Historical Saison Band 15
Solche Taten wiegen mehr als deine überschwänglichen, hohlen Gesten.“
Caroline zuckte zusammen. „Falls der Ausdruck meiner Zuneigung für ihn etwas übertrieben gewesen ist, dann nicht zu meinem eigenen Vergnügen, sondern um deine Gleichgültigkeit auszugleichen. Ich weiß, ich war nicht die beständige, aufmerksame Mutter, die ich hätte sein sollen. Deswegen habe ich Wyn ja mitgenommen – damit ich die Gelegenheit bekomme, es wiedergutzumachen. Bitte, lass ihn noch ein wenig länger bei mir.“
„Warum sollte ich? Damit du ihn an dich binden kannst und er umso mehr von unserer Scheidung erschüttert wird?“ Damit die Feindseligkeit zwischen ihnen sich nicht zu gefährlichen Ausmaßen auswuchs, zwang Bennett sich, seine gewohnte Miene eisiger Verachtung aufzusetzen.
„Erschüttert? Warst du erschüttert, als dein Vater sich von deiner Mutter scheiden ließ?“
Bennett erstarrte. Wie viel wusste sie über seine Familie? Er bemühte sich, ruhig zu bleiben. Offensichtlich nicht jede schmutzige Einzelheit. Aber sie kam mit ihrer Vermutung der Wahrheit näher, als ihm lieb war.
„Wer hat dir von der Ehe meiner Eltern erzählt?“, brachte er überstürzt hervor.
„Was macht das aus?“, konterte Caroline. „Meinst du nicht, ich hätte es schon längst von dir selbst erfahren müssen?“
Er sollte mit ihr über ein so intimes, schmerzvolles Thema sprechen? Am Anfang war es ihm nie in den Sinn gekommen, und ganz gewiss nicht später, als ihre Ehe begonnen hatte, sich genauso katastrophal zu entwickeln wie die seiner Eltern. „Was hätte das genützt? Es ist sehr lange her und geht dich außerdem nichts an.“
„Ich denke, es geht mich sehr viel an, wenn du die Absicht hast, mir Wyn zu entreißen, so wie dein Vater dich deiner Mutter entriss.“
Ihre Worte brachen eine alte Wunde auf, die in all den Jahren nie richtig verheilt war. „Ich wurde meiner Mutter nicht fortgenommen! Sie hat mich verlassen – für ihren Liebhaber und trotz all ihrer Beteuerungen, wie sehr sie mich liebte! Also wirst du mir schon verzeihen müssen, wenn ich deiner Mutterliebe mit einer gesunden Portion Misstrauen begegne.“
Seine Enthüllung zerstörte ganz offensichtlich Carolines Hoffnungen. Sie taumelte leicht, als hätte ein starker Windstoß sie erfasst und ihr den Atem geraubt.
War es ein Fehler gewesen, ihr nicht zu verraten, was seine Mutter getan hatte? Wenn schon nichts anderes, so wäre es ihr vielleicht wenigstens eine Warnung gewesen, was mit Frauen geschieht, die ihr Ehegelöbnis brachen.
Bennett hatte kein weiteres Wort über dieses Thema verlieren wollen, doch jetzt, wo die Katze aus dem Sack war, fiel es ihm schwer, zurückzuhalten, was aus ihm herausströmen wollte.
Bennetts Mutter hatte ihren Sohn verlassen, um mit einem Liebhaber durchzubrennen? Die widersprüchlichsten Gedanken gingen Caroline durch den Kopf. Sie war hin und her gerissen zwischen dem Mitgefühl für ihren Mann, der als Junge so gelitten haben musste, und der Empörung darüber, dass er sie für fähig hielt, die Fehler seiner Mutter zu begehen.
Wie konnte eine Frau nur ihr Kind verlassen und so viel Schuld auf sich laden? So unglücklich ihre Ehe in den vergangenen Jahren auch gewesen war, hatte Caroline doch nie ernsthaft in Betracht gezogen, sich einen Liebhaber zu nehmen, geschweige denn mit ihm durchzubrennen. Es gab nur einen Mann, den sie geliebt hatte, einen Mann, mit dem sie glücklich gewesen war, wenn auch nur für kurze Zeit. Selbst wenn er vielleicht nie mehr für sie empfunden hatte als körperliche Begierde …
Bennetts plötzliches Erscheinen hatte sie verwirrt. Als sie sich umgedreht und ihn dort hatte stehen sehen, war er ihr vollkommen fremd vorgekommen. Seit er in ihrem Elternhaus erschienen war, um bei ihrem Vater um sie anzuhalten, hatte er sich verändert. Damals war er schlaksig und ein wenig unbeholfen gewesen, doch jetzt war er kräftiger, breitschultrig und stattlich. Die vollen dunklen Augenbrauen, die seinem jüngeren Gesicht eine leicht komische Ernsthaftigkeit verliehen hatten, passten jetzt nur allzu gut zu ihm.
Die dunklen Augen allerdings hatten sich nicht verändert. Sie strahlten noch immer Klugheit und eine für ihn typische Reserviertheit aus. In all den Jahren, die sie zusammen waren, war es Caroline niemals gelungen, seine Gefühle zu erraten.
Heute jedoch brauchte sie nicht zu raten. Dieses Mal war Bennett nur allzu willig, seine Meinung bekannt zu geben. „Zu deiner Information:
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