine Frau, die des Mordes beschuldigt wird. Du bist ein Marquess, und woher sollte ich wissen, dass du mich nicht ausliefern würdest? Das Schiffsunglück gab mir die Chance, frei zu sein. Ich durfte diese Gelegenheit nicht aufs Spiel setzen.“
„Ich war dir nicht die ganze Zeit fremd, Marlena. Nicht, nachdem wir das Bett miteinander geteilt hatten.“
Sie starrte ins Feuer.
Mit schmerzerfüllter Stimme fuhr er fort: „Weshalb hast du mir nicht gesagt, dass du verheiratet warst?“
„Tanner, es tut mir leid …“ Einen Moment verbarg sie ihr Gesicht hinter den Händen, bevor sie ihn wieder ansah. „Ich hätte dich vor der Gefahr warnen müssen, in die ich dich gebracht
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