Historical Saison Band 15
das Kind sanft in ihren Armen.
„Wie konntest du nur!“, jammerte Mrs Tatton. „Nach allem, was er dir angetan hat!“
Arabella ließ sich nicht anmerken, ob sie die Worte ihrer Mutter gehört hatte. „Jetzt wird Grandma dich wieder ins Bett bringen, Archie“, sagte sie zu dem kleinen Jungen. „Du bist viel zu früh aufgestanden.“ Zärtlich küsste sie seine Stirn und strich durch seine wirren dunklen Locken. „Bald komme ich zu dir nach oben.“
„Ja, Mama.“ Sie stellte ihn auf die Beine, und er ergriff gehorsam die Hand seiner Großmutter. Bevor sie ihn davonführte, starrte er Dominic neugierig an. Mrs Tatton warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu. Dann schloss sie geräuschvoll die Tür hinter sich.
Die Lippen zusammengepresst, rührte Arabella sich nicht von der Stelle, ihr Gesicht war aschfahl.
„Er ist mein Sohn, nicht wahr?“
Statt zu antworten, stand sie einfach nur da, so unbewegt, dass er die schnellen Atemzüge beobachten konnte, unter denen sich ihre Brust hob und senkte.
„Ist er es, Arabella?“ Wie rau und vorwurfsvoll seine Stimme klang, bemerkte Dominic. Auch er musste die beklemmende Neuigkeit erst einmal verarbeiten.
„Natürlich ist er dein Sohn!“, brach es aus ihr heraus. „Aus welchem anderen Grund hätte ich Henry Marlbrook so überstürzt heiraten sollen, nachdem du weggelaufen warst? Und versuch bloß nicht, mir Archie wegzunehmen! Das würde dir niemals gelingen!“ Jetzt bekundeten ihre gestrafften Schultern unbeugsame Entschlusskraft. In ihren Augen funkelte ein wildes Feuer. Wie eine Tigerin würde sie um ihr Kind kämpfen, das erkannte Dominic in diesem Moment klar und deutlich.
„Keine Bange, ich werde dir den Jungen nicht wegnehmen.“
In seinem Gehirn hallte Mrs Tattons Anklage immer noch wider. Nach allem, was er dir angetan hat! Lebhaft erinnerte er sich an ihren feindseligen Blick. Und was hatte Arabella soeben gesagt? Nachdem du weggelaufen warst … Eine böse Ahnung stieg in ihm auf.
„Das hört sich so an …“, begann er langsam, „… als wäre ich an unserer Trennung schuld.“
„Willst du es etwa bestreiten?“, fauchte Arabella. „Plötzlich bist du verschwunden, ohne ein einziges Wort, ohne Rücksicht auf meine Gefühle, ohne zu überlegen, was du mir vielleicht hinterlassen hast! Damals war ich neunzehn Jahre alt, Dominic! Neunzehn!“
Sein Blut schien sich in Eis zu verwandeln. „Was meinst du?“
„Das weißt du ganz genau!“, fuhr sie ihn an.
„Nein.“ Mit einiger Mühe zwang er sich zur Ruhe, trotz seines wachsenden Entsetzens.
„An jenem letzten Tag sah John Smith uns aus Fishers Scheune kommen. Das teilte er meinem Vater mit. Und Papa entlockte mir die Wahrheit. Er wusste ohnehin schon Bescheid, und ich konnte ihn nicht belügen. So wütend war er, so enttäuscht! Er ging zu deinem Vater und verlangte, unsere Verlobung müsse offiziell bekannt gegeben werden und die Hochzeit bald stattfinden …“
Von Mr Tattons Besuch hörte Dominic zum ersten Mal, und er fürchtete, sein Vater hätte sich schändlich verhalten.
„Oh, warum muss ich dir das erzählen?“, seufzte Arabella unglücklich. „Warst du damals nicht schon grausam genug?“
„Bitte, sprich weiter, Arabella.“
Sie wollte sich abwenden. Aber er umfasste ihre Schultern und hielt sie fest. Er musste alle Einzelheiten darüber erfahren, was sich damals wirklich abgespielt hatte.
„Um Himmels willen, du darfst mir nichts verschweigen! Was hat mein Vater gesagt?“
„In dieser Angelegenheit solltest du selbst entscheiden, was zu tun wäre. Und wie eine Närrin glaubte ich an ein gutes Ende.“ Über ihre Wangen rollten Tränen.
„Arabella“, flüsterte er und wollte ihr Gesicht trocknen.
Aber sie schlug seine Finger weg, als könnte sie seine Berührung nicht ertragen. Dann stemmte sie sich gegen seine Brust, versuchte sich loszureißen, bis er ihre Handgelenke umklammerte.
„Verdammter Feigling!“, schrie sie ihn an. „Wie niederträchtig, deinen Vater in mein Elternhaus zu schicken! Weil du nicht den Mut hattest, mir selber den Laufpass zu geben!“
Nun breitete sich die Eiseskälte in seinem ganzen Körper aus. „Also hat mein Vater dich besucht?“
„Das weiß du doch!“, schluchzte sie. „Du hast ihn ja zu mir geschickt!“
„Nein, Arabella. Und ich wusste auch nichts von dem Gespräch zwischen unseren Vätern …“ Dominic fühlte sich elend und zugleich unglaublich wütend.
„Warum lügst du?“, zischte sie. „Hast du
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