Historical Saison Band 12
wieder hob, sah er sie direkt an. „Ich verurteile niemanden, der etwas tut, um am Leben zu bleiben – der entweder seinen Körper oder seine Seele retten will.“
Er ergriff ihre Hände. Sie hob den Kopf, und sein zärtlicher Blick machte sie ganz sprachlos. Er schaute sich um, doch sie waren allein auf der Straße. Sehr langsam beugte er sich zu ihr und küsste sie.
13. KAPITEL
M arlena und Tanner verbrachten drei wundervolle Tage in Dutwood House. Bereits nach einem Tag hatte es aufgehört zu regnen, doch es brauchte etwas Zeit, bis die aufgeweichten Böden wieder so weit getrocknet waren, dass sie ihre Reise fortsetzen konnten.
Die Pause hatte ihnen beiden gutgetan. Sie hatten nichts weiter zu tun, als zu entscheiden, welches Kartenspiel sie spielen oder welches Buch sie einander vorlesen wollten.
Ihre Zeit in Dutwood gab Tanner einen Vorgeschmack darauf, wie sich ein gemeinsames Leben mit ihr gestalten würde. Er war ein Mann, der sich schnell langweilte, aber während dieser erzwungenen Muße hatte er nie den geringsten Überdruss verspürt. Alles, was sie taten, hatte ihn erfreut, sowohl seinen Geist als auch seinen Körper. Weil er die Zeit mit ihr verbrachte.
Nun war die Idylle vorbei, auch wenn Tanner wild entschlossen war, eines Tages mit Marlena zurückzukehren.
Mrs Kenney ließ sie erst nach einem herzhaften Frühstück aus dem Haus, mit Proviant und frisch gewaschener Kleidung im Gepäck. Sie waren heiterer Stimmung, als sie bei strahlendem Sonnenschein und klarer Herbstluft die Reise fortsetzten.
Noch immer auf Tanners Grund und Boden, erklommen die Pferde einen Hügel, zu dessen Füßen sich das Tal in prächtigen Herbstfarben präsentierte. Das Gelb und Gold der Bäume leuchtete nun noch strahlender als vor dem Regen.
„Wie schön es hier ist.“ Sie schaute über die Felder, die sich wie quadratische Flicken einer Patchworkdecke vor ihnen ausbreiteten. Marlena drehte sich nach Dutwood House um, dessen Umrisse noch immer durch die Bäume schimmerten.
Sie seufzte. „Ich werde diesen Ort vermissen.“
Ja, das werde ich auch. Dutwood House war sein bescheidenster Landsitz, doch da er mit ihr darin gewohnt hatte, war es zu seinem Lieblingshaus geworden.
„Ich habe eine Idee!“, rief er plötzlich aus und zog versehentlich an den Zügeln, sodass sein Wallach verwirrt auf der Stelle tanzte, bis Tanner ihn wieder beruhigt hatte. „Warum bleibst du nicht einfach in Dutwood und lebst dort? Du musst nicht nach Edinburgh gehen. Du wärest einfach Mrs Brown, der ich erlaubt habe, in meinem Haus zu leben …“
„Nein, Tanner.“ Ihre Miene versteinerte. „Das könnte ich nicht.“
„Natürlich könntest du das“, widersprach er eifrig, und der Plan hatte in seinem Kopf schon Gestalt angenommen. Er würde sie hierlassen und nach London zurückkehren. Dort würde er ihre Identität herausfinden und die des Mannes, der ihr Feind und Verführer war. Es würde nicht zu schwer werden. Wie viele Gesellschafterinnen wurden schon des Diebstahls bezichtigt, deren Väter noch dazu vom Blitz erschlagen worden waren? Wenn er ihren Namen rehabilitiert hatte, würde er sie in Dutwood House abholen und mit ihr als seiner Frau nach London zurückkehren.
„Gibt es einen besseren Platz, um sich zu verstecken?“, hakte er nach.
„Nein, Tanner, du riskierst schon genug, indem du mich nach Edinburgh begleitest.“
Er winkte ab. „Du überschätzt das Risiko.“
„Ganz sicher nicht.“ Sie sprach ganz ruhig.
Er trieb sein Pferd an und ritt den Hügel hinunter.
Als er die Talsohle erreichte, rief sie nach ihm. „Tanner?“
Er wartete ab, bis sie ihn eingeholt hatte.
Sie ritt neben ihm und ergriff seinen rechten Arm. Sie zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. „Mit dir zusammen zu sein war die schönste Zeit in meinem Leben.“ Sie senkte den Kopf. „Aber ich muss dich in Edinburgh verlassen.“
Er beugte sich vor, um sie zu küssen – zärtlich und voller Sehnsucht. Keinesfalls würde er sie so leicht aufgeben. Er zwang sich zu lächeln. „Ich werde mich nach Kräften bemühen, unsere letzten gemeinsamen Tage so angenehm wie möglich zu gestalten.“
„Ja.“ Ihr Lächeln wirkte ebenso gequält wie das seine. „Es ist ein herrlicher Tag, und es gibt so viel Schönheit um uns herum.“
Er sah sie an. „So viel Schönheit.“
Er schwor sich, sie nicht mehr zu bedrängen, sondern alles zu tun, um sie zum Lachen zu bringen und den Schmerz aus ihrem Blick zu vertreiben.
Im gemächlichen
Weitere Kostenlose Bücher